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Die Erbin und ihr geliebter Verraeter

Die Erbin und ihr geliebter Verraeter

Titel: Die Erbin und ihr geliebter Verraeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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es unmöglich zu sagen, wann er selbst verletzt war. Oliver hatte gelernt, auf Kleinigkeiten zu achten – das leichte Anspannen seiner Muskeln, wie er sich leicht zurücklehnte. Wie sich die Hand seiner Frau fester um seine schloss.
    „Ich will nicht, dass du so empfindest“, sagte Robert schließlich. „Was kann ich tun?“
    Oliver schüttelte den Kopf. „Es ist nichts, was du tust oder nicht tust. Ich weiß nicht, warum es auf einmal anders ist als vorher. Ich habe nur … ich muss …“ Wenn er wüsste, wie er den Satz beenden musste, stünde er nicht hier. Er wollte wieder in eine Zeit zurück, in der er irgendwohin gehört hatte. „Ich habe das Gefühl, als gehörte ich nirgendwohin.“
    Robert nickte und holte tief Luft. „Wie lange fühlst du das schon? Vielleicht können wir den Grund dafür herausfinden.“
    „Seit Januar“, wollte er antworten. Aber dann fiel ihm wieder Jane ein, wie er sie spät in jener schicksalhaften Nacht überzeugt hatte, ihm zu vertrauen, indem er ihr seine Wünsche und das, worauf sein Ehrgeiz gerichtet war, enthüllt hatte. Er hatte Bitterkeit auf der Zunge geschmeckt, gewusst, was er nicht besaß, und hatte in ihr eine verwandte Seele erkannt.
    Oliver blickte fort. „Ich denke, ich habe immer so gefühlt.“
    Dieses Mal musste er sich nicht anstrengen, das Zusammenzucken seines Bruders wahrzunehmen. Er wusste, verdammt, er wusste doch, wie Robert war. So besorgt, immer voller Angst, dass jemand sich von ihm abwenden könnte.
    „Das liegt nicht an dir“, erklärte Oliver. „Du hast mir immer das Gefühl gegeben, uneingeschränkt willkommen zu sein. Was auch immer du glaubst, zweifle nicht daran. Du bist mein Bruder und wirst das immer sein. Ich … ich weiß es einfach nicht. Und ich hasse es, es nicht zu wissen.“
    „Gibt es etwas, was dem vorausgegangen ist?“ Minnie schaute ihn an. „Du hast irgendwie … abwesend gewirkt, seit du aus Cambridge zurück bist.“
    Cambridge. Das Wort schloss sich wie eine eiserne Faust um sein Herz, erfüllte ihn mit bitterer Nostalgie. Cambridge. Das war ein Wort, das von Spaziergängen durch Grünanlagen am Tage und durch Parks in der Nacht flüsterte. Von einer Frau, die vor keiner Äußerung, egal, was man sagte, zurückzuckte.
    Jane war die furchtloseste Frau, die Oliver je getroffen hatte. Manchmal glaubte er, dass die Gesellschaft wie ein Kind war, das versuchte, einen bunten rechteckigen Würfel durch ein rundes Loch zu stecken. Wenn das nicht gelingen wollte, klopfte das Kind einfach fester auf den Würfel. Oliver war schon so oft durch runde Löcher gedrückt worden, dass er gar nicht gemerkt hatte, dass seine Kanten rund geworden waren. Jane hingegen … Jane beharrte darauf, rechteckig und kantig zu bleiben. Je härter man sie in das Loch zu drücken versuchte, desto kantiger und bunter wurde sie.
    Es war nur gut, dass Oliver nicht in sie verliebt war. Wenn er so dumm wäre, zuzulassen, dass sie ihm so viel bedeutete, war er nicht sicher, wie er jemals einen Ausweg finden sollte.
    „War etwas mit Sebastian?“, fragte Robert.
    „Ja“, sagte er, „aber nicht, was du denkst.“ Er setzte sich auf einen Stuhl ihnen gegenüber. „Ich weiß nicht, was es ist“, sagte er schließlich. „Du weißt immer, wer du bist und was du möchtest. Und genau jetzt bin ich restlos verwirrt.“
    Robert stand auf und kam zu ihm. „Verwirrt“, erklärte er, „verstehe ich.“ Er legte Oliver die Hand auf die Schulter. „Wenn du dich verwirrt fühlst, weiß ich nicht, was ich sagen kann, um dir zu helfen. Außer … stelle niemals infrage, dass du hier einen Platz hast.“
    Oliver schüttelte den Kopf.
    „Du bist mein Bruder.“ Robert zögerte und fügte leiser hinzu: „Ich liebe dich und werde das immer tun. Du hast einen Platz hier. Du musst ihn aber nicht in Anspruch nehmen.“
    Oliver schaute auf.
    „Hör auf, Trübsal zu blasen“, verlangte Robert und versetzte ihm einen Stoß gegen die Schulter. „Vielleicht liegt es einfach daran, dass sich das Reformgesetz jetzt durchs Parlament quält und du ein neues Projekt brauchst. Du arbeitest jetzt wie lange daran? Es kann erstaunlich niederdrückend sein, wenn etwas, wofür man so lange gearbeitet hat, schließlich verwirklicht wird. Das hinterlässt eine gewisse Leere im Leben.“
    „Genau das ist es.“ Oliver schloss die Augen. „Eine Leere in meinem Leben. Aber ich weiß nicht, wie ich sie füllen soll.“
    Hinter ihnen klopfte es an die Tür. Oliver drehte sich um und

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