Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Erbin und ihr geliebter Verraeter

Die Erbin und ihr geliebter Verraeter

Titel: Die Erbin und ihr geliebter Verraeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
Vom Netzwerk:
entgegengebracht wurde. Himmel, das war vermutlich das Schlimmste, was sie zu dem Marquis hatte sagen können. Wenn Bradenton eifersüchtig die Grenzmauern seiner Privilegien überprüfte, hatte sich Miss Fairfield einfach über seine Bemühungen hinweggesetzt und seine Felder zertrampelt.
    „Sie ist so lästig“, erklärte Whitting gerade, „dass ich fast spüren kann, wie ich in ihrer Gegenwart Ausschlag bekomme.“
    Es war egal, wie lästig Miss Fairfield war. Oliver war viel zu oft selbst Ziel solch schneidender Bemerkungen gewesen, um Spaß daran zu haben, selbst welche zu machen.
    Stattdessen schenkte er sich ein Glas Brandy ein und stellte sich ans Fenster.
    Er hörte nicht zu. Er lachte nicht. Er beteiligte sich nicht daran, auch wenn Bradenton ein paar Mal versuchte, ihn hineinzuziehen.
    Am Ende war er tatsächlich froh, wieder zu den Damen zu stoßen.
    Aber es wurde nicht besser. Whitting schaute nach jeder ihrer Äußerungen zu Oliver, erwartete offenbar, dass er seine Verachtung teilte. Die anderen Männer wechselten sich dabei ab, bei ihr zu stehen, zogen ihr Feuer nacheinander auf sich. Das störte Oliver. Es störte ihn sogar sehr.
    Auf einem kleinen Tischchen an der Seite gab es Gebäck. Oliver tat sich davon auf und schlenderte zum Fenster, um hinauszusehen. Aber es gab kein Entkommen. Sie ließ die anderen Männer stehen und trat zu ihm.
    „Mr. Cromwell“, begann sie herzlich.
    Er nickte ihr zu, und sie begann zu reden.
    Es war nicht so schlimm, wenn er nur auf den Klang ihrer Stimme achtete. Wenn er es vermied, einzelne Wörter zu verstehen, hatte sie einen angenehmen Tonfall – warm und melodisch – und ein reizendes Lächeln.
    Sie nannte ihn Mr. Cromwell. Sie bemitleidete ihn wegen der Schwierigkeiten der Buchhaltung. Sie erwähnte – dreimal –, wie viel Hochachtung sie für Leute wie ihn empfand, Leute, die für ihren Lebensunterhalt arbeiten mussten. Es war nicht so schlimm, jetzt, da er für die Sturmgewalt ihrer Konversation gewappnet war.
    Und dann, während er neben ihr stand, lächelte und versuchte, höflich zu sein, streckte sie die Hand aus und nahm ein Gebäckstück von seinem Teller. Sie schien gar nicht zu merken, was sie getan hatte. Sie lächelte, hielt das Küchlein in den Fingern und fuchtelte damit herum, während sie auf ihn einredete.
    Das bedeutete aber nur, dass alle sehen konnten, was sie getan hatte.
    Die anderen hinter ihr grinsten. Whitting machte eine laute Bemerkung über Schweine, die aus jedem beliebigen Trog fraßen. Oliver biss die Zähne zusammen und lächelte weiter höflich. Er würde nicht brechen. Sie hatten auch ihn ausgelacht.
    „Also“, sagte Miss Fairfield, „bin ich davon überzeugt, dass Sie in Zahlen ganz allgemein überaus bewandert sind. Sie haben da eine sehr nützliche Gabe, die Ihnen in Zukunft von Nutzen sein wird. Ich bin sicher, jeder Arbeitgeber wird das auch so sehen.“
    Sie nahm sich ein weiteres Küchlein, während sie sprach.
    „Es ist nur ein Wunder, dass sie genug Spitze gefunden haben, um sie darin einzuwickeln“, bemerkte Whitting halblaut hinter ihr.
    Wenn Oliver das hören konnte, dann konnte sie das auch. Aber sie reagierte nicht. Nicht einmal ein Anflug von Gekränktheit flackerte in ihren Augen auf.
    Er hatte sich geirrt. Sie würde ihn sehr wohl brechen. Nicht, weil sie so schrecklich war, denn sie schien es gut zu meinen – und das machte eine Menge wett. Sie würde ihn brechen, weil er nicht dabeistehen und zuhören konnte, was die anderen über sie sagten.
    Es erinnerte Oliver an einen Nachmittag vor zwanzig Jahren, als er noch zu Hause gelebt hatte. Ein paar Jungen hatten seine nächstjüngere Schwester Laura eine fette Kuh genannt. Sie waren ihr nach Hause nachgelaufen und hatten dazu gemuht. Das war noch zu der Zeit, als Oliver seine Probleme mit den Fäusten löste.
    Miss Fairfield war nicht seine Schwester. Sie schien es gar nicht zu merken. Aber sie war vielleicht die Schwester von irgendwem, und es gefiel ihm nicht, was hier mit ihr geschah.
    Er war mit der Absicht hergekommen, Bradenton von der Notwendigkeit der Reform zu überzeugen. Er war gekommen, um Ansichten zu ändern. Er war nicht hierhergekommen, um zuzusehen, wie jemand verspottet wurde.
    Daher schwieg er.
    Und als sie die Hand nach einem weiteren Gebäckstück ausstreckte, reichte er ihr den ganzen Teller.
    Ihre Augen weiteten sich einen Moment. Sie stand wie erstarrt, schaute ihn an, und er musste wieder – vorübergehend – daran denken,

Weitere Kostenlose Bücher