Die Erben der Nacht 04 Dracas
unangenehme Folgen für den Nosferas haben.
»Aber warum tut er das?«, fragte Alisa ratlos.
Franz Leopold und Ivy tauschten einen Blick. »Bist du wirklich die einzig Ahnungslose unter uns?«
»Äh, ja. Würdet ihr mir bitte sagen, was hier los ist?«
Der Dracas ließ sich nicht so schnell erweichen. »Ich dachte, du
seist die Expertin in Sachen Herzensangelegenheiten - zumindest müsstest du es sein, so häufig, wie du dich mit dem Gefühlsleben anderer Vampire auseinandersetzt.«
Alisa fragte sich, wie oft es Franz Leopold eigentlich gelang, unbemerkt ihren Gedanken zu lauschen. Herzensangelegenheiten? Alisa stöhnte.
»Luciano hat doch nicht dieses Mädchen wiedergesehen - wie hieß sie noch einmal? Todesco, ja Clarissa von Todesco.«
»Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen!«, gratulierte Franz Leopold.
»Ja, zumindest einmal war er ganz sicher im Haus der Familie«, gab Ivy bedrückt zu. »Ich fing zufällig ein paar Bilder einer festlichen Veranstaltung auf.«
»Ganz zufällig«, spottete Franz Leopold. »Du konntest gar nichts dagegen tun, seine Gedanken abzufangen.«
»Nein, konnte ich nicht!«
Der Dracas zog eine Grimasse. »Also, ich stehe dazu, dass ich die anderen absichtlich belausche, wobei man sich auch viel langweiliges Zeug anhören muss.«
Alisa unterbrach ihn. »Er ist bei ihr daheim gewesen und hat den Deutschunterricht geschwänzt? Und vermutlich ist er in diesem Augenblick wieder mit dem Mädchen zusammen?« Sie sah von einem zum anderen. »Wann hattet ihr vor, mir davon zu erzählen?«
»Eigentlich gar nicht«, gab Ivy bedrückt zu. »Es geht uns alle nichts an.«
»Nein? Es geht uns nichts an, wenn sich unser Freund in ernsthafte Schwierigkeiten bringt?«, ereiferte sich die Vamalia. »Und ich spreche hier nicht vom Schwänzen und der Strafe, die er dafür vermutlich aufgebrummt bekommt.«
Ivy nickte. »Deshalb wollte ich auch mit ihm reden. Ich habe bei Malcolm und Latona gesehen, wie schnell die Sache außer Kontrolle geraten kann. Ich möchte Luciano davor bewahren - und das Mädchen ebenfalls.«
»Und du glaubst, er hört auf dich?«, wagte Franz Leopold zu bezweifeln. »Er ist gerade trunken in seiner Verliebtheit.«
Alisa konnte es nicht fassen. »Was ist mir da alles entgangen? Wir
fangen sofort mit dem Unterricht an! Leo, wo sollen wir hingehen, dass wir ungestört üben können?«
Ivy sah ihre Freunde fragend an. Rasch erläuterten sie ihr den Plan, dem sie sofort zustimmte. Gerade hatten sie beschlossen, für heute in die Kasematten hinunterzugehen, da ihnen bis zum Fechtunterricht gerade einmal zwei Stunden Zeit blieb, als Luciano in den Salon trat.
»Ach, hier seid ihr«, meinte er und senkte unter den drei anklagenden Blicken verlegen die Lider.
»Also, ich …«
»Du brauchst dich nicht um eine Lüge bemühen«, fiel ihm Alisa ins Wort. »Du hast dich also mit diesem Mädchen getroffen? Schon wieder? Wo bist du gewesen? Was denkst du dir eigentlich? Du bringst dich und andere in Gefahr.«
»Spar dir deine Standpauke, Alisa«, schnappte Luciano zurück. »Das geht dich nichts an. Und überhaupt. Wie redest du denn mit mir? Ausgerechnet du, die jeden Abend mit Leo alleine draußen unterwegs ist. Frage ich euch, was ihr so treibt?«
Alisa zwinkerte ungläubig. »Was denkst du denn? Das ist doch was völlig anderes. Das sind keine Rendezvous oder so. Wir gehen nur aus! Außerdem sind wir beide Vampire.«
»Genug!«, fiel ihnen Ivy ins Wort. »Lassen wir es für heute auf sich beruhen. Leo hatte einen ganz wundervollen Vorschlag, und wenn wir vor der Fechtstunde noch etwas erreichen wollen, sollten wir anfangen.«
Auf dem Weg in die Kasematten hinunter erklärten sie Luciano den Plan. Er sah ein wenig misstrauisch zu Franz Leopold hinüber, meinte dann aber, dass dies für einen Dracas ein ungewöhnlich guter und großzügiger Einfall sei.
»Befürchtest du nicht, Ärger zu bekommen, wenn das herauskommt?«, fragte Luciano neugierig.
Franz Leopold schüttelte nachdrücklich den Kopf. »Nein, ich fürchte mich vor nichts. Ärger werde ich allerdings sicher bekommen, wenn der Baron oder die Baronesse davon erfährt.«
»Umso großzügiger ist sein Angebot zu werten«, betonte Ivy.
Luciano winkte ab. »Schon gut. Es ist nicht nötig, Leos Selbstwertgefühl
zu stärken. Davon hat er mehr als genug mitbekommen. Fangen wir lieber an. Ich kann es kaum erwarten …«
»Was? Endlich heimlich meine Gedanken zu lesen?« Franz Leopold lächelte überlegen.
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