Die Erben der alten Zeit - Das Amulett (Die Erben der alten Zeit - Trilogie) (German Edition)
Oden wusste von dem Stein und wozu er gut war. Seine Bärsärker offensichtlich nicht, denn sie schauten sehr erstaunt aus ihren Umhängen. Und was Charlie in diesem Moment außerdem noch klar wurde war, dass Oden auch nicht gewollt hatte, dass sie es erfahren. Bis auf Lodur, der immer noch keine Gefühlsregung verriet, tuschelten sie alle leise miteinander und berieten sich.
Mit einer herrischen Handbewegung brachte Oden sie alle zum Schweigen. Er musterte Charlie unter seiner breiten Hutkrempe eindringlich und Charlie hatte das Gefühl, dass er mit aller Kraft den Wahrheitsgehalt ihrer Worte prüfte.
»Wie heißt du?«
»Charlie«, antwortete Charlie automatisch. Oden grunzte leise.
»Wie viele Sommer bist du alt?« Sie war verwirrt. Sollte sie die Wahrheit sagen? Innerhalb von Sekunden fiel ihr ein, was Biarn gesagt hatte: Das hilft mir auch nicht weiter. Vielleicht half es Oden auch nicht…
»14«, antwortete sie und wartete gespannt die Reaktion ab. Oden murmelte leise vor sich hin. Charlie konnte bloß ein paar Brocken verstehen, sie lauschte angespannt.
»… zu jung… ein Zufall... Knabe... unwichtig...« dann fixierte Oden Charlie von Neuem.
»Wo hast du den Stein gefunden?«
»Oh«, log Charlie, »Im Gras, auf einem Spielplatz…«
»Welche Stadt!«, wetterte Oden ungeduldig.
»Stockholm!«, platzte Charlie heraus. War das weit genug von Lillby entfernt, so dass er nicht auf ihre Spuren stoßen würde? Zumindest war es die Stadt mit den meisten Einwohnern Schwedens. Nahezu zwei Millionen Menschen lebten dort. Da würde er schon lange suchen müssen, um zu entdecken, dass sie gelogen hatte. Denn eines war Charlie soeben klar geworden, Oden würde zur Erde reisen. Aber wieso hatte er es nicht schon vorher getan? Er besaß doch bereits den anderen Teil des Amuletts. Funktionierte dieser nicht? Plötzlich kam ihr ein erschreckender und beunruhigender Gedanke! Zu was waren zwei Teile des Steines fähig? Ein Bruchstück besaß ja schon große magische Kräfte!
Eine ganze Weile passierte gar nichts. Oden schien tief in Gedanken versunken, während Charlie wie vergessen zwischen Hugin und Munin stand und wartete. Dann schien Oden zu einem Entschluss zu kommen.
»Ich brauche dich nicht mehr«, sagte er leicht abwesend. »Mir scheint, du warst und bist zur falschen Zeit am falschen Ort…« Dann fixierte er Charlie erneut.
»Aber dennoch… man soll nie ein unnötiges Risiko eingehen.« Seine Stimme wandelte sich von Wort zu Wort und gewann an Stärke und… Charlie lief ein Schauer über den Rücken... an kompromissloser Kälte!
»Tötet ihn!« Sagte er mit eiskalter Stimme. ... »Nein, wartet! Lasst es mich tun!« Eine sadistische Lust schwang in seinen letzten Worten mit! Charlies Herz sank von ihrem Bauch in die Hose. Odens grausames Lachen, gab ihr unmissverständlich zu verstehen, dass sie übel dran war und keine Gnade zu erwarten hatte. Diesen Spaß würde er sich nicht nehmen lassen, für keinen Odens-Taler dieser Welt! Für eine Sekunde dachte Charlie daran, einfach loszulaufen. Aber bevor der Befehl in ihren butterweichen Beinen angekommen war, wurde sie auch schon gepackt und festgehalten! Charlie sah mit nicht vorgetäuschten, angsterfüllten Augen, wie Oden etwas aus seinem langen Mantel zog. Einen kleinen verkorkten Tonkrug.
»Hugin! Halt ihm den Mund auf!« Der Zwilling zu ihrer Rechten, der mit den kalten, blauen Augen, griff nach ihrem Gesicht. Plötzlich kam wieder Leben in Charlie! Oden wollte sie vergiften! Sie biss, schrie und schlug um sich! Munin kam seinem Bruder zu Hilfe. Charlie hatte keine Chance. Mit einem süffisanten und makaberen Lächeln ließ Oden den Inhalt des kleinen Tonkruges in ihren Rachen laufen. Charlie verschluckte sich, hustete, spuckte und rang nach Luft! Es half nichts!
»Ihr könnt ihn loslassen«, sagt Oden ruhig. »Du kannst jetzt gehen«, fuhr er fort. Seine Stimme verriet Belustigung, Erregung und Erwartung. Charlie starrte ihn entsetzt an. Gehen? Etwas sagte ihr, dass sie nicht weit kommen würde, und trotzdem versuchte sie es. Sie stolperte drei Schritte rückwärts, und dann spürte sie es! Das Gift verteilte sich in ihrem Körper und sie krümmte sich vor Schmerzen, während all ihre Muskeln sich gleichzeitig zu verkrampften schienen. Wie eine Marionette zuckte und zappelte sie herum und weit entfernt hörte sie schallendes, erbarmungsloses Gelächter! Dann lag sie regungslos da, die Augen vor Entsetzen weit geöffnet. Sie konnte sich nicht
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