Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman
verdammich?«, knurrte einer seiner Männer.
Johannes sah ihn starr an. »Dann verkauft Johannes die Kuttengesichter an die Soldaten«, sagte er. »Das sind alles Protestanten. Die werden einen Tanz mit den Kuttenträgern veranstalten, einen Tanz … mit der Seilerstochter.«
»Hähähä! He Leute, dann ham unsere schwarzen Freunde hier sogar einmal im Leben ’nen Steifen!«
»Was redst’n für’n Scheiß, die geilen Säcke vögeln doch die ganze Zeit rum!«
»Nee, die wichsen jede Nacht wie die Blöden.«
»Hähähä – na, dann fühl’n sie sich ja erst recht wie daheim, wenn sie baumeln und sich dabei die Kutte vollspritzen.«
Wenzel suchte Johannes’ Blick. »Ein Wagnis, sich den Soldaten aufzudrängen. Das Lösegeld wird wenig sein, wenn es überhaupt eines gibt, und das Hängen werdet ihr bestenfalls aus einer Kompanie anderer armer Schweine heraus verfolgen können, die wie ihr zum Dienst gepresst worden sind.«
»Niemand presst den Steinernen Johannes in seinen Dienst«, sagte der Wahnsinnige und sah durch Wenzel hindurch. »Johannes wartet bis morgen, dann … seid ihr ein Fraß für die Ratten.« Er wandte sich ab und ging hinaus. Seine Männer folgten ihm.
»Dass ihr uns gefangen habt, ist ein Glücksfall für euch«, rief Wenzel ihnen hinterher. »Vergeudet euer Glück nicht!«
Für die Bewohner von Grafenwöhr, die sich in die Kirche geflüchtet hatten, war es ebenfalls ein Glücksfall gewesen. Nachdem Johannes verstanden hatte, was Wenzel ihm mitzuteilen hoffte, hatte er seine Pläne geändert und den Abmarsch aus dem kleinen Ort angeordnet. Selbst die beiden Knaben, die weinend neben ihren toten Eltern hockten, waren verschont geblieben, wenn man vom Versuch eines der Männer absah, den Jüngeren der beiden zu vergewaltigen, während die anderen die toten Mönche geplündert hatten. Der Junge hatte schreiend und kreischend um sich geschlagen und den Marodeur so lange von sich fernhalten können, bis Johannes wortlos davongestapft und seinen Männern nichts anderes übrig geblieben war, als ihm zu folgen und Wenzel und die überlebenden Benediktiner vor sich herzutreiben. Der Möchtegern-Vergewaltiger war ihnen nachgelaufen, seinen erigierten Penis noch immer entblößt und sich im Laufen selbst befriedigend. Es war ironischerweise der gewesen, der vorhin von den vermeintlichen nächtlichen Aktivitäten der Mönche gesprochen hatte.
Das Refektorium besaß schon lange keine Tür mehr. Zwei von Johannes’ Männern bezogen bei der Türöffnung Stellung. Als Wenzel zu ihnen hinübersah, vollführte der eine die Pantomime eines Mannes, der am Strick zappelt, der andere ballte die Faust vor dem Schritt und machte damit schnelle Bewegungen. Beide grinsten. Wenzel wandte sich ab.
»Schaffen wir Bruder Tadeáš zu dem Sessel dort vorne, damit er sich hinsetzen kann«, sagte er.
»Danke, ehrwürdiger Vater«, ächzte Bruder Tadeáš. »Mir geht es gut. Ich fühle mich nur ein wenig …«
»… durchlöchert«, sagte einer der anderen, aber niemand lachte. Der Anblick der Brüder Cestmir und Robert, wie sie geplündert auf dem Boden lagen, war noch zu frisch in ihrer Erinnerung.
Sie schlurften zum Kamin hinüber.
»Ich wollte, wir hätten etwas, womit wir hier einheizen könnten. Es ist bitterkalt«, murmelte Bruder Bonifác.
»Vielleicht können wir die alten Lumpen verbrennen, es würde wenigstens ein bisschen … o mein Gott … oh, ehrwürdiger Vater …«
Wenzel drängte sich an den anderen vorbei und blickte auf den Lumpenhaufen auf dem Boden. Ein Gesicht starrte daraus hervor. Es war schwer zu sagen, wie lange der Tote schon hier lag – die Kälte hatte ihn konserviert, ob es nun ein Tag oder ein Monat waren. Das Gesicht war schwarz angelaufen, die Augen bereits in die Höhlen zurückgefallen, doch man konnte deutlich erkennen, wie verzerrt die Gesichtszüge noch im Tod waren. Dieser Mann hatte die meisten seiner Sünden gebüßt, bis er hatte sterben können. Sein einer Arm war verdorrt wie der einer Mumie, die vertrocknete Faust schrecklich anzusehen. Er hatte keine Beine. In der halb geöffneten, gesunden Hand sah Wenzel ein kleines Fläschchen.
Als er aufsah, merkte er, dass seine Mitbrüder alle ein paar Schritte zurückgewichen waren.
»Es ist nur ein toter Mann«, sagte Wenzel.
»Der Teufel hat ihn geholt«, flüsterte einer. »Sieh dir sein Gesicht an, ehrwürdiger Vater – und den Arm … als ob er noch versuchen würde, im Tod abzuschwören …«
»Der Teufel hat ihn
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