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Die Entlarvung

Titel: Die Entlarvung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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schon die Schlagzeile vor mir: Vertuschter Sexskandal im Parlament.«
    »Nein, die Regenbogenpresse würde die Story nicht einmal mit der Feuerzange anfassen«, widersprach Joe. »Zu viel Druck von oben. Dieser Politiker hat sehr viel Einfluß. Deshalb hat mein Freund an Sie gedacht. Ihre Zeitung startet doch demnächst die ›Enthüllungen‹, nicht wahr? Ich habe alle Vorankündigungen verfolgt und mir gedacht, daß unser Skandälchen gut dazu passen würde. Und Sie haben vor den hohen Tieren da oben sicher keine Angst … Wie sieht's also aus?«
    »Für die ›Enthüllungen‹ kommt die Sache nicht in Frage«, entgegnete Felix lahm.
    »Sind Sie sicher?« Joe musterte ihn verschlagen.
    »Ich weiß, wer für die Serie verantwortlich ist«, entgegnete Felix. »Die zuständige Journalistin würde sich von dem Dreck angeekelt abwenden. Und mit mir haben Sie den falschen Mann erwischt. Ich arbeite im Bereich Politik und habe überhaupt nichts mit der neuen Serie zu tun.«
    »Woher wollen Sie wissen, daß der Herald nicht doch Interesse an der Story haben könnte, wenn Sie gar nicht nachgefragt haben?« insistierte Joe. »Warum rufen Sie die Lady nicht an und erkundigen sich nach ihrer Meinung? Es handelt sich doch um eine Lady, oder?« höhnte Joe.
    »Und um eine sehr clevere dazu«, erwiderte Felix hitzig. »Ich kann Ihnen versichern, daß sie einen größeren Fisch an der Angel hat als ihren dreckigen alten Perversen.«
    »Oh? Sind Sie da ganz sicher?« Das Gehabe des Mannes begann Felix zu entnerven. »Natürlich bin ich mir sicher. Ich bin ihr Freund, zum Donnerwetter noch mal!«
    Joe registrierte das Präsens der letzten Aussage. Das Würstchen litt also an verletztem Stolz …
    »Und ich habe auch eine Ahnung, wer dieser Fisch sein könnte«, fuhr Felix fort.
    »Wenn Sie sich nur nicht irren«, sagte Joe. »Der Kinderliebhaber wartet schon auf seine nächste Beförderung …« Er sprach den Satz nicht zu Ende.
    »Sie beschäftigt sich nicht mit Politikern! Es geht ihr um die Lords, um den Verleih von Adelstiteln. Daß Nichtsnutze wie Harold King geadelt werden sollen. Wenn dieser Gauner einen Sitz unter den Lords erhält, sage ich unserem Land ›gute Nacht‹. Hier, ich habe etwas Bargeld mitgebracht. Fünfzig Pfund, mehr bekommen Sie nicht. Tut mir leid, aber Ihre Story ist nichts für uns.«
    Joe steckte das Bündel Geldscheine ein. »Schade. Das nächste Mal vielleicht. Ich melde mich, wenn ich etwas anderes habe.«
    »Tun Sie, was Sie nicht lassen können«, entgegnete Felix. »Danke fürs Bier.«
    Joe sah ihm nach, wie er sich an den Gästen vorbei zur Tür drängte. Bei diesem Vogel hatte er sich nicht sonderlich anstrengen müssen, um ihn zum Singen zu bringen. Der Boß hatte recht gehabt. Er schien über irgendeinen sechsten Sinn zu verfügen, der ihm die Zukunft und die Gedanken anderer Leute verriet. Wie sonst hätte er ahnen können, daß diese Pute Hamilton tatsächlich darauf aus war, ihm Schwierigkeiten zu bereiten?
    Der Kontaktmann in Stuttgart gehörte nicht zu den Veteranen. Bei Kriegsende war er erst zehn Jahre alt gewesen. Er und seine Familie hatten Glück gehabt. Sie hatten alle überlebt und auch ihr Haus nicht verloren, das während des Krieges nahezu unbeschädigt geblieben war. Heute besaß er eine kleine Maschinenfabrik, die gute Gewinne abwarf.
    Sein Vater war nach der Besetzung Frankreichs aus der Wehrmacht entlassen worden. Ein Zivilist hatte auf ihn geschossen und ihn schwer verwundet. Seither verbrachte er sein Leben im Rollstuhl.
    Seine drei Kinder hatte er mit der Vorstellung groß werden lassen, daß Deutschlands Sieg über die Welt nur an einem Verrat aus den eigenen Reihen gescheitert war. Sein ältester Sohn verließ die Universität mit einem Diplom in Maschinenbau und dem Mitgliedsabzeichen einer verbotenen Neonazi-Bewegung. Für sie sammelte er Gelder und setzte sich für die Verbreitung des nationalsozialistischen Gedankengutes ein, das nun auch in der Öffentlichkeit wieder breiten Anklang fand. Er und seine Mitstreiter schürten den Fremdenhaß, wo sie nur konnten, und setzten auf die Ängste der Bevölkerung, die angesichts der angespannten wirtschaftlichen Lage nach der Vereinigung und angesichts des stetig wachsenden Flüchtlingsstroms um ihre Existenz bangte. Der allgemeine Unmut nahm zu, und die Bewegung profitierte davon.
    Der Maschinenbauer aus Stuttgart war nur ein Glied in einer langen Kette, die bis nach Frankreich, Italien und Spanien reichte. Der

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