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Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman

Titel: Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Duebell
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ihn. »Euer Leben stand stets im Bann der Teufelsbibel, nicht wahr?«
    »Nun, die meiste Zeit kam es uns nicht so vor. Jetzt im Rückblick allerdings …«
    »Das Buch ist böse. Ich weiß, dass es böse ist. Es beschmutzt sogar die Erinnerung an meine Liebe zu …« Sie brach ab.
    »Königin Kristina«, sagte Andrej.
    Ihre Augen verengten sich. »Haben Samuels Männer geklatscht?«
    »Aber nein. Es ist nur so: Du siehst in meine Augen und erkennst, dass mein Herz nur einer einzigen Frau gehört. Ich sehe in deine Augen und weiß, dass du deine Mission nur aus einem einzigen Grund verfolgst: aus Liebe. Liebe zu dem Menschen, der die Teufelsbibel haben will.«
    Ebba wandte sich bestürzt ab. Sie erkannte, dass sie den hageren alten Mann unterschätzt hatte. Auf seine Weise war er nicht weniger klarsichtig als Cyprian. Was wäre geschehen, wenn sie sich gegen diese Männer gestellt hätten? Ebba wollte es sich nicht ausmalen.
    Samuel hielt an. Noch weiter voraus war nur ein einziger Mann – Magnus Karlsson. Dieser war stehen geblieben und hatte die Hand erhoben. Die geflüsterten Gespräche wurden sofort eingestellt. Es war klar, dass Karlsson den Fleck erreicht hatte, von dem aus er in der Nacht die sächsischen Dragoner ausgespäht hatte. In der graublauen Weite der Morgendämmerung wirkte er klein und verloren; der Schnee und der Himmel hatten die gleiche düstere Farbe, sodass man kaum erkennen konnte, wo der Boden aufhörte und der Himmel anfing. Magnus Karlsson schwebte dazwischen. Andrejblinzelte. Wenn jetzt von irgendwoher ein Schuss gefallen und der einsame Karlsson in sich zusammengesackt wäre, hätte es keine bessere bildliche Metapher für die Verlorenheit eines Menschen im Krieg gegeben.
    Samuel drehte sich um.
    »Wir rücken bis zu Magnus vor«, flüsterte er. »Gerd, du kommst nach vorn, damit du Magnus sein Pferd übergeben kannst. Alle anderen: Wir sitzen auf, wenn wir Magnus erreicht haben. Wir reiten in geschlossener Formation. Wir bleiben alle zusammen. Wer verwundet wird, versucht sich an seinem Pferd festzuhalten oder an seinem Nebenmann. Wer erschossen wird, hält sich trotzdem fest, auch als Leiche. Das ist ein Befehl, verstanden?«
    Die Männer grinsten und vollführten dramatisch exakte Ehrenbezeugungen.
    »Alfred, gibt es noch etwas zu sagen?«
    »Nur so viel«, sagte der Wachmeister. »Wer sich abknallen lässt, bekommt es mit mir zu tun. Das wünscht ihr euch nicht, nicht mal als Tote.«
    »He, Rittmeister – wenn einer von uns plötzlich in eine große Halle reitet, in der es nach Braten und Bier riecht …«
    »… dann soll er nicht besorgt sein, weil er sich nämlich in Odins Heldenhalle befindet und tot ist. Jaja, Björn Spirger. Über den hat deine Großmutter schon gelacht. Mach dir keine Hoffnungen – die haben dort noch keinen Platz für dich frei.«
    »Die wissen nicht, was sie versäumen«, erwiderte Björn Spirger.
    Sie gingen weiter. Andrej musterte die Männer verstohlen. Überall wurden Gurte ein letztes Mal stramm gezogen, Pferde beruhigend getätschelt oder letzte Leckerbissen ausgeteilt, Waffen überprüft, Pistolen gespannt und Musketen in den Sattelholstern gelockert. Wachtmeister Alfredsson hielt einen eisenbeschlagenen Knüppel am ausgestrecktenArm von sich weg und spähte über seine Länge hinweg, als ermesse er den Drall eines Gewehrs. Ebba knotete das Band, das ihren Hut hielt, fester und wischte sich die Handflächen zum dutzendsten Mal an ihrer Jacke ab.
    »Sie sind noch da!«, hauchte Magnus Karlsson und deutete auf eine Stelle weiter vorn, wo der Schnee flachgedrückt war wie von einem Körper, der sich herangerobbt und dann dort Ausguck gehalten hatte. Andrej sah, dass der Hügel eine ausgeprägte Kante besaß. Plötzlich wusste er, wo sie sich befanden. Sie hatten Podlaschitz um ein oder zwei Meilen umgangen und näherten sich von Osten her. Der Hügel senkte sich nach der Kante in eine weite Mulde, danach stieg die Landschaft wieder zu einer weiteren Hügelkuppe an und fiel von dort in einem langen, sanfter werdenden Abhang zu einem Bach ab, der in unregelmäßigen Schleifen durch das von ihm geschaffene Tal plätscherte. An einer dieser Schleifen lag Podlaschitz. Von hier aus kostete es eine halbe Stunde scharfen Galopp, um das ehemalige Kloster zu erreichen. Die Erinnerung an die Beschaffenheit der Umgebung war die des kleinen Andrej, die über sechsundsiebzig Jahre hinweg zu ihm gefunden hatte. Sein Vater hatte wie üblich den Ort, an dem er einen

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