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Die Entlarvung

Titel: Die Entlarvung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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trägt eindeutig seine Handschrift. Auch der oder die Mörder von Hayman und Lewis konnten nicht überführt werden. Aber ich weiß, daß King dahintersteckt.«
    Auf dem Weg zu Julias Wohnung sagte Ben plötzlich: »Wir haben eine Vereinbarung getroffen, du erinnerst dich?«
    »Also wirklich, Ben. Du willst doch nicht etwa jetzt von mir verlangen …«
    »Ich möchte dich nur daran erinnern, das ist alles. Wenn ich denke, daß wir dicht genug an die Sache herangekommen sind, wirst du dich zurückziehen.«
    »Falls wir überhaupt nahe herankommen«, gab Julia nach. »Was im Moment ja noch nicht der Fall ist.«
    Am nächsten Morgen fuhr Julia nach Midhurst. Die Wegbeschreibung führte sie ein Stück aus der hübschen Kleinstadt heraus, einem Städtchen voller enger Straßen und kleiner Läden. Die Nichte bewohnte ein Haus im viktorianischen Stil, das direkt an der Straße lag. Julia hatte sich für elf Uhr mit ihr verabredet und war nun zehn Minuten zu früh.
    Nachdem sie geklingelt hatte, wurde ihr die Tür von einer kleinen, molligen Frau geöffnet, die um die sechzig Jahre alt sein mußte. Sie hatte hellblaue Augen und trug ihr kräftiges graues Haar kurz frisiert.
    »Mrs. Adams?«
    »Miss Hamilton? Kommen Sie herein. Sie sind sehr pünktlich – hatten Sie keine Schwierigkeiten mit dem Verkehr? Midhurst ist manchmal völlig verstopft von all den schrecklichen Lastern, die sich hier durchzwängen. Ich habe uns einen Kaffee gekocht.«
    Sie wirkte selbstbewußt und bestimmt. Sehr agil, was Julia nach dem Telefonat mit ihr auch nicht anders erwartet hatte. Das Wohnzimmer war gemütlich, aber recht altmodisch eingerichtet. Ein schwarzer Labradorhund lag vor dem Kamin, in dem ein Feuer flackerte. Das Tier hob für einen Augenblick den Kopf, dann schlief es wieder ein.
    »Arme alte Daisy«, sagte Mrs. Adams. »Sie ist fünfzehn Jahre alt und fast blind. Ich mag gar nicht daran denken, wie ich ohne sie zurechtkommen soll. Setzen Sie sich doch. Milch und Zucker?«
    »Nur Milch, bitte«, antwortete Julia.
    »Also«, begann Jean Adams, »bevor ich mit Ihnen über meine Tante spreche, würde ich gerne genauer wissen, was für eine Art Artikel Sie über diesen fürchterlichen Mann schreiben wollen.«
    »Konkret kann ich das noch nicht sagen«, gab Julia zu. »Aber ich möchte die Wahrheit herausfinden. Er hat so viele Lügen über sich in die Welt gesetzt, daß er anscheinend etwas zu verbergen hat, Mrs. Adams. Diesem Geheimnis möchte ich auf die Spur kommen. Dieser Unsinn über ihre Tante, die an Krebs gestorben ist – ich nehme an, Sie haben die Biographie gelesen?«
    »Ja, habe ich. Ein Haufen Lügen. War auch nichts anderes zu erwarten.«
    »Aber Sie haben nichts dagegen unternommen«, konstatierte Julia leise.
    »Nein«, erwiderte Mrs. Adams scharf. »Was würde das bringen, Miss Hamilton? Soll ich aller Welt berichten, daß meine arme Tante zur Flasche gegriffen hat, weil sie auf einen schlechten Mann hereingefallen ist – einen Mann, der vom Alter her ihr Sohn hätte sein können? Soll ich von ihrer geistigen Behinderung sprechen, ihrer Bettlägrigkeit bis zu ihrem Tod? Nein, vielen Dank. Außerdem ist König zu mächtig, zu reich. Wie hätte ich mich gegen ihn behaupten können? Er hätte mich vor Gericht gezerrt und mich ruiniert, bevor ich überhaupt Gelegenheit zu einer Anhörung bekommen hätte. Ich lasse Tante Phyl in Frieden ruhen und möchte dies auch in Zukunft tun. Deswegen würde ich gern Ihre Pläne kennen, bevor ich Ihnen weitere Informationen anvertraue.«
    »Ich habe vor, Harold King zu entlarven, ihn zu zeigen, wie er wirklich ist. Sie haben ihn als böse bezeichnet?«
    »O ja«, bekräftigte Jean Adams. »Er ist böse. Und Tante Phyl wußte es. Deshalb ist sie schließlich zugrunde gegangen. Sie hat mir gesagt, daß er ein Kriegsverbrecher war. – Noch etwas Kaffee?«
    Allmählich paßte ein Puzzleteil zum anderen. »Tante Phyl war eine ziemliche Rebellin, das spürte ich schon als Kind. Sie war unkonventionell, wollte nicht heiraten, sich nicht festlegen. Und sie war vermögend. Für damalige Verhältnisse führte sie einen recht lockeren Lebenswandel – heute würde sich niemand mehr darüber aufregen. Sie mochte die Männer, und diese mochten Phyl. Sie war sehr elegant und sah sehr gut aus. Eine tolle Frau. Während des Krieges hat sie für das Rote Kreuz in London gearbeitet und die pausenlosen Luftangriffe miterlebt. Danach hatte sie keine Ruhe mehr, war rastlos. Um weiter helfen zu

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