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Die Erben der Nacht - Pyras

Die Erben der Nacht - Pyras

Titel: Die Erben der Nacht - Pyras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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keine weiteren Einstellungen vornehmen. Das Budget wird immer knapper, Sie verstehen, man setzt das Geld lieber anderweitig ein als in die Erforschung der Tier- und Pflanzenwelt.«
    Carmelo wiegelte ab. »Eine Anstellung suche ich nicht. Dennoch kann ich meine Dienste natürlich nicht umsonst anbieten. Jeder
muss leben, Monsieur le Directeur, und Paris ist eine teure Stadt. Ich glaube jedoch, dass sich durchaus Interessenten finden werden, die die Bezahlung zu übernehmen bereit sind, wenn das Problem an richtiger Stelle bekannt wird, sodass es nicht Ihr Budget sein wird, das man belasten muss.«
    »Wovon reden Sie?« Der Direktor wurde langsam ungeduldig. Was war das für ein seltsamer Mensch? Sollte er einige der Zoowärter rufen und ihn hinauswerfen lassen? Freiwillig schien der Fremde das Gelände nicht verlassen zu wollen. Wenigstens jetzt noch nicht.
    »Ah, ich sehe, Sie verlieren die Geduld. Geben Sie mir noch eine Minute, mich zu erklären. Ich bin gekommen, die Kreatur zu betrachten, die Sie das Glück hatten einzufangen. Ich weiß, dass sie hier unter strenger Quarantäne verwahrt wird, doch ich vermute, Sie ahnen nicht, mit was Sie es zu tun haben. Daher will ich Ihnen meine Erfahrungen zur Verfügung stellen, die ich mit den seltsamsten Wesen in zahlreichen Ländern der Welt gesammelt habe.«
    »Woher wissen Sie? - Ich meine, ich weiß nicht, wovon Sie sprechen, mein Herr.«
    »Monsieur le Directeur, ersparen Sie uns diese Farce. Es ist nicht wichtig, wie ich es erfahren habe. Ich weiß von der Sache, und ich bin überzeugt, dass Sie meine Hilfe brauchen. Sie werden zugeben müssen, dass Sie es noch nie mit solch einer Kreatur zu tun hatten, nicht wahr?«
    Es blieb ihm nichts anderes übrig, als zu nicken.
    »Sehen Sie und das Wesen ist Ihnen noch immer ein Rätsel.«
    »Wir haben schon viel bei unseren Beobachtungen erfahren«, protestierte Baillon.
    »So? Ich vermute, Sie haben noch nicht einmal herausgefunden, wovon er sich ernährt. Habe ich recht? Haben Sie ihm verschiedene Dinge angeboten, doch er hat alles zurückgewiesen?«
    Der Direktor sah ihn erstaunt an. »Ja, woher wissen Sie das?«
    Carmelo hob die Schultern. »Ich weiß es nicht, ich vermute es nur. Genauso wie ich vermute, dass es kein menschliches Wesen ist, auch wenn seine Züge den unseren ähneln.«
    Die Reaktion des Direktors war eine Mischung aus einem Nicken
und einem Schulterzucken. Carmelo nahm das als Aufforderung fortzufahren.
    »Lassen Sie mich das Wesen sehen, dann kann ich Ihnen sagen, ob meine Vermutung richtig ist und ob ich Ihnen helfen kann. Diese erste Einschätzung ist für Sie kostenfrei. Danach können wir uns über einen möglichen Vertrag unterhalten. Kommen wir nicht zu einer Einigung, verlasse ich Sie ohne Groll, und Sie werden nichts mehr von mir hören. Ich werde natürlich über alles Stillschweigen bewahren, was ich hier gesehen habe.« Er blickte den Direktor des Jardin des Plantes erwartungsvoll an. Der zögerte noch immer. Sein innerer Kampf war ihm deutlich am Gesicht abzulesen. Carmelo wartete und versuchte, den Anschein von Gelassenheit zu wahren.
    »Und Sie schwören mir, dass Sie nichts über das Wesen verlautbaren werden? Gegenüber keiner Menschenseele?«
    »Ich schwöre es!«, sagte Carmelo feierlich, obwohl sein Puls sich beschleunigte, und er den Direktor am liebsten gepackt und geschüttelt hätte, um endlich die erhoffte Zusage zu hören.
    »Nun gut, es kann ja nicht schaden, wenn Sie, wie Sie sagen, Experte für seltsame Kreaturen sind«, meinte der Direktor, wohl um seine eigenen Zweifel beiseitezuschieben. Dann endlich löste er seinen Schlüsselbund von einer Kette am Gürtel und winkte Carmelo auffordernd zu. »Kommen Sie, Monsieur Riccardo. Ich werde Ihnen das unglaubliche Wesen vorführen, das zu Forschungszwecken in meine Obhut gegeben wurde.«
    Nun, nachdem er sich eine Entscheidung abgerungen hatte, ging Henri Ernest Baillon forschen Schrittes voran. Er führte Carmelo zu einem modernen Bau mit schmalen, vergitterten Fenstern. Er öffnete eine Pforte und dann noch einmal eine schwere Tür aus Eisen. »Kommen Sie, kommen Sie«, rief er und eilte voran eine Treppe hinunter, einen düsteren Gang entlang und durch eine dritte Tür, die in einen dunklen Raum führte. »Dies ist unser Quarantäneraum. Absolut sicher gegen die Umwelt abgeschirmt. Hier kommt keine Ratte oder Maus rein oder raus! Wir wollen bei unseren Untersuchungen unerklärlicher Phänomene ganz sichergehen, dass die

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