Die Erbin Der Welt erbin1
einmal aufblitzen, dann war er fort.
Ich stand da, wo er mich verlassen hatte, und fühlte mich seltsam leer. Die Bediensteten feierten um mich herum, aber ich gehörte nicht dazu. Außerdem konnte ich mich inmitten dieses Lärms und des Chaos nicht entspannen, egal, wie fröhlich es war. Niemand war Darre. Niemandem stand eine Exekution bevor. Niemand hatte man die Seele eines Gottes, die alles befleckte, was sie dachten oder fühlten, in den Körper gestopft.
Trotzdem hatte T'vril mich in dem Versuch, mich aufzuheitern, hierher gebracht. Es wäre ungehörig, sofort wieder zu gehen. Also sah ich mich nach einer ruhigen Ecke um, wo ich mich abseits hinsetzen konnte. Dann sah ich ein bekanntes Gesicht — wenigstens schien es zunächst ein bekanntes Gesicht zu sein. Ein junger Mann beobachtete mich. Er stand auf der Treppe einer Hütte und lächelte, als ob er mich kannte. Er war ein bisschen älter als ich, hatte ein hübsches Gesicht und war schlank. Er sah aus wie ein Tema, aber seine Augen waren so gar nicht Tema und ein schwaches Grün ...
Ich schnappte nach Luft und ging zu ihm hinüber. »Si'eh?«
Er grinste. »Schön, dass du rausgekommen bist.«
»Du bist ...« Ich gaffte noch eine Weile mit offenem Mund, dann schloss ich ihn in die Arme. Ich hatte die ganze Zeit ge- wusst, dass Nahadoth nicht der einzige Enefadeh war, der seine Form verändern konnte. »Also ist das deine Idee?« Ich zeigte auf die Barriere, die ich jetzt wie eine Kuppel über uns stehen sah.
Er zuckte mit den Schultern. »T'vrils Leute tun uns das ganze Jahr hindurch Gefallen. Es ist nur angebracht, dass wir ihnen etwas zurückgeben. Wir Sklaven müssen zusammenhalten.«
In seiner Stimme war eine Bitterkeit, die ich vorher noch nicht darin gehört hatte. Im Vergleich zu meiner eigenen Stimmung war sie seltsam tröstend, also setzte ich mich auf die Treppe neben seine Beine. Zusammen beobachteten wir schweigend eine Zeit lang die Feierlichkeiten. Nach einer Weile spürte ich, wie seine Hand mein Haar berührte und streichelte, und das tröstete mich noch mehr. Egal in welcher Form, er war immer noch Si'eh.
»Sie wachsen und verändern sich so schnell«, sagte er leise und blickte auf eine Gruppe Tänzer in der Nähe der Musiker. »Manchmal hasse ich sie dafür.«
Ich sah überrascht zu ihm auf. Das war eine seltsame Stimmung für ihn. »Ihr Götter habt uns doch so erschaffen, oder nicht?«
Er sah mich an, und fiir einen irritierenden, schmerzhaften Moment sah ich Verwirrung auf seinem Gesicht. Enefa. Er hatte gesprochen, als ob ich Enefa sei.
Dann ging die Verwirrung vorüber, und er lächelte mich traurig an. »Tut mir leid«, sagte er.
Als ich die Traurigkeit in seinem Gesicht sah, konnte ich keine Bitterkeit fühlen. »Ich muss wohl wie sie aussehen.«
»Das ist es nicht.« Er seufzte. »Es ist nur, dass manchmal ... nun, es scheint, als ob sie erst gestern gestorben wäre.«
Der Krieg der Götter hatte vor mehr als zweitausend Jahren stattgefunden, nach den Berechnungen der meisten Schreiber. Ich wandte mich von Si'eh ab und seufzte ebenfalls. Die Kluft zwischen uns war so tief.
»Du bist nicht wie sie«, sagte er. »Zumindest nicht völlig.«
Ich wollte nicht von Enefa reden, aber ich sagte nichts. Ich zog meine Knie an und legte mein Kinn darauf. Si'eh fuhr fort, meine Haare zu streicheln und tätschelte mich wie eine Katze.
»Sie war auch so reserviert wie du, aber das ist die einzige Ähnlichkeit. Sie war ... kühler als du. Sie wurde nicht so schnell ärgerlich — obwohl sie ein ähnliches Temperament hatte wie du. Es war großartig, wenn sie die Beherrschung verlor. Wir haben alles versucht, sie nicht zu verärgern.«
»Du hörst dich an, als ob du Angst vor ihr hattest.«
»Natürlich. Wie hätten wir keine haben können?«
Ich stutzte verwirrt. »Sie war deine Mutter.«
Si'eh zögerte, und ich bemerkte darin ein Echo meiner eigenen Gedanken über die Kluft zwischen uns. »Das ist ... schwierig zu erklären.«
Ich hasste diese Kluft. Ich wollte sie überwinden, obwohl ich keine Ahnung hatte, ob das überhaupt möglich war. Also sagte ich: »Versuch es.«
Seine Hand hielt auf meinem Haar inne, und dann kicherte er mit warmer Stimme. »Ich bin froh, dass du nicht einer von meinen Anhängern bist. Du würdest mich mit deinem Ansinnen in den Wahnsinn treiben.«
»Würdest du überhaupt meinen Gebeten Gehör schenken?« Ich konnte nicht anders, als bei dem Gedanken zu lächeln.
»Oh, natürlich. Aber ich
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