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Die Erbin

Die Erbin

Titel: Die Erbin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Grisham
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terschwelliger Düsterkeit war nichts mehr zu spüren, statt dessen herrschte überschäumende Begeisterung, wie sie allein unerwarteter und unverdienter Reichtum hervorrufen kann. Sie hatten gerade den Jackpot geknackt. Es ging jetzt nur noch darum, das Geld aufzusammeln. Bei Letties Erscheinen verstummten alle sechs wie auf Kommando, und solange sie nach schenkte, wurde kein Wort gesprochen. Erst als sie die Küchen tür hinter sich geschlossen hatte, ging das Geschnatter sofort wieder los.
    Lettie wusste von Minute zu Minute weniger, was sie von alldem halten sollte.
    Das Testament auf dem Tisch benannte Lewis McGwyre als Vollstrecker, das hieß, dass er es nicht nur aufgesetzt hatte, sondern auch dafür zuständig war, es zu eröffnen und umzusetzen. Der dritte Anwalt, Mr. Sam Larkin, war Seths wichtigster Finanzberater gewesen und schien davon überzeugt, dessen unglaublichen Erfolg erst ermöglicht zu haben. Er hörte gar nicht mehr auf zu erzählen und erheiterte sein Publikum mit pointenreichen Anekdoten, in denen Seth sich furchtlos aberwitzige Summen zusammenlieh und natürlich immer cleverer war als alle anderen. Ian war der Einzige, dem dabei allmählich langweilig wurde.
    Mr. McGwyre erklärte, dass sie sich, da sie nun schon einmal in Ford County seien, zum Gericht begeben würden, um den Antrag auf Testamentseröffnung zu stellen. Daraufhin werde in der Lokalzeitung eine Mitteilung an mögliche Gläubiger ver öffentlicht. Wobei er, so Mr. McGwyre, bezweifle, dass Seth noch irgendjemandem etwas schulde. Er habe gewusst, dass er sterben würde. Es sei noch nicht einmal einen Monat her, dass sie beide darüber gesprochen hätten.
    Stillman Rush sagte: »Es handelt sich im Grunde um eine Routineangelegenheit. Nichtsdestotrotz wird es etwas Zeit kosten.«
    Und Geld, dachte Ian.
    »In einigen Monaten werden wir dem Gericht einen umfassenden Bericht über die Bilanzen Ihres Vaters und ein Verzeichnis seiner Vermögenswerte und Verbindlichkeiten vorlegen. Zu diesem Zweck werden wir einen beauf tragen – es gibt mehrere, mit denen wir zusammenarbeiten. Immobilien müssen bewertet, die Mitarbeiter sauber aufgelistet werden. Es ist ein langer Prozess.«
    »Wie lange wird es dauern?«, fragte Ramona.
    Die drei Anwälte wanden sich synchron, die übliche Re aktion, wenn jemand versuchte, exakte Angaben abzufragen. Lewis McGwyre, der älteste, zuckte mit den Schultern. »Ich würde sagen, zwölf bis achtzehn Monate«, sagte er unverbindlich.
    Ian verzog das Gesicht, als er das hörte und an all die Kredite dachte, die in den nächsten sechs Monaten fällig wurden. Herschel bemühte sich vergeblich, nicht die Stirn zu runzeln, und tat so, als wären seine Konten reichlich gefüllt und als gäbe es überhaupt keinen Druck. Ramona schüttelte ärgerlich den Kopf und fragte: »Warum so lange?«
    »Berechtigte Frage«, sagte Mr. McGwyre.
    »Oh, danke.«
    »Zwölf Monate ist nicht viel in solchen Fällen. Es gibt jede Menge Kleinarbeit zu leisten. Zum Glück hat Ihr Vater ein be achtliches Vermögen. Das kommt nicht oft vor. Wenn er als arme Kirchenmaus gestorben wäre, wäre die Sache in drei Monaten erledigt.«
    »In Florida dauert so etwas dreißig Monate«, warf Mr. Larkin ein.
    »Wir sind nicht in Florida«, erwiderte Ian kühl.
    Stillman Rush fügte eilig hinzu: »Es gibt eine Klausel, die Teilentnahmen vorab ermöglicht. Das bedeutet, dass Sie einen Teil Ihres Anteils bereits vor dem eigentlichen Vollzug erhalten können.«
    »Das hört sich gut an«, sagte Ramona.
    »Wie sieht es mit den Steuern aus?«, fragte Ian. »Womit müssen wir rechnen?«
    Mr. McGwyre lehnte sich zurück und schlug die Beine übereinander. »Bei einem Vermögen dieses Umfangs«, sagte er lächelnd und nickte, »und ohne Witwe würden die Steuern heftig zu Buche schlagen, mit etwas über fünfzig Prozent. Doch dank Mr. Hubbards Weitsicht und unseres Know-how haben wir es möglich gemacht« – er hielt eine Kopie des Testaments hoch –, »mithilfe von Treuhandkonten und anderen Maßnahmen die effektive Steuerlast auf dreißig Prozent zu senken.«
    Ian, der Zahlenjongleur, brauchte keinen Taschenrechner. Zwanzig Millionen abzüglich dreißig Prozent, blieben etwa vierzehn Millionen. Vierzig Prozent davon für seine Frau, das waren etwa 5,6 Millionen. Und zwar netto, denn die Steuern waren ja bereits abgezogen. Im Augenblick hatten er und seine diversen Partner und Gesellschaften über vier Millionen Schulden bei verschiedenen Banken,

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