Die Erben der Nacht - Pyras
Zähne. Sie scheinen mir ähnlich scharf und auf ihre Weise ebenso tödlich.«
Joanne grinste ihn an, dass er ihre Zähne in ihrer ganzen Pracht bewundern konnte. »Schon möglich. Was hast du eigentlich dort beim Schah von Persien gemacht, dass du an den Dolch der Khanum rangekommen bist? Du bist doch nicht etwa in den Palast eingebrochen?« Sie betrachtete ihn neugierig.
Erik schüttelte den Kopf. »Nein, ich war hochoffiziell an den Hof geladen - was man nicht mit einer freiwilligen Entscheidung verwechseln darf! Ich hatte die Wahl, mich mit meinen magischen und baumeisterlichen Künsten ihren Wünschen voll und ganz zur Verfügung zu stellen oder ihre Wut zu entfachen, was meinen baldigen Tod bedeutet hätte. Sie hat ihren Daroga, ihren Polizeiminister, bis nach Russland gesandt, um mich holen zu lassen!«
Ivy gesellte sich zu ihnen. »Und was musstest du für sie machen?«
Die Maske hob und senkte sich, als er eine Grimasse zog. »Ich durfte sie mit magischen Tricks unterhalten und für sie töten, denn an solchen Spielen ergötzt sie sich. Ich schuf ihr eine Folterkammer aus Spiegeln und einen Echopalast, in dem die Wände Ohren haben. Ich vermute, er hat vielen ahnungslosen Besuchern, die ihre Zunge nicht hüten konnten, den Tod gebracht. Mich wollte sie, nachdem der Palast fertig war, natürlich ebenfalls beseitigen. Wie hätte sie noch ruhig schlafen können, wenn der Meister, der in der Lage war, auch einem anderen Herrscher einen solchen Palast zu bauen, draußen frei herumlief?« Erik ließ ein bitteres Lachen hören. »Nein, eine solch außergewöhnliche Leistung musste mit dem Tod des Magiers enden, der sich darüber hinaus weigerte, weitere Hinrichtungen zu ihrer Ergötzung vorzuführen, und auch ihren Einladungen zu solchen Schauspielen nicht mehr folgte.«
»Und deshalb wollte sie dich ermorden lassen?«, hakte Joanne nach. »Menschen sind manches Mal schlimmere Bestien, als sie das von unsereins behaupten.«
Erik nickte. »Ja, und die Khanum ganz besonders.«
»Wie konntest du ihren Häschern entkommen?«, fragte Ivy.
»Mein Freund Nadir, der Daroga, hat mir geholfen, das Land zu
verlassen. Allerdings musste ich ihm schwören, niemals wieder zu morden. Nadir konnte der Khanum zwar überzeugend vorlügen, dass mich auf der Flucht der Tod ereilt habe, doch er hat sie dadurch um das Vergnügen betrogen, mich sterben zu sehen. Also fiel er in Ungnade, verlor all sein Habe und musste nach Frankreich fliehen. Nun schleicht er durch Paris und hält ein Auge auf mich.«
Erik schüttelte sich, als müsse er eine unangenehme Erinnerung vertreiben. Abrupt wandte er sich ab und gesellte sich zu Alisa und Franz Leopold, die jeder mit einem Buch in der Hand dastanden und lasen.
»Welche Themen interessieren euch? Der Bereich dort drüben, wo der Dracas steht, ist der Architektur vorbehalten.«
»Das wäre mir glatt entgangen«, murmelte Franz Leopold, der in einigen Zeichnungen über den Bogenbau blätterte. Erik ging nicht darauf ein.
»Hier steht die klassische Literatur, da einige moderne Romane, weiter rechts die Sammlung von Märchen, Geschichten und Gedichten, geordnet nach den Ländern, die ich bereist habe. Und dort sind die Werke der Magie mit Berichten über große Magier - wobei die meisten nur billige Komödianten waren«, verriet er Alisa. »Nur wenige beherrschten die hohe Kunst der Illusion.«
Ivy kam zu ihnen herüber. »Sagtest du nicht, in deinem Besitz seien noch mehr Werke über unseresgleichen? Du weißt sehr viel über Vampire!«
»Ja, dort drüben sind alle Geschichten und Bücher, die ich gesammelt habe. Es geht nicht nur um Vampire, es sind auch andere Phänomene und untote Wesen beschrieben. Werwölfe stehen auf der linken Seite. Dieses Buch hier finde ich am aufschlussreichsten. Es stammt aus Siebenbürgen und benennt alle sieben Vampirclans, die über ganz Europa verteilt sind. Manchmal kam mir fast der Verdacht, der Verfasser sei selbst ein Vampir. Wer sonst hätte diesen Einblick?«
»Ein Vampir, der über uns schreibt und unsere Geheimnisse ausplaudert?«, mischte sich Luciano ein. Er war empört.
Alisa nahm Erik das Buch aus den Händen, als wäre es ein wertvoller Schatz. »Es sind übrigens nur sechs«, korrigierte sie.
»Was?«
»Sechs Vampirclans. Du sagtest sieben. Die Lycana in Irland, die Vyrad in England, die Vamalia im Deutschen Reich, die Pyras in Frankreich, die Dracas in Österreich-Ungarn und die Nosferas in Italien. Das sind sechs.«
»Und der Clan
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