Die Erben
mitgenommen.« Jetzt sahen sie gemeinsam ein Bild, das ein Entschluß war. Sie rannten zusammen die Terrasse entlang. Am Felseck blieb Fa zurück, aber als Lok daran vorbeikletterte, folgte sie nach, und sie standen auf dem Felsgesicht, das zur Insel hinabblickte. Sie sahen den dünnen, blauen Rauch noch immer im Abendlicht zerfließen, aber sehr bald schon würde der Schatten der Berge auf dem Wald sein. Bilder fügten sich auf einmal in Loks Kopf aneinander. Er sah sich wieder auf der Klippe, erinnerte sich, daß er ins Leere getreten war, als er mit der Alten sprechen wollte, weil er Feuer gerochen hatte und sie dann gar nicht an dieser Stelle war. Aber das war nur eine weitere, verwickelte Erkenntnis an einem Tag völlig neuen, unverständlichen Geschehens, und er ließ das Bild sein. Die Büsche bebten am Ufer der Insel. Fa packte Lok bei der Hand, und sie drückten sich an den Felsen.
Dann waren sie nur noch Augen, die sahen und in sich aufnahmen und keinen Gedanken fassen konnten. Ein Stamm schwamm unter den Büschen im Wasser, und das eine Ende schwang auf den Fluß hinaus. Er war dunkel und glatt und hohl. Einer der knochengesichtigen Männer saß darinnen, in dem Ende, das herumschwang. Die Zweige, die das andere Ende verbargen, zerrten an einer Art Klumpen; und da schwamm der Stamm jetzt, frei von den Büschen, und an jedem Ende saß ein Mann. Der Stamm wies zum Fall hinauf und ein wenig zum anderen Ufer hin. Die Strömung begann ihn zurückzudrücken. Die beiden Männer hoben Stöcke auf, die in große, braune Blätter ausliefen, welche sie ins Wasser steckten. Der Stamm beruhigte sich, und der Fluß glitt unter ihm hindurch. Flecken weißen Schaums und strudelnden Grüns schwänzten von den braunen Blättern stromabwärts. Der Stamm bewegte sich seitlich auf die Mitte des Flusses zu, und jetzt lag links und rechts eine Fläche unüberwindbaren, tiefen Wassers. Sie sahen, daß die beiden Männer durch die kleinen Löcher in ihren Knochenmasken zur Uferböschung bei dem toten Baum hinüberspähten und in das Unterholz zu beiden Seiten davon. Der Mann im Vorderteil des Stammes setzte seinen geraden Stock mit dem Blatt daran ab und nahm statt dessen einen gebogenen zur Hand. Ein Bündel roter Federn hing an seiner Hüfte. Er faßte diesen Stock in der Mitte, genau wie er zuvor getan hatte, als der Zweig über den Fluß zu Lok herübergeflogen war. Der Stamm glitt seitwärts an die Uferböschung heran, und der Mann im Vorderende sprang heraus, daß ihn die Büsche verbargen.
Der Stamm schwamm auf der Stelle, und der andere Mann grub sein braunes Blatt hin und wieder ins Wasser. Der Schatten vom Fall stieß an ihn. Sie sahen, daß sein Haar oberhalb des Knochens aus dem Kopf wuchs. Es bildete einen festen Klumpen wie ein Krähennest in einem hohen Baum, und jedesmal wenn er an dem Blatt zerrte, hüpfte und erzitterte es. Fa erzitterte ebenfalls. »Wird er zur Terrasse kommen?«
Aber da erblickten sie den ersten der beiden Männer. Das Ende des Stammes verschwand unter der Uferbank, und als es von neuem zu sehen war, saß der erste Mann wieder, und er hielt einen neuen Zweig mit roten Federn daran in der Hand. Der Stamm drehte auf den Wasserfall zu, beide Männer tauchten jetzt ihre Blätter ein. Der Stamm bewegte sich zur Flußmitte hin. Lok begann zu plappern.
»Liku hat mit dem Stamm den Fluß überquert. Wo wächst solch ein Stamm? Liku wird jetzt in dem Stamm wieder zurückkommen, und wir werden zusammen sein.« Er wies hinunter auf die Männer in dem Stamm. »Sie haben Zweige.«
Der Stamm fuhr zur Insel zurück. Er tastete zögernd das Ufergebüsch ab wie eine Wasserratte, die etwas zu fressen sucht. Der Mann im vorderen Ende erhob sich vorsichtig, schlug das Buschwerk auseinander und zog sich und den Stamm hindurch. Das hintere Ende glitt langsam flußabwärts, dann wieder vor, bis die überhängenden Zweige es bedeckten, so daß der andere Mann sich duckte und seinen Stock niederlegte.
Da faßte Fa plötzlich Lok am Arm und schüttelte ihn. Sie starrte ihm ins Gesicht. »Gib den Zweig zurück!« Auch Lok war nicht ganz frei von der Furcht, die er auf ihrem Gesicht las. Hinter ihr ließ die Sonne eine Schattenschräge vom Sims des Falls bis zum Ende der Insel fallen. Über ihre rechte Schulter hinwegblickend sah er flüchtig einen Holzstamm, der sich hoch aufrichtete und lautlos kippte und im Wasserfall verschwand. Er hob den Zweig prüfend vor die Augen.
»Wirf ihn hinüber! Gleich!« Er warf den
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