Die Erbin der Teufelsbibel Historischer Roman
ließ die Schultern sinken. Der erste holte tief Atem.
»Mist!«
»Was nun?«
Der zweite Jesuit kam zögernd zurück und stellte sich neben seinen Ordenskameraden. »Rot? Wirklich?«
Der erste Jesuit warf ärgerlich die Hände in die Luft. »Ich dachte, Sie hätten es sich gemerkt!«
»Ich dachte auch, ich hätte es mir gemerkt, bis Sie mich mit der roten Tür durcheinandergebracht haben.«
Sie ermaßen die rote Tür, dann drehten sie sich wie ein Mann um und betrachteten die blaue Tür weiter vorn.
»Mist!«, wiederholte der erste Jesuit mit Gefühl.
»Wir könnten einfach klopfen«, schlug der zweite Jesuit zaghaft vor.
»Wo?«
»An der blauen Tür.«
»Genauso gut könnten wir an der roten Tür klopfen.«
»Ja, aber wahrscheinlicher ist es die blaue Tür.«
»Wahrscheinlich er ? Haben Sie eben wahrscheinlich er gesagt?«
»Dies ist keine Übung in Semantik«, rügte der zweite Jesuit steif.
Der erste Jesuit hob eine Hand und ballte sie zur Faust. »Ich klopfe jetzt«, sagte er. »An die rote Tür.«
»Und was sagen Sie, wenn es die falsche Tür ist?«
Der erste Jesuit zögerte.
»Oh, entschuldigen Sie«, äffte der zweite Jesuit, »wir dachten, hier wohnt der Spion. Sind Sie sicher, dass Sie nicht der Spion sind?«
»Nein, ich werde sagen: Entschuldigen Sie, dass mein Kamerad ein Kretin ist.«
»Ich werde beim Ordensgeneral Beschwerde gegen Sie einlegen!«
»Meine Güte!«, zischte der erste Jesuit. »Wenn es die falsche Tür ist, versteht man uns sowieso nicht. Oder beherrschen Sie neuerdings Schwedisch?«
»Ich hatte gehofft, wir würden es im Gespräch mit der Königin lernen.«
»Nur, dass sie dauernd Französisch mit uns spricht.«
Sie sahen sich zum dritten Mal an … die rote Tür … die blaue Tür … dann wieder sich.
»Ich klopfe jetzt«, sagte der erste Jesuit entschlossen.
»Hallo?«, rief jemand.
Der erste Jesuit ließ die Hand sinken. Beide drehten sich um. Im Haus gegenüber hatte sich im ersten Stock ein Fenster geöffnet. Ein Mann lehnte sich hinaus.
»Bitte?«, sagte der zweite Jesuit würdevoll.
»Monita secreta« , sagte der Mann im Fenster, nachdem er sich mehrfach konspirativ umgeblickt hatte.
»Was hat er gesagt?«, fragte der zweite Jesuit.
Der erste Jesuit starrte den Mann an. Dann ließ er seinen Blick sinken und starrte die Tür an.
»Monita …« , wiederholte der Mann.
»Schon gut!«
»Er hat die Parole gesagt«, erklärte der zweite Jesuit erstaunt. Auch seine Blicke richteten sich auf die Tür des Hauses. Er blinzelte, als stäche die Farbe der Tür in seine Augen.
»Wir sind Pilger in einem gottlosen Land« , sagte der erste Jesuit.
»Kommen Sie herein. Schnell, schnell«, erwiderte der Mann und schloss das Fenster.
»Grün!«, sagte der zweite Jesuit. »Und Sie dachten, sie wäre rot.«
» Sie dachten, sie wäre blau!«
»Blau ist näher an Grün als Rot.«
»Wenn der Kerl in diesem Haus die Brieftauben nicht bereithält, werfe ich Sie zur nächsten Relaisstation. Eigenhändig«, sagte der erste Jesuit.
»Ich werde Beschwerde gegen Sie einlegen.«
»Hören Sie«, sagte der erste Jesuit und blieb vor der Tür stehen. »Es ist sinnlos, sich zu streiten. Weder Sie noch ich tun gerne, was wir hier tun. Aber wir haben den ersten Teil der Aufgabe erfüllt – nämlich der Königin einzureden, dass der Papst unbedingt dieses verfluchte Buch haben will. Da können wir auch den zweiten Teil erledigen und Bescheid geben, dass alles nach Plan verläuft. Und danach dürfen wir uns endlich der Mission widmen, den Boden für die Katholisierung dieses Heidenlandes zu bereiten.«
» Wem Bescheid geben? Wem? «, stöhnte der zweite Jesuit. »Wissen Sie das? Ich wüsste es gern!«
»Unsere Lehre verlangt Gehorsam«, sagte der erste Jesuit, »und als gehorsam werden wir uns erweisen.«
»Aber wem gegenüber sind wir gehorsam? Wissen Sienicht, wie man dieses Buch nennt? Gilt unser Gehorsam dem Satan?«
»Omnia Ad Maiorem Dei Gloriam« , erwiderte der erste Jesuit. »Das ist unser Ziel.«
Die Tür wurde aufgerissen, und ihr Kontaktmann spähte heraus. Er warf erneut konspirative Blicke in die Gasse. »Kommen Sie rein. Beeilung, Beeilung!«
Der zweite Jesuit streckte einen Arm aus. »Nach Ihnen, lieber Bruder«, sagte er.
Der erste Jesuit lächelte und zog seinen Ordenskameraden am Ärmel. »Aber nicht doch, mein Bruder. Nach Ihnen. Alles zur höheren Ehre Gottes.«
Sie gingen gleichzeitig durch die Tür. Der Mann aus dem Fenster warf zum letzten Mal
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