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Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition)

Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition)

Titel: Die Erbin der Nacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Lowe
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Dann fügte er sehr leise hinzu: » Und wenn wir das nicht schon längst gewusst hätten, so wüssten wir es seit der letzten Nacht. «
    » Warum das? « , fragte der andere Herold. Er sprach leise, doch seine Stimme war volltönend und tief wie der Ton einer Bronzeglocke. Nhairins Blick wurde davon angezogen, und sie sah, dass er sie anschaute.
    » Wir haben letzte Nacht alle tapfer gekämpft, doch das war nicht ausreichend. Wir brauchten einen Strategen; jemand, der in dem Chaos um uns herum noch Muster erkannte und im richtigen Moment die richtigen Entscheidungen traf. « Garan rieb sich mit dem Daumen über seinen Kieferknochen. » Kommandant Gerenth wurde mitsamt der Vorhut der Burggarnison aufgerieben. Hauptmann Asantir zog die Reste seiner Kompanie ab und stellte sie mit unseren Truppen neu auf. Den Rest kennt Ihr. «
    » Garan « , sagte Nhairin warnend. Ihr Tonfall brachte zum Ausdruck: Passt auf, was Ihr sagt. Was sie wirklich meinte war: vor Außenstehenden. Sie sah das Glitzern in Haimyrs Augen, das besagte, dass wenigstens er die unausgesprochene Warnung verstanden hatte, doch Garan sah ihr direkt in die Augen. » Das ist kein Geheimnis, Hofmarschallin Nhairin. Das weiß jeder. «
    Nhairin verkniff sich die scharfe Erwiderung, dass wenigstens die Herolde es vielleicht nicht gewusst hatten – und dass es zu weit ging, den Hauptmann der Ehrenwache als Strategen zu bezeichnen und sie somit mit den legendären Kriegsführern der Derai auf dieselbe Stufe zu stellen. Garan hielt ihrem Blick noch ein wenig länger stand. Sein sonst so heiteres Gesicht war ungewöhnlich ernst. Doch nach einem Moment wandten beide sich wie in unausgesprochenem Einverständnis dem Übungsraum wieder zu.
    » Sie trainiert auf die alte Weise « , sagte Nhairin schließlich neidisch, als Asantir mit einer Bewegungsreihe fertig war, die ganz offensichtlich auf Nahkampf ausgerichtet war. Dann wirbelte sie herum, machte einen Überschlag und explodierte mit einer Reihe von Tritten quer durch den Raum.
    » Welche Weise ist das? « , fragte der Herold mit der tiefen Stimme. Nhairin dachte angestrengt nach, bis ihr der Name wieder einfiel. Er hieß Tarathan von Ar, richtig, und die Frau hieß Jehane Mor.
    Sie wich seinem Falkenblick aus. » Wir nennen es den Derai-dan. Das sind die Formen des bewaffneten und unbewaffneten Kampfes, die unsere Allianz von Anfang an begleiteten. «
    » Aber die alte Weise « , fügte Garan hinzu, als deutlich wurde, dass Nhairin nicht die Absicht hatte, das weiter auszuführen, » umfasst neben den Waffenfähigkeiten auch Wille und Zielgerichtetheit der Kampfkunst. «
    » Doch die Waffen eines Kriegers sind Wille und Zielgerichtetheit, nicht wahr? « , antwortete Tarathan von Ar. » Wenigstens glauben wir das. «
    Nhairin und Garan sahen sich beide zu ihm um. » Habt Ihr ähnliche Formen? « , fragte der Wachmann überrascht.
    Der Herold nickte. » Die Tradition besagt, dass unsere Formen aus der Zeit des Alten Reichs überliefert wurden. Doch es gibt jetzt nur noch wenige, die diese uralten Fähigkeiten am Leben erhalten. Die Assassinen von Ij sind darunter. Einige sagen, dass die Patrouille auch dazu zählt, aber das kann ich nicht mit Sicherheit sagen. «
    » Und Teile der alten Formen « , fügte Jehane Mor hinzu, » werden immer noch in den Tempeln von Jhaine und bei der Elite des Shahs in Ishnapur gelehrt. «
    Der Bewegungsfluss unter ihnen hatte aufgehört. Asantir stand am Rande der Übungshalle. Die anderen Wachen versammelten sich um sie. Tarathan von Ar schaute zwischen Nhairin und Haimyr hin und her. » Doch Ihr habt andere Angelegenheiten mit uns zu besprechen, nicht wahr? «
    Nhairin war so erschrocken, dass sie ihn erneut regungslos anblickte, dann aber wieder wegschaute. » Ihr habt in das Schutzfeuer gestarrt « , stellte Jehane Mor leise fest, » also haben wir Euch erwartet. «
    Nhairin runzelte die Stirn. » Also war das doch Euer Gesicht in dem Feuer. «
    Die Heroldin schüttelte den Kopf. » Ich kann Euch nicht sagen, was Ihr gesehen habt. «
    Nhairin warf Haimyr einen schnellen Blick zu. » Wir sollten an einen ungestörten Ort gehen « , sagte sie. » Derartige Gespräche sollten nicht belauscht werden können. «
    Der Barde hatte sie mit dem vertrauten Blitzen in seinen Augen beobachtet. Jetzt richtete er sich auf. » Zunächst einmal hinunter, denke ich. Der Hauptmann muss das auch hören. Nach Euch « , sagte er mit einer unbestimmten Verbeugung in die Richtung der beiden

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