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Die Erben der Nacht - Pyras

Die Erben der Nacht - Pyras

Titel: Die Erben der Nacht - Pyras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Straße, wo Karren die Waren abholen können. Das Bild unserer Umgebung wird sich ändern. Es wird eine Arbeitsstadt werden. Ein riesenhaftes Warenlager. Keine Menschen werden hier mehr wohnen. Sie kommen, um zu arbeiten, und gehen abends zu ihren Familien zurück, die nun in Barmbek oder Billwerder, in Hammerbrook oder Wandsbek leben. Ein Zaun mit Wachposten und Schranken wird den Freihafen umschließen.«
    Alisa und Ivy sahen einander an. Langsam begann Alisa zu begreifen, dass diese Veränderungen auch die Vamalia betrafen.
    »Es wird für die Vamalia schwerer werden, Nacht für Nacht ihren Durst zu stillen, wenn sie mit den Baumaßnahmen erst einmal fertig sind«, sagte sie leise.
    »Ach was!« Tammo, der ihre Worte gehört hatte, winkte ab. »Es sind nachts noch genug Menschen im Hafen unterwegs und den Weg in die Stadt werden uns ein paar Zäune und Schranken nicht verwehren! Denkst du, wir sind danach eingesperrt wie die wilden Tiere bei Hagenbeck?«
    Alisa schüttelte den Kopf. »Nein, natürlich nicht. Und dennoch habe ich ein mulmiges Gefühl im Bauch.«
    »Du hast nur Blutdurst«, wehrte ihr Bruder ab, als Ivy sich laut zu Wort meldete.
    »Verzeiht, Dame Elina, doch Ihr sagtet, dass die Wohnhäuser auf dem Wandrahm und dem Kehrwieder den neuen Speicherbauten weichen müssen.«
    Die Clanführerin nickte. »Das ist richtig. So steht es in den Plänen der Hamburger Freihafen- und Lagerhaus AG, die zu diesem Zweck gegründet wurde.«
    »Was geschieht mit diesen Häusern hier?«, fuhr Ivy mit einer ausladenden Handbewegung fort.

    »Oh, sie sind natürlich eine Ausnahme. Keine Sorge. Die Hamburger werden dieses prächtige Stück ihrer Geschichte nicht aufgeben. Bei den Wohnblocks der Gängeviertel ist das etwas anderes. Seit in den Dreißigerjahren die Cholera in diesen Vierteln wütete, wird darüber nachgedacht, welche Sanierungsmaßnahmen man ergreifen müsste, um das Leben dort gesünder zu machen.«
    »Die Leute fortschicken und alles abreißen ist auf alle Fälle eine wirksame Maßnahme«, spottete Franz Leopold, doch Alisa achtete mehr auf den Unterton in Dame Elinas Stimme. Schwang da nicht ein Hauch von Unsicherheit, ja gar von Besorgnis mit? Alisa lehnte sich zu Ivy hinüber. »Vielleicht wäre es eine gute Idee, diese Pläne einmal in Augenschein zu nehmen.«
    »Du kannst Dame Elina ja fragen, ob du sie sehen darfst.«
    »Ach, und du meinst, sie zeigt sie uns?«
    »Fragen kostet nichts!« Doch ehe Alisa Gelegenheit dazu fand, verkündete die Führerin der Vamalia, dass der Unterricht nun fortgesetzt werden würde.
    »Folgt Marieke, sie wird die ersten beiden Stunden geben. Später werden wir uns mit dem berüchtigten Knoblauch beschäftigen.«
    Die Servientin im Körper einer hübschen Siebzehnjährigen führte sie auf den Boden hinauf, wo sie ihnen von den Forschungen des Abraham van Helsing, Professor an der Universität in Amsterdam, berichtete, einem der gefährlichsten Vampirjäger aller Zeiten, den sie selbst bereits zweimal getroffen hatte.

DIE HAMBURGER FREIHAFEN-UND LAGERHAUS AG
    Oberingenieur Franz Andreas Meyer und sein Architekt Carl Johann Christian Zimmermann blieben einen Augenblick vor dem großen Schutthaufen stehen. Sie ließen den Blick von dem Berg aus zerbröselten Steinen, Mörtel und fauligem Holz zu den erst halb niedergerissenen Wänden des Hauses wandern.
    »Sie sind gut vorangekommen«, sagte der Ingenieur.
    »Ja, wir liegen im Zeitplan«, bestätigte der Architekt.
    Jeder eine zusammengerollte Zeichnung in der Hand, schritten sie am Fleet entlang, der in den Binnenhafen mündete. Es war, als wechselten sie mit nur wenigen Schritten in eine andere Welt. Hier noch die Trostlosigkeit des Armeleuteviertels und gleich daneben die Kaufmannshäuser, die von Wohlstand und Erfolg erzählten. Die beiden Männer blieben stehen und betrachteten die Häuserfront.
    »Es ist eine Schande, aber ich musste die Senatoren überzeugen, dass sie dem Gesamtkonzept schaden, wenn sie nicht zustimmen«, sagte der Architekt. Der Ingenieur nickte zustimmend. »Was sollen wir mit ein paar Wohnhäusern mitten in der neuen Speicherstadt? Jeder Meter, der verschwendet wird, ist verlorenes Geld. Auch wenn ich dir zustimmen muss. Schade ist es um die alten Bauten, die von Hamburgs ruhmreicher Vergangenheit zeugen. Aber was soll’s. An unserer Vergangenheit können wir uns nicht messen lassen. Davon wird niemand mehr satt. Wie wir uns heute im Rad des Welthandels schlagen, darauf kommt es an. Und wenn

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