Die Erben
zu Lyns Zimmer klatschte mit einem lauten Knall zu und Lyn stöhnte.
„Zum Glück habe ich meinen Schlüssel in dem Mantel.“ Sie wollte gerade weiter die Treppe hochsteigen, als wir es in ihrem Zimmer laut rumpeln hörten.
„Was ist das?“, fragte ich und Lyn riss entsetzte die Augen auf, während Kafka zu bellen begann.
„Keine Ahnung.“ Sie rannte die Treppe hinauf, steckte den Schlüssel ins Schloss und wollte öffnen, doch die Tür bewegte sich nicht. „Was zum Teufel-“
Im Inneren wütete es weiter, als sei die Windböe direkt ins Zimmer hinein gefegt und würde sich dort austoben.
Immer wieder knallte etwas krachend gegen die Wände, während Kafka mit seinem Bellen scheinbar versuchte das Gepolter zu übertönen.
Mir stellten sich die Nackenhaare. Niemand konnte in diesem Zimmer sein und trotzdem klang es, als würde jemand ihr komplettes Zimmer auseinander nehmen.
Etwas flog laut gegen die Tür und wir wichen erschrocken zurück.
„Was zum Teufel ist das?“, stieß Lyn aus und wirkte gehetzt. Sie schaute hektisch von der Tür zum Fenster und wieder zur Tür.
Kafkas Bellen verwandelte sich immer mehr zu einem Wimmern und mit eingezogenem Schwanz ging er rückwärts die Treppe weiter runter.
Ich griff nach dem Schlüssel, der noch immer im Schloss steckte und rüttelte daran. Egal wie viel Kraft ich aufbrachte, die Tür selbst ließ sich einfach nicht öffnen.
Mit aller Gewalt und komplettem Körpereinsatz stemmte ich mich dagegen und auf einmal gab sie nach und ich fiel auf den Boden.
Noch ein letztes Mal peitschte der Wind ans uns vorbei, dann war es ruhig.
„Himmel“, keuchte Lyn und sah an mir vorbei in ihr Zimmer.
Ich rappelte mich auf und schaute mich ebenfalls um.
Es sah furchtbar aus.
Die Regale, die zu beiden Seiten ihres Bettes gestanden hatten, lagen umgekippt auf dem Boden, eines war sogar aufgesplittert. Die Bücher und DVDs waren herausgeschleudert worden und lagen wild verstreut auf dem Boden. Die Schubladen ihrer Kommode waren herausgerissen und achtlos ins Zimmer geschmissen worden. Ihre Kleider bedeckten den kompletten Boden und selbst in ihrer Deckenlampe hatten sich ein paar ihrer Sachen verfangen.
Es wirkte, als hätte ein Hurrikan hier drin gewütet.
„Was war das?“, fragte sie immer wieder und ging mit vorsichtigen Schritten weiter in ihr Zimmer. „Was zum Teufel war das?“
Auch Kafka traute sich geduckt wieder rein, verkroch sich aber sofort unter Lyns Bett.
Ich stellte mich hinter sie und legte ihr eine Hand auf die Schulter.
Sie schüttelte ungläubig den Kopf und als ich sie sanft zu mir drehte, vergrub sie sofort ihr Gesicht an meinem Hals.
„Ich hasse das“, stieß sie wütend aus und ich legte beruhigend die Arme um sie. „Ich hasse das so sehr. Ich will kein
Erbe
sein. Ich will nicht, dass irgendwelche Menschen hier herumschnüffeln und ich will nicht, dass irgendetwas Unerklärliches mein Zimmer verwüstet. Ich will das einfach nicht mehr.“
Sie trat mit dem Fuß auf und ich spürte, wie mein Shirt nass wurde. Sie ballte die Hände zu Fäusten und hielt die Arme steif neben ihrem Körper.
Wortlos hielt ich sie weiter fest. Ich hätte ohnehin nicht gewusst, was ich sagen sollte. Was hier passiert war, war unerklärlich. Und es war definitiv nicht natürlich gewesen. Dass Lyn das nicht mit ihrem üblichen Sarkasmus wegkommentieren konnte, war klar. Und der einzige Grund, warum ich nicht einfach raus rannte, obwohl ich eine Schweineangst hatte, war der, dass ich Lyn nicht alleine lassen wollte. Sie zu beruhigen, bewahrte mich davor, in Panik zu verfallen.
„Soll ich heute Nacht hier bleiben?“, meinte ich in die Stille hinein und sie schüttelte den Kopf.
„Ich will nicht hier bleiben“, murmelte sie und löste sich von mir. Sie sah das Chaos an und ihr Blick wurde trotzig. „Ich würde am Liebsten-“ Sie brach ab, trat gegen eine Box, die auf dem Boden lag und stieß einen knurrenden Laut aus.
Sie war nicht wirklich traurig. Ihre Angst machte sie wütend und fahrig.
Ich reagierte genauso in solchen Momenten.
„Ich will zu Thor“, beschloss sie. „Ich will bei ihm schlafen.“
Es wäre eine Lüge gewesen, zu behaupten, dass ich nicht gehofft hatte, sie würde mich bei sich haben wollen. Als Schutz, zum Trost, als Boxsack, egal was. Doch ich schluckte diesen Gedanken hinunter. Er war unnötig und fehl am Platz.
„Ich bring dich rüber“, bot ich an und half Lyn, ein paar ihrer Sachen in dem Durcheinander zusammen zu
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