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Die Erben der Nacht - Pyras

Die Erben der Nacht - Pyras

Titel: Die Erben der Nacht - Pyras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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wehrte Joanne ab. »Das sind alles königliche Gewänder aus dem Haus der Bourbonen aus schweren Stoffen mit Stickereien und Perlen und Edelsteinen. Es gibt Handschuhe und Fächer und Seidenstrümpfe, Schuhe mit hohen Absätzen und Perücken. Und ich glaube, auch ein paar Reifröcke.«
    »Aus welcher Modeepoche stammen sie?«, fragte Franz Leopold scheinbar interessiert und feixte zu Alisa hinüber.
    Joanne überlegte. »Vielleicht haben die Sachen Anna gehört. Sie kam aus deinem Land, aus Österreich.«
    »Du meinst nicht etwa die Anna von Österreich, die mit Ludwig XIII. verheiratet wurde?«, erkundigte sich Franz Leopold mit einem unterdrückten Lachen.
    »Doch, genau die. Sie holte die Benediktinerinnen aus dem sumpfigen Tal der Bièvre hierher und schenkte ihnen dieses Kloster. Die
Königin richtete sich hier eine eigene Wohnung ein, in der sie sich anscheinend lieber aufhielt als in ihrem riesigen Palast. Sie soll sich ja auch nicht gerade gut mit Kardinal Richelieu verstanden haben, der - wie man sagt - der eigentliche Machthaber Frankreichs in dieser Zeit war. Er führte Krieg gegen Spanien und verdächtigte Anna, mit ihrem Bruder, dem spanischen König, gegen Frankreich zu intrigieren. Richelieu verbot ihr sogar, das Val de Grâce weiter zu besuchen.«
    »Ein Kardinal, der seinen Schäfchen den Klosterbesuch untersagt. Merkwürdiger Zeitgenosse«, spottete Luciano.
    »Nach Richelieus Tod bekam Anna nach zwanzig unfruchtbaren Ehejahren endlich einen Sohn. Zum Dank baute sie die Abtei in den prächtigen Palast um, der er heute noch ist, und ließ auch die Klosterkirche mit der Kuppel errichten. In einem der Anbauten wollte sie ihren Lebensabend verbringen. Ich denke, die Kleiderkisten stammen aus ihren Gemächern dort.«
    »Und das war wann?«, fragte Ivy nach. »Sie muss zwischen 1640 und 1650 gestorben sein, nicht wahr?«
    Joanne nickte. Die anderen sahen sich an und prusteten vor Lachen.
    »Was denn?«, wunderte sich die Pyras.
    »Nichts gegen die barocke Lebensart«, sagte Alisa, noch immer vor sich hinkichernd. »Sie wussten sich mit prächtigen Dingen zu umgeben, aber ich fürchte, wir würden in Königin Annas Kleidern dennoch unangenehm auffallen - und seien noch so viele Edelsteine und Perlen aufgestickt.«
    Joanne schien das nicht ganz einzusehen. »Was anderes haben wir nicht. Ihr könnt euch entscheiden.«
    Alisa sah zu Ivy. »Da hörst du es. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass Seigneur Lucien oder Sébastien uns Kleider für die Oper besorgt.«
    Luciano grinste. »Das ist eine belustigende Vorstellung.«
    »Belustigend oder auch absurd. Ich sehe jedenfalls noch nicht, wie wir in zwei Wochen Kleider für die Oper auftreiben wollen.«
    Angesichts Alisas Verzweiflung konnte sich Ivy eines Lächelns nicht erwehren. Sie legte der Freundin den Arm um die Schulter.
»Du bist doch sonst nie um einen Einfall verlegen. Warum so pessimistisch? Sind Paris’ Avenuen nicht berühmt für ihre luxuriösen Modesalons? Da wird sich schon etwas finden.«
    Franz Leopold grinste. »Täuschen mich meine Ohren oder schlägt unsere überaus korrekte Ivy-Máire gerade vor, dass wir irgendwo einbrechen und uns Fräcke und Kleider stehlen sollen? Denn ich vermute einmal, dass du genauso wenig wie wir über die nötigen Summen verfügst, sie zu bezahlen.«
    Ivy hob die Schultern und lächelte entschuldigend. »Die Not heiligt die Mittel.«
    »Ach, und in diesem Fall heißt die Not: Wir dürfen auf keinen Fall versäumen, wenn Verdi seine Aida dirigiert.« Franz Leopold lachte.
    »Genau«, gab Ivy würdevoll zurück.
    Joanne unterbrach sie. »Könntet ihr euch für einen Augenblick auf etwas Wichtigeres konzentrieren?«
    »Was kann es schon Wichtigeres geben als Verdi und seine Aida «, entgegnete Luciano, und es schien ihm fast ernst damit zu sein.
    »Verdammt, haltet doch mal den Mund und setzt eure Nasen ein!«, fauchte Joanne. »Riecht ihr denn gar nichts Außergewöhnliches, das uns stutzig machen sollte?«
    Die Freunde verstummten.
    »Hier waren vor kaum einer Stunde Menschen«, sagte Franz Leopold dann.
    »Eine ganze Menge Menschen«, bestätigte Alisa. »Ich würde sagen, mindestens zehn oder zwölf.«
    »Sie hatten Hunde dabei«, meinte Ivy und sah Seymour aufmerksam an. Der bestätigte ihre Wahrnehmung.
    »Und es riecht nach Rauch«, meinte Luciano, wohl um auch etwas beizutragen. »Die Menschen scheinen einige Kavernen weiter ein Feuer angezündet zu haben.«
    »Ja, vermutlich haben sie sich niedergesetzt,

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