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Die Erben der Nacht - Pyras

Die Erben der Nacht - Pyras

Titel: Die Erben der Nacht - Pyras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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unmittelbarer Umgebung der Brücke, nicht wahr?«

    Was hätte sie darauf antworten sollen? Mit einem Seufzer ließ sich Alisa in ihren Sarg sinken.
    »Es ist unerträglich, bis heute Abend zu warten, um ihre Entscheidung zu erfahren«, murmelte sie noch, als Hindrik den Deckel schloss.
    »Macht euch keine Sorgen. Ich bleibe noch eine Weile hier«, sagte Hindrik unerhört fröhlich. »Damit nichts und niemand eure Ruhe stören kann.«
    Franz Leopold fluchte vernehmlich.

    Ivy war wie so oft ein wenig früher wach als die anderen. Als der erste klare Gedanke ihren Geist erhellte, sandte sie ihn sofort zu Seymour, der den Tag über an Deck Wache gehalten hatte. Er lief die enge, steile Treppe hinunter und saß bereits vor ihrem Sarg, als Ivy die Beine über den Rand schwang.
    »Und? Was gibt es zu berichten?«, fragte sie sofort.
    Nichts. Ein paar harmlose Lumpensammler, ein Fischer in seinem kleinen Boot, ein paar spielende Kinder drüben am anderen Ufer. Keiner ist dem Kahn zu nahe gekommen oder hat ihn mit mehr als gewöhnlicher Aufmerksamkeit betrachtet.
    »Gut.« Ivy merkte, wie sie sich entspannte. »Weißt du, wie es mit uns weitergehen soll?«
    Du willst wissen, ob ich die Zusammenkunft der Vamalia belauscht habe?
    »Ja! Sag schon und zier dich nicht.«
    Doch genau das tat der Wolf. Er strich aufreizend um sie herum und war nicht bereit, sein Wissen mit ihr zu teilen.
    Untersteh dich, tiefer in meinen Geist einzudringen, knurrte er. Du wirst es noch früh genug erfahren, wenn Dame Elina es allen Erben mitteilt!
    »Und? Hat Seymour dir gesagt, was sie vorhaben?«, erklang unvermittelt Franz Leopolds Stimme hinter ihr. Ivy schreckte zusammen. Sie hatte sich so auf Seymour konzentriert, dass sie nicht gemerkt hatte, wie er seinen Sarg verließ. Wie nachlässig!
    Ja, du wirst nachlässig und vertrauensselig, hieb Seymour in die Kerbe. Du solltest dein Vertrauen mit mehr Bedacht verschenken.
    Ivy wandte ihm den Rücken zu und lächelte Franz Leopold an.
»Nein, leider hat er mir nichts verraten, obwohl ich mir sicher bin, dass er gelauscht und die Beschlüsse der Vamalia erfahren hat.«
    Franz Leopold hob die linke Braue. »Er hat es dir nicht verraten? Ich denke, ihr seid ein Herz und eine Seele und hängt enger zusammen als diese siamesischen Zwillinge, von denen man sogar in Wien gehört hat.«
    Ivy spürte, wie sich ihr Blick verdunkelte. »Ja, viele Jahre war es so. Nichts konnte unsere Bindung stören und unsere Harmonie trüben, bis …« Sie brach ab und sah zu Boden. Sie hoffte, Franz Leopold würde ihre Verlegenheit nicht spüren.
    »Bis ein Dracas aus Wien auftauchte, der die innige Einheit störte«, ergänzte Franz Leopold, doch Ivy konnte keinen Spott in seiner Stimme vernehmen.
    »Es war nicht deine Schuld«, sagte Ivy leise, noch immer ohne ihn anzusehen.
    »Nein, das war es nicht«, bestätigte er kühl, und Ivy war froh, dass in diesem Augenblick Alisas Sargdeckel aufschwang und das Gespräch beendete.
    »Kommt, lasst uns nach oben gehen und sehen, ob wir etwas in Erfahrung bringen«, schlug Alisa sofort vor. Sie sah sich suchend um und trat dann an Lucianos noch geschlossenen Sarg. Energisch hob sie den Deckel an und ließ ihn krachend zu Boden fallen. Blinzelnd schreckte Luciano hoch.
    »Was ist? Werden wir angegriffen?« Er taumelte aus seiner Kiste und rieb sich verschlafen die Augen.
    »Nein, doch es ist Zeit zum Aufstehen«, erwiderte Alisa energisch.
    »Wenn du das sagst.« Luciano gähnte herzhaft, rückte sich die Kleider zurecht und folgte den Freunden an Deck, wo sich nach und nach auch die anderen Erben einfanden.
    »Sollen wir für den Rest des Jahres hier auf diesem Schiff bleiben?«, fragte Malcolm und sah sich um.
    »Das glaube ich nicht«, entgegnete Alisa eifrig. »Ich denke, dass sich Dame Elinas Vertraute bereits nach einer geeigneteren Unterkunft umsehen. Es ist sicher nur eine Übergangslösung, bis sie den idealen Ort gefunden haben.«

    »Fällt der Unterricht so lange aus?«, fragte Tammo hoffnungsfroh.
    »Ich finde das Schiff toll«, meinte Fernand, der sich mit glänzenden Augen umsah. »Meine Ratte hat bereits Gesellschaft gefunden. In der kleinen Kammer im Bug wohnen noch ein paar Schiffsratten.«
    »Und haben sie deiner Ratte von ihren Abenteuern auf hoher See berichtet?«
    Fernand hob die Schultern. »Keine Ahnung. Sie hat mir nichts dergleichen erzählt.«
    Tammo grinste. »Wie schade. Das wären doch mal spannende Augenzeugenberichte!«
    Hindrik unterbrach das

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