Die Erbsünde
Rondebosch verloren.«
»Fährst du mit nach Hause?«
»Ja, danke. Ich muß aber noch duschen.«
»Dann beeil dich.«
Jungen in der grauen Schuluniform schlenderten in Grüppchen vorbei. Einige erkannten Deon und gafften neugierig herüber. Van der Riets alter Herr, der Herzchirurg. Er war allmählich daran gewöhnt, angestarrt zu werden. So sah er geradeaus nach vorn und dachte an die Trikuspidal-Reparatur. Welchen der Assistenzärzte sollte er nehmen? Er sah eine Armesündermiene vor sich, große, scheinbar ungeschickte Hände und eine schlecht geflickte Brille. Der junge Moolman machte sich in letzter Zeit. Man sollte ihn fördern.
Etienne kam zurück. Er trug wie die anderen die Schuluniform, Flanellhosen und Blazer. Zwei andere Jungen folgten ihm in respektvollem Abstand, den Sportsack über die Schulter gehängt.
»Dad, können wir Bob und David mitnehmen?« fragte Etienne. »Wir kommen sowieso bei ihnen zu Hause vorbei.«
»Sicher«, nickte Deon.
Die beiden kletterten mit einem schüchternen Gruß auf die Rücksitze. Etienne stieg vorn ein und wandte sich gleich nach hinten, um sich mit seinen Freunden unterhalten zu können. Als Deon den Wagen startete, nahm er mit leiser Wehmut den Geruch von jungen Körpern, Seife und dem säuerlichen Schweiß der Rugbykluft in den Sportsäcken wahr.
Er hörte mit halbem Ohr auf ihr Gespräch, das sich um den Match drehte, besonders aber um die gerechte Strafe, die sie einem Seitenstürmer der Gegenpartei für seine Rempelei hatten angedeihen lassen. Die Erwähnung eines Lehrers, den sie aus unerfindlichen Gründen ›Klicker‹ nannten, löst allgemeines Gelächter aus. Schließlich kamen die Mädchen der gestrigen Party zur Sprache, mit vagen Anspielungen und verstohlenen Seitenblicken zu Deon hin.
Deon überließ sich wieder seinen eigenen Gedanken. Wie konnte er künstlich eine Trikuspidalatresie in einem Tierherzen erzeugen?
Er brauchte gewisse Apparaturen für das Tierlabor. Ob Professor Snyman ihm half? Bestimmt nicht gern.
An mir liegt es nicht, wenn zwischen uns böses Blut ist, dachte Deon. Er wußte bis heute nicht, wann es angefangen hatte, aber die Geschichte mit dem Hund hatte sicher viel dazu beigetragen. Warum war der Alte aber auch so kleinlich und argwöhnisch? Ich habe es gar nicht darauf abgesehen, Chefchirurg zu werden, das weiß er doch sicher?!
Zugegeben, der alte Herr hatte sich nie offen in seine Angelegenheiten eingemischt. Aber er liebte es, hinter den Kulissen zu wirken und es Deon zu erschweren, seine Forschungen weiterzuführen. Erst neulich war ein Zuschuss, der seit Jahren der Abteilung für Herzchirurgie zugeflossen war, in eine andere Abteilung geleitet worden. Er setzte jetzt auf ein anderes Pferd. Und doch waren sie einmal gute Freunde gewesen, und Deon bewunderte Snyrnan als einen glänzenden Chirurgen mit einer schier unerschöpflichen Energie. Er hatte viel von ihm gelernt und mochte den Alten immer noch auf seine Art. Daher war es eine bittere Enttäuschung, als er erkennen mußte, daß Professor Tertius Snyman, Freund, Mentor und Meisterchirurg, auch ein kaltblütiger Opportunist sein konnte.
Es war in dem Jahr, als Deon Snymans Oberarzt war. Robby und er hatten die Vorteile der Kühlung im Zusammenhang mit der Herz-Lungen-Maschine bei Operationen am offenen Herzen untersucht. Sie hatten lange, ermüdende Stunden im Labor zugebracht, um auszuprobieren, wie die Kühlung auf den Stoffwechsel, die Nierenfunktion und die Blutgerinnung wirkte. Sie hatten Versuche mit verschiedenen Wärmeaustauschern gemacht, mit schnellem und langsamem Kühlen, Kreislaufunterbindung und -beschleunigung, beglückt, wenn ihre Ideen sich als durchführbar erwiesen, niedergeschlagen, wenn ihre Experimente misslangen, aber fest entschlossen, nicht aufzugeben.
Noch heute mußte Deon, wenn er Kaffee trank, an jene Monate denken, denn damals hatten sie eine Tasse nach der anderen hinuntergeschüttet, an ihrem geschrubbten Holztisch in dem winzigen Labor, wo eine nackte Birne über ihnen baumelte, wenn sie ihre Versuche ausknobelten.
Snyman hatte sie in allem unterstützt: Er hatte ihnen die erforderlichen Apparaturen zur Verfügung gestellt und der Universität Geld abgenötigt, wenn sie es brauchten; er hatte ihre Freude geteilt, wenn sie einen Schritt vorwärts getan hatten, sie angespornt, wenn sie in ihrer Begeisterung nachließen.
An einem dieser Abende hatten sie eine erfolgreiche Versuchsreihe abgeschlossen, die bewies, daß niedrige
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