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Die Erben der Nacht - Pyras

Die Erben der Nacht - Pyras

Titel: Die Erben der Nacht - Pyras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Erewhon.
    »Oh, du hast jetzt auch Der Mönch von Lewis. Ich dachte, du hättest es dir von Vincent geborgt, weil du es nicht kanntest«, stellte Ivy fest und sah verwundert, dass Alisa ganz verlegen wurde. Sie hatte das Buch dem kindlichen Vyrad doch nicht etwa gestohlen? »Wo hast du das denn aufgetrieben?«
    Alisa wand sich. »Malcolm hat es mir geschenkt«, gab sie schließlich zu.
    »Was? Der Vyrad schenkt dir Bücher?«, rief Luciano. »Wenn ich gewusst hätte, dass du so gierig nach diesen Geschichten bist, hättest du von mir auch Bücher haben können.«
    »Es war nur ein Gastgeschenk, als er in Hamburg eintraf«, wehrte Alisa ab, aber Ivy schienen ihre Wangen ein wenig rosig. »Er hat mir auch Wuthering Heights von Emily Brontë mitgebracht.«
    »Einen ganzen Sarg voll hätte ich dir mitbringen können«, murrte Luciano.

    Die beiden Vampirinnen sahen ihn an. »Was ist das für eine sagenhafte Bücherquelle, die du da entdeckt hast?«, erkundigte sich Ivy, die dem Lesen als Zeitvertreib durchaus nicht abgeneigt war.
    »Ihr kennt sie. Seit Leandro verschwunden ist, kümmert sich keiner mehr so recht um die Bibliothek der Domus Aurea.« Er zog eine Grimasse. »Ich habe niemandem gesagt, wie er zu Tode gekommen ist und wo wir seine Überreste gefunden haben.«
    »Das ist vielleicht auch besser so«, stimmte ihm Alisa zu. »Solange wir nicht wissen, wer die anderen Vampire waren, mit denen er sich zusammengeschlossen hat, und warum er mit ihnen die Erben zu vernichten suchte.«
    Ein weiterer Stapel Bücher verschwand in dem Sarg. Alisa legte ein Päckchen hinzu, aus dem es metallisch klirrte.
    »Geldstücke?«, fragte Luciano.
    »Aber nein. Nützliches Werkzeug. Für besondere Gelegenheiten, wenn ich mal wieder gegen meinen Willen in einen Sarg eingeschlossen werde oder Ähnliches.«
    Luciano ließ den Blick an Alisa hinunterwandern. »So etwas brauchst du sicher nicht mehr. Du bist über den Sommer wieder stärker geworden. Vermutlich kannst du so eine Kiste einfach mit Armen und Beinen auseinanderdrücken, bis die Bretter bersten.«
    Alisa nickte. »Vielleicht schon. Aber das würde nicht ohne Lärm vor sich gehen, und ich könnte mich nachher nicht wieder zurücklegen, als wäre nichts geschehen.«
    »Nein, das sicher nicht«, musste ihr Luciano recht geben.
    »Wie weit seid ihr?« Franz Leopold streckte den Kopf durch die Tür. »Dame Elina ist zurück. Ich denke, sie hat etwas zu verkünden.«
    »Wir kommen!« Alisa warf hastig den letzten Bücherstapel in den Sarg und klappte den Deckel zu. Dann lief sie mit Luciano und Ivy in die noch intakte Halle des Nachbarhauses hinüber, wo sich die Vamalia und die Erben mit ihren Servienten versammelten.
    Es war keine Überraschung für die Erben, dass die Clanführerin den sofortigen Umzug anordnete. Was sonst blieb ihnen übrig? Die beschädigten Häuser zu einer Festung gegen die Menschen ausbauen,
wie Tammo grimmig forderte? Das war albern! Und das sagte ihm seine Schwester auch.
    Dame Elina forderte die Erben auf, sich in kleinen Gruppen zusammen mit ihren Servienten je einem Vamalia anzuschließen, der als Führer fungieren und sie zu ihrem provisorischen Unterschlupf begleiten würde.
    »Lasst all eure Habseligkeiten hier. Ihr könnt sie in euren Särgen verstauen, die von unseren Servienten mit den Karren draußen transportiert werden.«
    Natürlich hätten sie auch je zwei Särge selbst tragen können, doch das schien Dame Elina zu riskant. Zwar war die Nacht schon fortgeschritten, doch es konnte dennoch geschehen, dass sie einigen Nachtschwärmern begegneten.
    Aufgeregt folgten Alisa, Luciano, Ivy und Franz Leopold mit seinem Schatten Hindrik, der sie zu ihrer neuen Unterkunft führen sollte. Der Servient Dario aus Rom schloss sich ihnen ebenfalls an. Schweigend gingen sie durch den Brook, dessen Häuserreihen bis vor wenigen Tagen das Herzstück der Insel gewesen waren, voller Menschen und Leben. Nun schritten sie zwischen geisterhaften Trümmermeeren dahin. Bei St. Annen das gleiche Bild der Zerstörung. Hindrik führte sie nach Süden, sodass vor ihnen die Silhouette des Gaswerks aufragte. Auch am Sandtorkai und am Grasbrook war es ruhig. Nur wenige Wachen waren auf den Schiffen zurückgelassen worden und dösten in der Zeit zwischen drei Uhr und der ersten Dämmerung meist vor sich hin. Die Hafenpatrouillen ließen sich nicht sehen. Vermutlich saßen sie irgendwo bei Kartenspiel und Branntwein, die während der Wachtzeit natürlich untersagt waren.

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