Die Entlarvung
seinen Lippen.
Julia stieß Felix an. »Da drüben sitzt King … mit seiner Frau und seiner Tochter.«
Felix starrte die drei unverhohlen an. »Großer Gott«, sagte er und grinste. »Hoffentlich bekommt die Tochter eine gute Mitgift. Wenn man lange genug an das Geld denkt, kriegt man ihn vielleicht hoch … mit der Mami ist es bestimmt amüsanter. Muß doch interessant sein, mit einer Mumie zu schlafen.«
»Felix«, zischte Julia, »nicht so laut!« Sie hätte ihn nicht zurechtweisen müssen, denn in diesem Augenblick polterte King los:
»Wo, zum Teufel, ist die Speisekarte? Wo bleibt Philippe?«
»Er ist auf dem Weg nach oben, Sir«, beteuerte ein nervöser Weinkellner. King sah ihn finster an. Er sprach so laut, daß alle anderen Gäste im Raum verstummten und sich nach ihm umsahen. »Ich will, daß er sofort kommt. Los, gehen Sie und holen Sie ihn! Aber schnell!«
Der Oberkellner eilte bereits herbei. King wartete, bis er den Tisch erreicht hatte.
»Ich will noch eine Flasche Perrier und die Speisekarte. Was ist eigentlich los hier? Nennen Sie das Service?«
Philippe war Teilhaber an dem Restaurant und genoß internationales Ansehen. Er hielt King die in Leder eingebundene Karte entgegen.
»Bitte sehr, Mr. King. Hier ist die Karte.«
»Nehmen Sie sie weg. Sie wissen ganz genau, was wir bestellen wollen.«
Er entließ den Mann mit einer ärgerlichen Handbewegung. Philippe verbeugte sich leicht und entgegnete höflich: »Natürlich. Ihr Perrier kommt sofort.«
»Mein Gott«, erregte sich Julia. »Hast du das gesehen? Was für ein unmöglicher Kerl!«
Felix zuckte mit den Achseln. »Er will sich wichtig machen, die Aufmerksamkeit auf sich lenken. Das gehört zur Show, nehme ich an. Wetten, daß er diesem Philippe nachher ein fürstliches Trinkgeld verabreicht? Und daß der ölige, kleine Kerl es annimmt und sich tief dabei verbeugt? Laß die moralische Entrüstung, Darling, und amüsier dich.«
»Dir ist alles egal, nicht wahr?« bemerkte Julia verärgert. »Wie kannst du ein solches Benehmen nur entschuldigen?«
»Ich bin eben nicht immer so schnell mit Urteilen dabei wie du«, entgegnete Felix scharf. »Du bist hier der kritische Journalist, nicht ich. Ich habe mit Politikern zu tun, mit Macht. Da kann ich es mir nicht leisten, mich auf die Seite der Verlierer zu stellen. Hat keine Zukunft, so etwas.«
»In dem Fall wirst du es nie zu etwas bringen, Felix«, sagte Julia leise. »Du machst dich über Warburton lustig, aber der Mann hat sich seine Integrität und seine Prinzipien bewahrt. Man kann ihm vertrauen. Laß uns zu unserem Tisch gehen.«
Felix folgte ihr schulterzuckend. Ihre gereizte Stimmung verdarb ihm die Laune. Er war hierhergekommen, um sich zu amüsieren – nicht, um sich eine Moralpredigt anzuhören. Wahrscheinlich würde er sich für den Hummer entscheiden.
Harold King bemerkte die rothaarige Frau, als er sich an den Tisch setzte, der stets für ihn bereitgehalten wurde. King hatte diesen Tisch gewählt, weil er in der Mitte des Restaurants stand. Von hier aus konnte er wunderbar die anderen Gäste beobachten und wurde selbst auch gesehen. Die Frau fiel ihm auf, weil er ihre Haarfarbe haßte. Er hatte für diesen Typ nichts übrig. Einmal hatte er in einem seiner Büros eine Sekretärin mit roten Haaren sitzen sehen. Er hatte sie aufgefordert, sich die Haare färben zu lassen oder sich nach einem neuen Job umzusehen.
Hitzig, wie Rothaarige nun einmal waren, hatte die Frau ihre Arbeit niedergelegt und war aus dem Büro gestürmt. Er hatte den Personalchef angewiesen, ihr keine Referenz auszustellen.
Aber diese Person kam ihm bekannt vor. Er erkannte Westerns neuesten Star, die Reporterin, die über die Rhys-Morde berichtet und anschließend ein ernst zu nehmendes Buch darüber geschrieben hatte. Julia Hamilton.
King las sämtliche Zeitungen, die Western herausgab. Er interessierte sich für die Mitarbeiter seines Rivalen, für seine Berater, erkundete seine politischen, ökonomischen und sozialen Ansichten. Er beschäftigte sich immer sehr genau mit einem Gegner, bevor er zum Angriff ansetzte.
Julia Hamilton war schon etwas Besonderes. Er beobachtete sie eingehend, während er ihrem jungen Begleiter, einem unbedeutenden Anhängsel, keine weitere Beachtung schenkte. Sie würde zu gegebener Zeit einen guten Fang darstellen. Er mußte ihr nur genügend Geld und Macht bieten. Alle Menschen wurden bei bestimmten Angeboten schwach. Welch ein Triumph, wenn er Western seinen Star
Weitere Kostenlose Bücher