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Die Entlarvung

Titel: Die Entlarvung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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all der Fröhlichkeit. Schwer vorstellbar, daß der Nationalsozialismus von hier seinen Ausgang nahm, nicht wahr?«
    »Ja.« Sie fühlte sich unsanft auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. »Das ist wirklich kaum vorstellbar.«
    Er stand auf. »Ich denke, ich habe dir genug Bier zugemutet. Laß uns eine etwas zivilisiertere Umgebung aufsuchen.«
    Sie hakte sich bei ihm ein, als sie auf die Straße hinaustraten. »Das hat sich gelohnt. So etwas muß man erlebt haben. Wohin gehen wir jetzt?«
    »Zum Berner Hof«, antwortete er und betrachtete sie lächelnd. »Von den Niederungen hinauf in luftigere Höhen, sozusagen. Dort gibt es das beste Essen und den besten Wein in ganz Bayern.« Sie blieb bei ihm eingehakt, während sie sich zu Fuß auf den Weg machten.
    Bei einem Drink in der Bar studierten sie die Speisekarte. Ein Pianist unterhielt die Gäste mit leichter Musik aus den Sechzigern. Die Beleuchtung war gedämpft, die Atmosphäre entspannt und locker.
    Das Publikum unterschied sich deutlich von den lauten Bierkellergästen. Die Damen waren elegant, die Herren vornehm und dezent. Alles hier war sehr stilvoll, gleichzeitig aber auch intim und sinnlich. Sie aßen in einer lauschigen Nische des Restaurants, wo sie unter sich waren und eng beieinander saßen. Julia trank mehr Wein als sonst und genoß das üppige Essen.
    Als zum Abschluß des Menüs Kaffee mit Sahnehäubchen serviert wurde, meinte Julia genüßlich: »Ich habe seit zehn Jahren keine Zigarette mehr geraucht, aber jetzt hätte ich Lust auf eine.«
    »Ja, dieses Lokal bringt den Genießer in einem hervor. Du bist heute abend sehr schön, J.« Während er sprach, sah er sie nicht an. Um so intensiver spürte sie die Nähe seines Körpers.
    Er hatte sie nicht berührt – nicht einmal ihre Hand, die neben seiner auf dem Tisch lag. Dessen bedurfte es auch gar nicht. Sein Verlangen sprang mit einem Schlag auf sie über. Weich sagte sie: »Vergiß die Zigarette. Warum übernachten wir nicht hier?«
    Er wandte sich ihr zu und nahm ihr Gesicht in beide Hände. Er küßte sie langsam – nicht auf Felix' gierige Art, sondern sanft und behutsam.
    Dann fragte er zögernd: »Bist du sicher, J.? Sicher, daß du das möchtest?« Sie legte ihm zwei Finger auf den Mund. »Ganz sicher, nach dem, was du gerade getan hast.«
    Als er sie ausgezogen hatte, bekannte er freimütig: »Du hast einen wunderschönen Körper, J. Ich möchte dich anschauen.« Sie sah ihre beiden nackten Gestalten in dem großen Spiegel neben dem Bett und drehte sich langsam um. Ben nahm sie in seine Arme und zog sie, glühend vor Verlangen, aufs Bett.
    Es wurde eine lange Nacht. Sie liebten sich, schliefen für kurze Zeit ein und liebten sich dann erneut. Bevor Julia schließlich erschöpft und zufrieden in einen tiefen Schlaf fiel, dachte sie: Felix war ein Jüngling. Jetzt weiß ich, was ein Mann ist.
    Als sie am nächsten Morgen erwachte, war Ben bereits aufgestanden. Sie hörte Geräusche, die aus dem Badezimmer drangen. Kurz darauf erschien er, in ein großes Badetuch gehüllt.
    »Ich habe dich schlafen lassen.« Er setzte sich zu ihr auf die Bettkante, nahm ihre beiden Hände und hielt sie fest in seinen.
    »Wenn du die letzte Nacht bereuen solltest, können wir auch so tun, als sei nichts gewesen. Keine Verpflichtungen.«
    »Keine Verpflichtungen«, wiederholte Julia. »Du hattest das Zimmer schon bestellt, habe ich recht?«
    »Ja«, gestand er. »Für alle Fälle. Ich habe dich seit Jahren begehrt – eigentlich seit unserer ersten Begegnung. Ich wollte es mir erst nicht eingestehen, konnte mir jedoch bald nichts mehr vormachen. Ich ziehe mich aber sofort zurück, wenn dir das lieber ist.«
    Sie entzog ihm ihre Hände und ließ sich seufzend auf die Kissen zurückfallen.
    »O Ben, du alter Dummkopf!« Sie strahlte ihn an und breitete ihre Arme nach ihm aus. »Mir würde es überhaupt nichts ausmachen, das Frühstück zu verpassen. Und wie steht's mit dir?«
    Während die Maschine zur Landung in Heathrow ansetzte, studierte Julia Bens Gesicht. Er hatte seine Augen geschlossen und die Brille in seine Brusttasche geschoben. Ich muß ihm unbedingt ein Etui besorgen, dachte sie. Es hat sich zu lange niemand um ihn gekümmert.
    Wie immer hatte sie den Flug sehr genossen. Sie beugte sich zum Fenster und beobachtete, wie der Boden immer näher kam. Gespannt erwartete sie das Aufsetzen der Maschine, den gewaltigen Druck der Bremsen und den Übergang von der rasenden Geschwindigkeit zu einem

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