Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition)
Moment lang war sie versucht, es ihm nicht zu sagen. Doch dann zuckte sie mit den Schultern. » Ich heiße Malian « , sagte sie.
» Malian « , wiederholte er. Es klang nicht so, als ob der Name für ihn irgendeine Bedeutung hätte. Malian unterdrückte ein trockenes Grinsen und spottete über sich selbst.
» Wir sollten gehen « , fuhr Kalan fort und klang besorgt. » Bevor sie zurückkommen. «
Malian nickte und ließ zu, dass er sie von dem Guckloch und der Geheimtür wegbrachte. Sie gingen tiefer in das Labyrinth, das die Alte Burg durchzog. Nach einer Weile flüsterte sie, dass sie sich links halten sollten. Das würde sie zu einem verborgenen, sicheren Ort bringen. » Wenn « , so fügte sie hinzu, » dieser Ort genauso aufgebaut ist wie die Neue Burg. «
» Woher … « Er unterbrach sich und unterdrückte offensichtlich die Frage, die er hatte stellen wollen.
Schweigend gingen sie weiter und folgten dem Geheimgang scheinbar eine sehr lange Zeit. An einer Stelle war die Decke so weit herabgebogen, dass sie auf Knien darunter durchkriechen mussten. Schließlich öffnete der Gang sich wieder, und sie waren in der Lage, aufrecht zu stehen. Dafür versperrte ihnen eine Stahltür den Weg. » Ist das dein sicherer Ort? « , fragte Kalan leise. Malian schüttelte den Kopf.
» Alle Türen zu sicheren Orten sind aus Holz « , murmelte sie. » So etwas ist mir noch nie untergekommen. «
Kalan legte sein Ohr an die Tür und horchte. Schließlich öffnete er sie vorsichtig weit genug, um durch den Spalt zu spähen – und hielt inne. » Der Raum ist nicht groß « , flüsterte er nach einer Weile. Ihm war wohl eingefallen, dass sie nichts sehen konnte. » Aber er hat zwölf Seiten und zwölf Türen; eine jeweils in der Mitte der Wand. Die Wände erscheinen abgerundet, als ob sie zu einem Dach zusammenliefen. « Kalan machte einen Schritt vorwärts und zog Malian hinter sich her. » Die Decke ist gewölbt. «
» Es ist sehr still « , flüsterte Malian zurück.
» Aber friedlich. Keineswegs bedrohlich. Nicht wie die Stille, die fast überall hier herrscht. « Kalan machte einen weiteren Schritt vorwärts. » Ich glaube nicht, dass diese Mauern aus Stein bestehen. Die Oberfläche sieht sehr glatt aus. «
» Das hier fühlt sich wie Glas an. « Unter ihrer Berührung flackerte Licht auf. Malian riss ihre Hand zurück. Der Zündfunke wurde immer heller und zu einem sanften Glühen. Erstaunt blinzelte sie Kalan an. Dann schaute sie genauer hin und nahm die Einzelheiten des rechteckigen Gesichts unter dem wirren Haar, die grauen, goldgesprenkelten Augen und die Sommersprossen, die auf einer gerade Nase verteilt waren, wahr. Er war von kräftiger Statur und etwas größer als sie selbst. Der Mund zwischen den Sommersprossen war breit und trug einen Zug, der auf Humor hindeutete. Sie bemerkte die graublaue Robe eines Tempelnovizen. Diese Robe war geflickt und an den Armen und Beinen viel zu kurz. Sie zog die Augenbrauen hoch, als sie bemerkte, dass er sie genauso aufmerksam und kritisch betrachtete wie sie ihn. Kurz darauf sahen sie sich in die müden, schmutzverschmierten Gesichter und lächelten, als ob sie sich ohne Worte darauf geeinigt hätten, den anderen für gut zu befinden.
» Ich mag das Licht « , sagte Kalan, » obwohl ich es nicht zum Sehen benötige. « Er streckte seine Hand nach oben und berührte die Glasplatte. Das Licht veränderte sich nicht. » Wie hast du das gemacht? «
Malian ließ ihre Hand über das Glas gleiten, und das Licht verblasste, bis sie wieder in der Dunkelheit standen. Als sie die Platte erneut berührte, kam das Licht zurück. Sie schüttelte den Kopf. » Ich weiß es nicht. « Sie sah sich um und erblickte in gleichmäßigen Abständen weitere Glasplatten auf den weißen, schimmernden Wänden. » Das ist ein seltsamer Ort. Es scheint, als ob man uns hierhergelockt hätte, aber wozu? « Sie warf Kalan einen Blick zu. » Und was hat dich aus dem Tempelviertel hier hinuntergeführt? «
Sein Blick hielt ihrem stand. Sein Ausdruck war neugierig und abwägend. » Ich dachte, das wüsstest du, da diese Werjäger hinter dir her zu sein schienen. Das waren nicht die ersten Schergen des Schwarms, die ich heute zu Gesicht bekommen habe. Sie dringen in die Burg ein. « Schnell und leise erzählte er ihr von der Gruppe schwarz gekleideter Krieger, die an ihm vorbeigingen und eine Art Dämon des Finsteren Schwarms bei sich hatten. » Ich habe versucht, den Tempel zu warnen « , sagte er
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