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Die Erbin Der Welt erbin1

Die Erbin Der Welt erbin1

Titel: Die Erbin Der Welt erbin1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: jemisin
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Worte, die mir im Gedächtnis geblieben waren, aber die Art, wie sie sie sagte.
    Der Vorhof Elysiums ist das Erste, was Besucher sehen, also ist er bewusst eindrucksvoll. Außer dem Lotrechten Portal und dem Palasteingang — ein gähnender Tunnel aus konzentrischen Bögen, um den herum der einschüchternde Hauptteil von Elysium steht — gibt es noch den Garten der Hunderttausend und den Pier. Natürlich legt an diesem Pier nichts an, da er vom Vorhof aus über einen Abgrund, der eine halbe Meile tief ist, hinausragt. Er hat ein dünnes, elegantes Geländer, das ungefähr hüfthoch ist. Dieses Geländer würde niemanden, der Selbstmord begehen wollte, aufhalten können, aber ich denke, es gibt allen anderen ein wenig Sicherheit.
    Dekarta, Viraine und einige andere standen am Fuß des Piers. Die Gruppe war recht weit entfernt, und sie hatten mich noch nicht bemerkt. Ich hätte mich sofort umgedreht und wäre wieder in den Palast gegangen, wenn ich nicht eine der Gestalten bei Dekarta und Viraine erkannt hätte. Zhakkarn, die Kriegergöttin.
    Das ließ mich innehalten. Die anderen Anwesenden waren De- kartas Höflinge — ich erinnerte mich vage, einige von ihnen an meinem ersten Tag gesehen zu haben. Ein weiterer Mann, der nicht halb so gut gekleidet war wie der Rest, stand ein paar Schritte weiter auf dem Pier, als ob er die Aussicht genießen würde, aber er zitterte. Ich konnte das sogar von meinem Standort aus sehen.
    Dekarta sagte etwas, worauf Zhakkarn die Hand hob und einen glänzenden silbernen Speer herbeizauberte. Sie zeigte auf den Mann und ging drei Schritte vor. Die Speerspitze befand sich, trotz des Windes ohne zu zittern, nur ein paar Zentimeter hinter dem Rücken des Mannes.
    Der Mann machte einen Schritt vorwärts und sah sich dann um. Der Wind ließ sein Haar wie eine dünne Wolke um seinen Kopf wehen; er sah aus wie ein Amn oder eine verwandte Rasse. Aber ich erkannte sein Auftreten und seine wilden, trotzigen Augen. Er war ein Ketzer, einer, der Bright missachtete. Es hatte einmal ganze Armeen von seinesgleichen gegeben, aber jetzt waren nur noch wenige übrig, die sich in Enklaven versteckten und ihre gefallenen Götter im Geheimen verehrten. Dieser hier muss- te unvorsichtig gewesen sein.
    »Ihr könnt sie nicht ewig in Ketten lassen«, sagte der Mann. Der Wind trug seine Worte zu mir und fort und foppte so meine Ohren. Die beschützende Magie, die die Luft in Elysium warm und ruhig hielt, war auf dem Pier offensichtlich nicht aktiv. »Nicht einmal der Elysiumvater ist unfehlbar!«
    Dekarta sagte nichts dazu, aber er beugte sich vor und raunte Zhakkarn etwas zu. Der Mann auf dem Pier versteifte sich. »Nein! Das könnt Ihr nicht! Das geht nicht!« Er drehte sich um und versuchte, an Zhakkarn und dem hervorstechenden Speer vorbeizukommen, wobei er seine Augen auf Dekarta gerichtet hielt.
    Zhakkarn bewegte nur die Speerspitze, und der Mann spießte sich selber auf.
    Ich schrie auf und schlug die Hände vor den Mund. Der Pa- lasteingang verstärkte den Klang; Dekarta und Viraine warfen mir einen Blick zu. Aber dann erklang ein Geräusch, das meinen Ausruf erstickte — der Mann begann zu schreien.
    Dieser Schrei ging durch mich hindurch wie Zhakkarns Speer. Der Körper des Mannes zitterte noch mehr als vorher, er war um den Speer herum gekrümmt und umklammerte den Schaft. Zu spät erkannte ich, dass es nicht nur sein Schrei war, der ihn schüttelte, sondern noch eine andere Macht, denn seine Brust begann, um die Spitze des Speers herum rot zu glühen. Rauch stieg von seinen Armein, seinem Kragen, seinem Mund und seiner Nase auf. Das Schlimmste waren seine Augen, weil er hellwach war. Er wusste, was mit ihm geschah, wusste es und verzweifelte — und genau das war Teil seines Leidens.
    Ich floh. Elysiumvater steh mir bei, aber ich konnte es nicht ertragen; ich rannte zurück in den Palast und duckte mich hinter einer Ecke. Aber auch das half nichts, ich konnte ihn immer noch schreien hören, während er von innen heraus verbrannte — schreien und schreien, bis ich dachte, dass ich den Verstand verlieren und für den Rest meines Lebens taub sein würde.
    Allen Göttern — sogar Nahadoth — sei Dank, hörte er irgendwann auf.
    Ich weiß nicht, wie lange ich dort kauerte und mit den Händen meine Ohren bedeckte. Nach einer Weile wurde mir bewusst, dass ich nicht mehr alleine war, und ich hob den Kopf. Dekarta lehnte sich schwer auf einen dunklen, polierten Gehstock aus dem Holz, das so dunkel war

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