Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition)
schließlich, » und irgendwie um die Eindringlinge herumzuschleichen. Doch ich wurde nur tiefer und tiefer in die Alte Burg hineingezogen, bis ich dich traf. «
Malian war übel und beinahe schwindelig. » Also handelt es sich nicht nur um einen Mordversuch « , flüsterte sie. » Es handelt sich um einen Großangriff. Unser Volk könnte in diesem Moment im Schlaf sterben! « Ihre Hände zitterten, und sie ballte sie zu Fäusten. » Wir müssen einen Weg finden, sie zu warnen und zu retten! «
» Was können wir beide schon ausrichten? « Sie sah die Verzweiflung auf Kalans Gesicht. » Wir sind unbewaffnet, und hinter uns sind Werjäger her. Oder hinter dir « , berichtigte er sich mit demselben abschätzenden Blick.
Malian ignorierte seine unausgesprochene Frage und lief auf und ab. » Ich habe geschlafen « , sagte sie halb zu sich selbst, halb zu ihm, » und als ich wach wurde, war da eine Stimme in meinem Kopf, die mir befahl zu fliehen. Die Warnung war so zwingend, dass ich keine Zeit vergeudete, Fragen zu stellen. Ich tat, was sie sagte, und floh. « Sie öffnete die Hände und schloss sie gleich wieder. » Im Gegensatz zu dir habe ich nicht einmal daran gedacht, andere zu warnen. «
Kalan runzelte die Stirn. » Das ist wohl auch besser so, wenn man bedenkt, dass Werjäger hinter dir her sind. Bruder Selmors Bücher sind voll mit derartigen Warnungen. « In seine Stimme schlich sich ein Anflug von Aufregung. » Das stammt natürlich alles aus alten Zeiten, als wir noch stark waren mit unseren Mächten und das Goldene Feuer in jeder Burg brannte. Einige Geschichten behaupten, dass die Warnungen von den Göttern stammen, andere sagen, sie kommen vom Feuer. Doch sie erreichten fast ausschließlich Das Blut. Ganz besonders, wenn jemand davon in großer Gefahr war. « Er nickte, als ob ein Puzzleteil seinen Platz gefunden hätte. » Ich wusste doch, dass mir dein Name bekannt vorkommt. Obwohl die meisten Leute einfach ›die Erbin‹ oder ›die Erbin der Nacht‹ sagen. Aber das erklärt natürlich, warum sie dich jagen. «
» Ich nehme an, das tut es. Andererseits … « Malian zuckte mit den Schultern. » Ich glaube, im Moment ist es ziemlich egal, wer ich bin. «
Kalan rollte mit den Augen. » Natürlich ist das nicht egal! Du bist die Erbin des Hauses der Nacht, bei allen Neun Göttern! Es gibt keine weiteren Kinder deiner Blutlinie – du bist die einzige Erbin der Nacht. Du solltest besser als alle anderen wissen, wie wichtig du dadurch bist. «
Malian seufzte. » ›Wenn die Nacht fällt, fallen alle.‹ Man sagt, dass diese Prophezeiung so alt ist wie die Derai-Allianz, aber dass die wahre Bedeutung im Laufe der Zeit verloren gegangen ist. «
Kalan kräuselte die Lippen. » Bruder Belan sagte immer, dass die Prophezeiung genau das bedeutet, was sie sagt; dass der Glaube an sie das Einzige ist, das verloren gegangen ist. Aber siehst du ein « , fügte er hinzu und kämpfte ein wenig mit den Worten, » dass es meine Pflicht ist, dich zu beschützen und all sowas, jetzt, da ich weiß, wer du bist? «
Malian grinste. » Du hast mir bereits geholfen « , gab sie zu bedenken, » und zwar bevor du wusstest, dass ich die Erbin der Nacht bin. « Das Grinsen verblasste. » Kannst du verstehen, wie ich mich in dem Wissen fühle, dass ich geflohen bin, obwohl es meine Pflicht als Erbin gewesen wäre, mein Haus zu beschützen? «
» Das kann ich « , sagte Kalan langsam, » nur dass man dir befohlen hat zu fliehen. Und in den alten Geschichten ist es jedes Mal verheerend, wenn man derartige Warnungen in den Wind schlägt – also den eigenen Willen gegen den der Götter zu stellen, sozusagen. Das nimmt niemals ein gutes Ende. «
» Weiser Knabe. « Das Flüstern erfüllte die Luft mit Licht und Hitze. Malian und Kalan schraken zusammen und sahen sich in dem Zimmer mit den zwölf Wänden um.
» Wer bist du? « , verlangte Malian zu wissen. » Was willst du? «
» Dich, Erbin der Nacht. « Das Irrlicht tanzte am Rand ihrer Wahrnehmung.
» Nun, ich bin hier « , sagte sie so tapfer, wie sie konnte. » Also … Wer bist du? «
» Kennst du mich nicht? « , fragte die Stimme. Sie klang wie gedämpfter Donner. » Ich und meine Kameraden sind in allen Geschichten der Derai. Wir sind langjährige Verbündete und eure Freunde in dem jahrhundertealten Krieg gegen den Schwarm der Finsternis. «
Malian fuhr sich mit der Hand durchs Haar. » Dann kenne ich dich « , sagte sie und hörte die Verwunderung in ihrer
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