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Die Erben der Nacht 04 Dracas

Die Erben der Nacht 04 Dracas

Titel: Die Erben der Nacht 04 Dracas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schweikert Ulrike
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spähte in den nahezu dunklen Raum. Zuerst sah sie nur Sörens Rücken. Er stand ein wenig nach vorn gebeugt da und umschlang etwas oder besser jemand. Alisa erstarrte, als ihr klar wurde, was sie da sah.
    Ihr Vetter Sören hatte sich in eine abgelegene Kleiderkammer
zurückgezogen und küsste Lucianos Cousine Chiara! Sie hielten sich eng umschlungen und konnten gar nicht voneinander lassen. Was war hier eigentlich los? Erst die zaghaften Annäherungen während der Tanzstunden zwischen Mervyn und Rowena und nun das! Ein Vamalia mit einer Nosferas?
    Ein seltsames Gefühl überkam Alisa. Es fühlte sich fast an wie Schmerz. Eine Sehnsucht, die ihr bis dahin unbekannt gewesen war - oder die sie nur nicht zulassen wollte? Wie es wohl war, so stürmisch umfangen und geküsst zu werden? Wie es sich wohl anfühlte, wenn die Liebe einen überfiel und den Verstand verwirrte? Denn das war es, was sie bei ihrem Vetter wahrgenommen hatte. Das wurde ihr jetzt klar.
    Alisa wusste, dass es ein Gebot der Höflichkeit war, sich jetzt unauffällig zurückzuziehen, doch sie konnte der Versuchung nicht widerstehen. Sie musste einfach wissen, wie es sich anfühlte, auch wenn das ihre Sehnsucht vielleicht noch schmerzhafter machen würde. Vorsichtig bündelte sie die Energie ihres Geistes zu einem Strahl und richtete ihn auf die beiden noch immer eng umschlungenen Vampire. Ein Rausch von herrlichen Gefühlen brandete in ihren Geist und schlug so hohe Wellen, dass Alisa für einen Moment die Kontrolle verlor.
    Sören und Chiara fuhren mit einem Aufschrei auseinander.
    »Was willst du hier?«, rief Sören. Er wirkte mehr erschrocken als zornig. Chiara sah verlegen drein und wischte sich hastig über die Lippen, die noch nach Sörens schmecken mussten.
    Alisa zwang sich, den Blick von ihr zu wenden. Fest richtete sie ihn auf ihren Vetter.
    »Entschuldige, ich wollte nicht stören. Ich habe dich gesucht, weil ich dir dringend etwas sagen muss.«
    »Nun, dann sprich.«
    »Äh, also dir alleine.«
    »Warum?«, gab ihr Vetter zurück, der seinen Schrecken überwunden hatte. Nun schien er eher erzürnt.
    Ja, warum eigentlich? Was konnte Franz Leopold schon dagegen haben, wenn Chiara ebenfalls an seinen Lektionen teilnahm? Schließlich unterrichtete er auch Luciano. Außerdem war es unwahrscheinlich,
dass Sören ohne Chiara mitmachen wollte. Er würde Ausreden erfinden müssen oder sie gar anlügen. Nein, das war keine gute Voraussetzung für zwei frisch Verliebte. So viel war Alisa auch ohne eigene Erfahrungen klar. Und so fragte sie beide, was sie von dem Vorschlag hielten. Wie erwartet, stimmten die beiden begeistert zu und schienen ihr nun fast zu vergeben, dass sie sie aufgestöbert hatte.
    Nach der letzten Unterrichtsstunde trafen sie sich also wieder in den Kasematten - dieses Mal in einem größeren Raum, in dem sie ungestört waren. Alisa frohlockte. Mit jedem Mal wurde sie besser und ab und zu gelang es ihr schon, einem der anderen, der gerade abgelenkt war, einen Gedanken zu entlocken, den er nicht extra für eine Übung bereitgelegt hatte.
    Was ihr auffiel war, dass Luciano besonders oft mit seinen Gedanken woanders weilte. Das war nichts Neues, allerdings hatte sich seine Stimmung gewandelt. War er zuvor hoffnungsfroh erregt und voller Erwartungen gewesen, so traf sie nun auf Mutlosigkeit und tiefe Trauer, ja, Verzweiflung.
    Dass dies mit jenem Mädchen zu tun haben musste, war ihr klar, doch sie fragte sich, was wohl geschehen sein konnte. Hatte sie ihn fortgeschickt? Den unschicklichen Flirt beendet, wie es von einem Mädchen aus gutem Haus erwartet werden konnte?
    Vielleicht. Dazu passte aber nicht die Unruhe, die ihn trieb. Eine Ungewissheit plagte ihn, dass es ihn bis ins Innerste schmerzte. Alisa getraute sich nicht, ihn zu fragen. Sie wandte sich an Ivy, als sie alleine in ihrem Zimmer waren.
    »Weißt du, was passiert ist? Die Wolke an Schmerz und Verzweiflung, die ihn umgibt, spricht dafür, dass er sie nicht mehr trifft - das konnte ich auch in seinen Gedanken finden -, und doch verschwindet er fast jeden Abend und schwänzt den Unterricht, wann immer es möglich ist. Ich habe gehört, der Altehrwürdige Guntram hat ihn morgen zu einer Extrastunde befohlen.«
    Ivy setzte sich mit nachdenklicher Miene auf ihr Bett. »Ja, ich habe den Wandel seiner Gefühle ebenfalls wahrgenommen. Aber du weißt, dass ich nicht über die Gedanken spreche, die ich bei meinen Freunden finde.«

    »Aber du hast Lucianos Gedanken gelesen.

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