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Die Erben des Terrors (German Edition)

Die Erben des Terrors (German Edition)

Titel: Die Erben des Terrors (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes C. Kerner
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rudimentären Form von „Haben Sie eine Einladung?“, was der Mann gerade zu fragen versucht hatte, und „Du kommst hier nicht rein!“. Für den Fall, dass das jemand nicht verstand, erklärten es ihm gerne die vier chinesischen Männer mit den schwarzen Anzügen, die sich im Hintergrund hielten, draußen in aller Ruhe.
    „ 有 “, antwortete Chen und gab dem Mann eine Visitenkarte des Clubs mit einer chinesischen Unterschrift auf der Rückseite. Da der Mann diese, wie erwartet, nicht lesen konnte, gab er sie zurück und winkte Chan durch, der sofort von einer attraktiven, wenngleich zu üppig geschminkten jungen Frau in einem langen, rotgoldenen Kleid herzlichst begrüßt wurde. Sie verbeugte sich, wie es in dieser Zeit nur noch Hostessen in Clubs wie diesem taten und bat höflichst um die Einladung. Er übergab sie.
    Das Mädchen, das sich als Mei vorgestellt hatte, war nicht viel älter als zwanzig Jahre. Und damit gute dreißig Jahre jünger als Chen, wie eigentlich alle Frauen im Club. Sie war groß, mit einem Meter siebzig fast so groß wie Chen selbst, aber davon entfielen sicher zehn Zentimeter auf die Schuhe. Sie sah kurz auf die Rückseite der Karte, verzog ob des dort signierten sehr wichtigen Namens, den sie sicher kannte, keine Mine und blickte stattdessen nur kurz zu einem der Männer in den schwarzen Anzügen, der daraufhin sofort hinter einem Paravent verschwand. „Folgen Sie mir bitte“, sagte sie und begleitete ihn die zwanzig Schritte zum Aufzug.
    Chen drehte sich um, während er auf den Aufzug wartete und betrachtete die eher schlichte, marmorne Halle mit den Paravents auf beiden Seiten, die zwei Türen verdeckten. Aus der Tür, in der der chinesische Mann im schwarzen Anzug verschwunden war, kamen zwei junge Frauen, die eine in einem langen blauen, die andere in einem kurzen goldenen Kleid. Sie erreichten Chen und Mei, als der Aufzug mit einem dezenten „Ploing“ seine Ankunft verkündete und alle vier betraten ihn.
    „Lili und Linlin, Mr. Chen“, erklärte Mei kurz. „Lassen Sie mich bitte wissen, ob Sie Änderungswünsche haben.“
    Chen musste schmunzeln – man gewöhnte sich doch nie daran, mit welcher Selbstverständlichkeit hier alles passierte. Und mit welcher Korrektheit. Linlin, die mit dem goldenen Kleid, kannte er von einem seiner letzten Besuche. Lili hatte er noch nie gesehen, aber sie gefiel ihm. Mei hatte ihren Namen mit Bedacht gewählt – frei übersetzt bedeutet er etwa „die Kupplerin“.
    „Mr. Wang und Mr. Zhang warten bereits auf Sie“, sagte Mei, als der Aufzug wenige Sekunden später im zweiundzwanzigsten Stock angekommen war. „ 八八 号 “, sagte sie kurz und leise zu Lili, lächelte Chen an und wünschte einen schönen Abend.
    Mr. Wang und Mr. Zhang hießen zwar in Wirklichkeit anders, aber eigentlich alle Gäste in diesem Etablissement hießen für die Mitarbeiter wie Lili und Li nlin Wang, Zhang oder Li. So, wie etwa achthundert Millionen anderer Chinesen auch. Tatsächlich hieß Mr. Wang sogar eigentlich Zhang, aber keiner der Stammgäste hier wurde mit seinem echten Namen erwähnt – natürlich aber persönlich angesprochen, wenn niemand sonst dabei war.
    Mr. Wang war der leitende Parteifunktionär im Finanzministerium, Mr. Zhang, für die Außenpolitik zuständig. Beide bekleideten für die Öffentlichkeit keine besonders bedeutenden Positionen, aber so funktionierte China eben nicht.
    Mit Lili an seinem linken und Linlin an seinem rechten Arm ging Chen in die Richtung, in die die beiden Damen ihn sanft und unauffällig zu bewegen ve rmochten, fast so, als hätte er selbst in die richtige Richtung gehen wollen. Nach einem kurzen Gang kamen sie in den Bühnenbereich, zwei Stockwerke nach unten gehend. In einigen Metern Entfernung sah Chen die aktuelle Show, eine politisch-kabarettistische Aufführung mit Gesang. Nach einem sehr kurzen Fußweg entlang des Ganges oberhalb der Sitzplätze erreichten die drei das Zimmer mit der schwarzen Prägung „ 八 八 “ auf einem messinggoldenen Schild an der schweren, dunkelroten Holztür. Lili klopfte und wartete kurz, bevor sie die Türe öffnete.
    Im Raum selbst standen vier große Sofas in einem Karree am hinteren Ende des Raume s um einen großen, flachen Tisch, der aus dem gleichen dunkelroten Holz gefertigt war wie die Tür. Im vorderen Bereich, in dem sich Chen und seine beiden Begleiterinnen befanden, waren sechs schwere, schwarze Ledersessel mit Blick auf einen sicher sechzig Zoll großen

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