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Die Erbin und ihr geliebter Verraeter

Die Erbin und ihr geliebter Verraeter

Titel: Die Erbin und ihr geliebter Verraeter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Courtney Milan
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hohen Preis.
    Dagegen stand das Bild von Jane. Ihr strahlendes brillantes Lächeln. Ihm war schlecht.
    Ich stehe in Flammen.
    Feuer vertrieb die Übelkeit. Oliver lächelte nicht. Er schaute Bradenton nicht in die Augen. Er zuckte nur die Achseln. „Neun Tage also. Wenn das die Zeit ist, die ich habe.“

    D ER NÄCHSTE M ORGEN zog wolkenverhangen auf. Oliver wachte mit der Erinnerung an den gestrigen Abend auf – wie ein Traum, verschwommen und substanzlos, wie etwas, was nicht wirklich geschehen sein konnte.
    Er setzte sich auf. Er befand sich in einem Gästezimmer im Haus seines Cousins. Er wartete darauf, dass sein Verstand sich klärte. Und statt sich in unmögliches Nichts aufzulösen, wie das bei Träumen so oft der Fall war, nahmen seine Erinnerungen Gestalt an, eine nach der anderen. Janes Lächeln. Ihr Kleid. Ihr Gesichtsausdruck, als sie gelächelt und gesagt hatte: Ich stehe in Flammen.
    Himmel. Was sollte er nur tun?
    Es klopfte an seine Tür. „Bist du fertig?“
    Das war sein Cousin. Gestern hatte er dummerweise zugestimmt, Sebastian auf seinem Morgenspaziergang zu begleiten. Oliver rieb sich die Augen und schaute aus dem Fenster. Es war noch früh, die Morgendämmerung brach gerade an und Nebelstreifen zogen wie graue Finger über die Felder. Aus dem Fenster nach hinten konnte er Dunst auf dem Fluss und den Wiesen dahinter sehen.
    „Beeil dich, Oliver“, rief Sebastian.
    „Es ist nicht fair“, erwiderte Oliver. „Warum ist ausgerechnet mein Cousin der einzige Lebemann, den ich kenne, der ein begeisterter Frühaufsteher ist?“
    Das Einzige, was er darauf als Antwort erhielt, war Sebastians Gelächter.
    Es dauerte eine halbe Stunde, bis er sich angezogen hatte und bereit zum Aufbruch war. Die Nebelschwaden lösten sich unter den Strahlen der hellen Morgensonne auf, und irgendwo zwitscherte ein Vogel. Aber die ersten paar Minuten des Spaziergangs war es zu kalt, um irgendetwas zu tun, als forsch auszuschreiten, sich die behandschuhten Hände zu reiben und zu warten, bis ihnen durch die Bewegung warm wurde. Sie überquerten den Fluss Cam und gingen hinter den Collegegebäuden bis aufs freie Feld, ehe Sebastian etwas sagte.
    „Wirst du mir endlich verraten, was du ausbrütest?“
    „Hier? Ich habe dir doch bereits erzählt, Bradenton …“
    „Vergiss Bradenton“, beschied ihm Sebastian. „Den konnte ich ohnehin nie leiden. Das ist nicht, was ich meine.“
    Oliver verzog verwirrt den Mund. „Ich weiß nicht, wovon du sprichst.“
    „Ich meine auch nicht deine Miss Fairfield.“ Sebastian seufzte. „Ich spreche von etwas wesentlich Wichtigerem. Das Wichtigste überhaupt, wenn man so will, das Zentrum des Universums, zur Hölle mit Kopernikus.“ Er lächelte breit. „Ich spreche von mir.“
    Oliver blickte Sebastian an. Seine Eltern hatten ihm von seinem biologischen Vater erzählt, als er noch ein Kind war. Sie hatten ihm seinen Halbbruder beschrieben, der in einem großartigen Haus mit einem mehr oder weniger unbrauchbaren Vater lebte. Oliver hatte alles über Robert gewusst.
    Von seinem Cousin Sebastian hatte er nichts gewusst, bis er zwölf Jahre alt war.
    Die ältere Schwester des Duke of Clermont hatte einen Industriellen geheiratet, in dem verzweifelten – und soweit Oliver es beurteilen konnte auch vergeblichen – Versuch, die Geldschränke der Familie zu füllen. Sebastian Malheur und sein älterer Bruder waren das Ergebnis dieser Ehe. Er war dunkelhaarig und sah gut aus, hatte für jeden ein Lächeln. Er war schon übermütig gewesen und zu Streichen aufgelegt, als sie zusammen in der Schule waren. Und irgendwie hatte sich das nie geändert.
    Diese charmante Art der Prahlerei war genau das, worin Sebastian am besten war. Oliver war sich nie sicher, was sein Cousin eigentlich glaubte, weil er so selten ernst war.
    Sebastian lächelte. „Du stellst mir dauernd Fragen mit offener Antwort wie ‚Wie geht es dir?‘ oder ‚Freut es dich wirklich zu hören …‘ Lauter Zeug zu meinen Gefühlen. Ich dachte daher, ich gebe dir die Gelegenheit, die Katze aus dem Sack zu lassen. Du benimmst dich, als müsste ich sterben. Warum tust du das?“
    Manche Dinge änderten sich nie, aber …
    Oliver seufzte. „Es sind deine Briefe. Da ich ohnehin hierher unterwegs war, hat Robert mich gebeten, nachzusehen, wie es dir geht.“
    „Meine Briefe.“ Sebastian schaute sich um, als erwarte er, dass jeden Moment ein griechischer Theaterchor erschiene und ihm eine Erklärung lieferte. „Was habe

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