Die Erde
knallte die Tür zu.
Aber am nächsten Tag war Geierkopf wieder nett, verträglich und witzig. In der Nacht hatte sich der Himmel überzogen; seit zwölf Stunden fiel ein feiner, lauer, durchdringender Regen, einer jener Sommerregen, die die Flur neu beleben; und er hatte das Fenster geöffnet, das zur Ebene hinausging, und seit dem Morgengrauen stand er dort, hatte die Hände in den Taschen und schaute freudestrahlend auf dieses Wasser und sagte immer wieder:
»Jetzt leben wir wie die Städter, wo der liebe Gott für uns arbeitet ... Ah! Himmeldonnerwetter! Solche mit Faulenzen verbrachte Tage sind mehr wert als Tage, an denen man sich nutzlos abschindet.«
Langsam, leise, unaufhörlich rieselte immer noch der Regen; und Geierkopf hörte, wie die Beauce trank, diese Beauce, die keine Flüsse und keine Quellen hatte und so durstig war. Das war ein großes Rauschen, das wohlige Gurgeln eines weltengroßen Schlundes. Alles sog, durchtränkte sich, alles grünte wieder im Landregen. Das Getreide bekam wieder die Gesundheit der Jugend, stand fest und gerade und hielt die Ähren hoch, die bald riesenhaft anschwollen und schier barsten vor Mehl. Und wie die Erde, wie das Getreide trank er mit allen seinen Poren, war entspannt, erfrischt, geheilt und pflanzte sich wieder vor dem Fenster auf, um zu rufen:
»Los, los doch! – Es regnet Hundertsousstücke.« Plötzlich hörte er, wie jemand die Tür öffnete, er drehte sich um und erkannte zu seiner Überraschung den alten Fouan. »Sieh mal an, der Vater! – Ihr kommt wohl von der Froschjagd?«
Nachdem sich der Alte mit seinem großen blauen Regenschirm herumgeschlagen hatte, trat er ein und ließ seine Holzschuhe auf der Schwelle.
»Eine tüchtige Dusche«, sagte er lediglich. »War nötig.«
Seitdem vor einem Jahr die Teilung endgültig vollzogen, unterschrieben und registriert worden war, hatte der Alte keine andere Beschäftigung mehr, als seine früheren Ackerschläge zu besuchen. Man traf ihn immer, wie er um sie herumstrich, an ihnen Anteil nahm, traurig oder froh war, je nachdem wie die Ernte stand, und wie er auf seine Kinder schimpfte, weil das nicht mehr so wie früher war; wenn nichts gut gehe, sei das ihre Schuld. Dieser Regen stimmte auch ihn wieder heiter.
»Na also«, fing Geierkopf wieder an. »Ihr kommt so im Vorübergehen mal reinschauen?«
Françoise, die bis dahin stumm gewesen war, trat vor und sagte mit deutlicher Stimme:
»Nein, ich habe den Onkel gebeten, daß er kommen soll.«
Lise, die am Tisch stand und Erbsen auspulte, ließ von ihrer Arbeit ab und wartete mit herabhängenden Armen und plötzlich hartem Gesicht.
Geierkopf hatte zuerst die Fäuste geballt, setzte jedoch wieder seine lächelnde Miene auf und war fest entschlossen, nicht böse zu werden.
»Ja«, erklärte der Alte langsam, »die Kleine hat gestern mit mir gesprochen ... Ihr seht, daß ich recht hatte, als ich wollte, daß die Dinge sofort geregelt werden. Jedem sein Teil, deswegen verzankt man sich nicht; im Gegenteil, das verhindert Streitereien ... Und jetzt müssen wir mit diesem Zustand Schluß machen. Es ist ihr Recht, daß festgesetzt wird, was ihr zusteht, nicht wahr? Ich würde mich strafbar machen ... Da wollen wir also einen Tag bestimmen, und wir alle gehen zusammen zu Herrn Baillehache.«
Aber Lise konnte nicht länger an sich halten.
»Warum schickt sie uns nicht die Gendarmen? Man möchte meinen, man bestiehlt sie, du meine Güte! – Erzähle ich denn draußen herum, daß sie ein Dreckfink ist, mit dem man nichts anzufangen weiß?«
Françoise wollte im selben Tone antworten; da packte Geierkopf sie wie zum Scherz von hinten und rief:
»Sind das aber Dummheiten! – Man zankt sich, aber man hat sich trotzdem gern, nicht wahr? Na, das wäre ja noch schöner, wenn sich Schwestern nicht vertragen würden!«
Das Mädchen hatte sich mit einem Ruck frei gemacht, und der Streit wollte gleich wieder weitergehen, da rief Geierkopf voller Freude, als er sah, daß die Tür wiederum aufging: »Jean! – Du bist ja pitschnaß! Wie ein Pudel.«
Jean war tatsächlich vom Gehöft im Laufschritt herübergekommen, wie er das oft zu tun pflegte, er hatte sich nur einen Sack um die Schultern geworfen, um sich etwas zu schützen, und er war durchnäßt, triefte, dampfte und lachte selber gutmütig darüber. Während er sich abschüttelte, war Geierkopf wieder ans Fenster zurückgekehrt und strahlte immer mehr angesichts des hartnäckigen Regens.
»Oh, das gießt, das
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