Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Erbsünde

Titel: Die Erbsünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barnard Christiaan
Vom Netzwerk:
ein Auto und wohnte bei ihren Eltern, obwohl sie sich mit ihrer zweiten Stiefmutter nicht verstand, im Grunde wartete sie nur darauf, volljährig zu werden. Dann würde sie ein kleines Vermögen erben und konnte machen, was sie wollte.
    Deon war zeitig losgefahren, aber kurz nach dem Hex-River-Gebirge machte der Volkswagen schlapp. Er mußte mehr als eine Stunde in Laingsburg warten, wo der Schaden behoben wurde. Dann, am Rande von Beaufort West, hatte er eine Panne. Umringt von einer Horde farbiger Kinder, die ihm fasziniert zusahen, wechselte er in der brütenden Hitze schwitzend und fluchend den Reifen. Als er endlich die Kirche erreichte, war es drei Uhr vorbei, und die Hochzeitszeremonie hatte schon angefangen.
    Er drückte sich unauffällig in einen der hinteren Kirchenstühle. Wie gut, daß er Boet nicht versprochen hatte, Brautführer zu sein! Er würde sowieso die Feier früh verlassen müssen, denn sein Dienst begann am nächsten Morgen um sieben Uhr.
    Boet stand steif und ein wenig linkisch in seinem neuen, dunklen Anzug neben Liselle und lauschte mit unbeweglicher Miene den Worten des Pastors. Liselle wirkte klein und zerbrechlich neben ihrem bäurisch-robusten Bräutigam. Sicher würden die beiden auf ihre Art ganz glücklich miteinander sein, dachte Deon. Schließlich war Boet angehender Erbe einer der besten Farmen im Distrikt. Er war fleißig und hatte schon Pläne, die Wollproduktion zu erhöhen. Das allerdings kostete Geld, und es würde nicht leicht sein, Vater zu überzeugen. Und Liselle, na ja, die würde sich mit den Jahren einleben und Kinder kriegen, wenn sie auch zur Zeit noch den Mangel feiner Umgangsformen und kultureller Ereignisse auf dem Lande beklagte.
    Plötzlich kam er sich schmierig und irgendwie fehl am Platz vor. Das hier ist ihre Welt, und ich gehöre nicht mehr dazu, dachte er. Ich bin nur noch ein Eindringling. Traurig, aber wahr. Er hielt Ausschau nach seinem Vater. Da vorn saß er. Bei ihm ist es dasselbe, dachte er. Er ist immer noch mein Vater, und ich achte ihn wie kaum einen anderen. Ich weiß, daß er rechtschaffen und fest in seinen Überzeugungen ist. Aber zwischen uns besteht eine Kluft, die wir bei allem guten Willen nicht überbrücken können.
    In der Haltung seines Vaters war etwas, das ihm auffiel. Etwas war anders als früher. Johan Van der Riet, der sich sonst so aufrecht hielt, saß mit gebeugten Schultern in seinem Kirchenstuhl.
    Er wird alt, dachte Deon. Und mager ist er auch geworden.
    Deon wurde von einer tiefen Unruhe ergriffen. In Gedanken versunken, merkte er kaum, wie die Ringe getauscht wurden und der Pastor das Brautpaar und die Hochzeitsgäste zur Sakristei begleitete; er sah nicht die glücklich lächelnden Gesichter und nicht, wie Liselles Mutter sich eine Anstandsträne aus dem Augenwinkel wischte. Der Hochzeitsmarsch ertönte auf der Orgel, und die kleine Prozession der Hochzeitsgesellschaft trat wieder in den Kirchenraum. Boet und Liselle sahen ihn und winkten ihm lächelnd zu. Deon stand auf, um sich der kleinen Gruppe anzuschließen. Sein Vater kam lächelnd auf ihn zu und drückte ihm kräftig die Hand. Sein Gesicht war bleich und eingefallen; am Hals hatte er einen blauen Flecken. Deon versuchte, ihn objektiv zu betrachten, um sich ein sachliches Urteil über seinen Zustand bilden zu können, aber Angst und Bestürzung wuchsen in ihm. Er wußte: Hier stimmt etwas nicht – Vater ist schwer krank.
    Der Empfang fand im Hotel statt. Es gab sogar Champagner zum Anstoßen, denn der Pastor war ein liberaler Mann. Er selbst hielt sich allerdings an Sodawasser.
    Endlich waren alle Reden gehalten, und die Gäste gingen zwischen den Tischen umher und füllten ihre Teller. Sein Vater hatte sich auf einem Stuhl niedergelassen, und Deon setzte sich neben ihn. »Wie geht es dir, Vater?« fragte er ihn eindringlich.
    »Sehr gut, mein Junge, sehr gut. Das ist ein großer Tag, für uns alle. Schön, daß du kommen konntest!« Und ein wenig vorwurfsvoll fügte er hinzu: »Wenn auch sehr spät.«
    »Das Auto war kaputt«, erklärte Deon kurz. »Aber sag doch, wie geht es dir wirklich?«
    Sein Vater sah ihn mit dem ihm eigenen ironisch belustigten Blick an. »Wieso?«
    »Du gefällst mir nicht!«
    »Wir werden alle nicht jünger.«
    »Warst du beim Arzt?«
    »Arzt? Nee!«
    Da war wieder ein Funke des alten Kampfgeistes. (Auch das, dachte Deon. Ein weiteres Symptom: Er war zahmer geworden.)
    »Diesen neuen jungen Ärzten würd' ich nicht mal zutrauen, daß sie

Weitere Kostenlose Bücher