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Die Erbin und ihr geliebter Verraeter

Die Erbin und ihr geliebter Verraeter

Titel: Die Erbin und ihr geliebter Verraeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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in dieser Sache.
    „Ich brauche Ihr Versprechen“, sagte ihre Tante langsam. „Ihr Versprechen, dass Sie sie nur zu überreden versuchen.“
    Jane konnte es nicht ertragen, sich die Einzelheiten anzuhören. Sie wollte nicht wissen, was sie planten. Langsam und so leise, wie sie konnte, entfernte sie sich von der Lichtung.
    Jedes Knacken eines Astes, jedes Rascheln von Blättern weckte in ihr die Vorstellung, dass sie verfolgt wurde. Als sie schließlich die Straßen der Stadt erreichte, zitterten ihre Hände.
    Sie musste von hier fort, musste ihre Schwester finden. Zur Hölle mit Titus‘ Vormundschaft – sie hätte sie nie anerkennen sollen. Er konnte Emily nicht wegsperren lassen, wenn Jane mit ihr verschwand.
    Sie konnten an Bord eines Schiffes gehen noch vor dem …
    Nein. Wenn sie ohne Erklärung verschwand, würde ihr Onkel ein Telegramm auf seinem Schreibtisch haben, bevor Jane überhaupt in Cambridge ankam. Er würde Emily nicht aus den Augen lassen.
    Manchmal fühlte es sich an, als sei es unmöglich, weiterzumachen. Sie hatte Oliver Marshall kennengelernt, dann war er gegangen. Sie hatte mit Genevieve und Geraldine Freundschaft geschlossen, aber sie war fortgeschickt worden, und die beiden waren nach London gereist. Nun fing sie gerade an, sich mit ein paar jungen Damen hier anzufreunden, aber sie wurde wieder herausgerissen … denn jetzt schwebte Emily in Gefahr.
    Freundschaft war eine Illusion. Sie hatte sich selbst genarrt. Sie blieb mit zitternden Händen auf der Straße stehen.
    Sie war allein, ganz allein.
    Nein . Der Gedanke kam wie ein warmes Flüstern. Das bist du nicht .
    Und er brachte Erinnerungen mit sich – an Olivers Hände, seine Augen. An die Hitze seines Mundes. Sie hatte in den vergangenen Monaten versucht, nicht an ihn zu denken – und war damit gescheitert. Aber es nützte ja nichts, hatte sie sich gesagt. Sie würde ihn nie wiedersehen. An ihn zu denken war eine Schwäche.
    Also warum verlieh ihr jetzt der Gedanke an ihn Kraft?
    Einen herrlichen Moment lang wurde ihr ganz leicht um Herz. Ihre kalten Finger kribbelten, als das Gefühl in sie zurückkehrte. Du bist nicht allein.
    Es waren nicht rationale Überlegungen, die sie zu der Straße brachten, in der sich ihre Bank befand. Es war ein warmer Quell der Sicherheit. Sie war nicht allein. Das musste sie nicht sein. Sie lächelte den Beamten hinter dem Schalter an, der sie gut kannte. Als sie die Summe aufschrieb, die sie ausgezahlt haben wollte, weiteten sich seine Augen erstaunt, aber er erhob keine Einwände. Er zählte einfach die Scheine.
    Vielleicht war es dumm. Sie brauchte ihn bestimmt nicht. Dennoch war ihr nächster Halt das Telegrafenamt. Es lag nicht weit von der Bank entfernt und teilte sich die Räumlichkeiten mit einer Konditorei. Da beide Geschäfte nicht so viele Kunden hatten, wurden sie von derselben dicken freundlichen Frau geführt.
    Sie brauchte ihn nicht wirklich. Aber sie wollte, oh, sie wollte so verzweifelt nicht glauben, dass sie allein war.
    Jane füllte das Formular aus und hing närrischen Träumen von Oliver Marshall nach, wie er auf einem weißen Streitross herangaloppiert kam – was das Pferd damit zu tun hatte, wusste sie selbst nicht – und mit ihr davonritt.
    Die Türglocke schellte, und die Tür öffnete sich. Dorling kam herein.
    Die Träume verschwanden wie geplatzte Seifenblasen. Ihre Hände wurden wieder kalt. Der Stift, den sie gehalten hatte, fiel zu Boden, ihre tauben Finger nicht länger in der Lage, ihn festzuhalten. Er sah sich suchend um, und als sein Blick auf sie fiel, lächelte er, als sei er überrascht sie zu sehen.
    Natürlich war er hergekommen. Er war gekommen, das Telegramm zu schicken, das sie fürchtete, das an ihren Onkel, in dem er ihm mitteilte, dass Jane geflohen sei und er auf Emily aufpassen müsse.
    „Miss Fairfield“, sagte er und stellte sich neben sie. „Was tun Sie denn hier?“
    Jane legte ihre Hand auf das Papier, das sie ausgefüllt hatte und schob mit ihrer Schuhspitze den Stift unter die Ladentheke.
    Er rieb sich die Koteletten. „Ich … äh … ich bin heute Morgen Ihrer Tante begegnet. Sie sagte, Sie seien nicht auffindbar.“
    Jane schaute George Dorling in die Augen. Sie stellte sich vor, dass er Oliver Marshall wäre. Das war die einzige Möglichkeit, ein Lächeln für ihn zustande zu bringen.
    „Ich brauchte ein paar Sachen“, erklärte sie obenhin. Sie wandte sich an die Frau vor sich. „Für zwei Schilling Pfefferminz,

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