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Die Erdfresserin

Die Erdfresserin

Titel: Die Erdfresserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julya Rabinowich
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Lachen, das Gläserklirren.
    Was für eine Reinheit, denke ich.
    Später kehre ich gnädig zurück, huldvoll und ruhig, kehre schweigend die Scherben um sein Bett zusammen, wische die Speisereste weg, die Kaffeelachen am Boden, Leo begleitet das gut eingespielte Ritual mit dem ebenso rituellen Gewinsel seiner Entschuldigungen, bis ich fertig bin, gehen sich einige Runden aus. Später setze ich mich zu ihm ans Bett und lege ihm ein feuchtes Tuch auf die Stirn und halte seine Hand, bis er aufhört zu weinen, bis er anfängt, mich belohnen zu wollen, mit eigenartigen Ideen und unbrauchbaren kleinen Dingen, die ich ablehnen werde.
    »Ich will Eis«, greint Leo, »geh bitte einkaufen.«
    »Im Eisfach liegt Vanilleeis«, antworte ich unwillig, ich will das Haus noch nicht verlassen, jetzt, wo die Straßen noch glühen.
    »Ich will kein Vanilleeis, ich will was Besonderes, für dich.«
    »Ich brauche nichts Besonderes.«
    »Ich will, dass wir ein gutes Eis essen. Zusammen.«
    »Wenn du mir wirklich eine Freude machen willst, lass mich Rosen holen.«
    »Die verblühen doch eh gleich. Ich will, dass wir zusammen Eis essen!«
    »Ich hol später gutes Eis«, wimmle ich ihn ab.
    »Du weißt doch gar nicht, wo.«
    »Der Italiener an der Ecke.«
    »Nein, Diana, geh zum Eissalon am Schwedenplatz, geh in die Innenstadt.«
    »Das dauert viel zu lang, Leo.«
    »Das ist das beste, das feinste, sagt man. Ich beschreib dir den Weg.«
    Ich seufze. Ich kann mich noch an den überfüllten Eissalon in der Nähe des Donaukanals erinnern. Wir waren schon einmal dort, als Leo noch abends flanieren konnte, eine Runde um den Stephansdom, einmal die Kärtner Straße entlang, das ging vor ein paar Monaten noch.
    Alle zehn Minuten rasteten wir auf den Metallbänken, die überall im ersten Bezirk aufgestellt sind, dadurch zogen sich diese Spaziergänge, ins unerträglich Langsame, ins erstickend Langweilige für mich, während diese Abende für Leo ein wildes Abenteuer darstellten, gierig betrachtete er die Menschen, die uns umgaben, hörte den Gesprächsfetzen zu, die an uns vorbeigetragen wurden, glotzte am Stephansplatz im Schatten des riesigen Steindomes die küssenden Pärchen an, bis es mir unangenehm war, als könnte er auch ihnen ein wenig Lebenskraft entziehen, indem er sie in seinen starren schamlosen Blick schraubte. Er soll bekommen, was er will.
    »Ich komme in vier Stunden«, sage ich, ziehe das weiße Sommerkleid seiner Frau über meine Brust, die Hüften hinunter, streiche den Saum um die Knie glatt. Es ist zu weit. Ich mag das. Nehme sein Handy und trage es in die Küche. Schlüpfe in meine abgetragenen Sandalen, die neben dem Bett stehen. Schultere die große Stofftasche, die Leo mir geschenkt hat. Vielleicht werde ich mir auf dem Weg zurück meine Rosen leisten.
    »Bitte nicht«, flüstert er.
    »Bis dann«, sage ich, nehme seine Geldbörse und schließe die Tür leise und vorsichtig hinter mir.
    Im Bus sind die Menschen noch dichter aneinandergedrängt als sonst, es wirft uns in jeder Kurve Haut an Haut und Schweiß an Schweiß, wir sind geölt, wir sind intensiv riechend, nach Mensch oder Deo oder unpassend frischem Parfüm. Ich wundere mich, was all die anderen Körper aus dem Haus getrieben hat oder aus dem Büro. Es ist früher Nachmittag, und der Bus ist so voll wie noch nie. Ob wohl viele einen launischen Leo zu Hause liegen haben, denke ich mir, und dann noch: Ich war so lange nicht mehr auf Wanderschaft, dass diese stetige sinnlose Vor- und Rückwärtsbewegung meines Lebens fast verblasst ist. So lange nicht mehr unter freiem Himmel geschlafen, im Regen Schutz unter Bäumen, Scheunen und Dachvorsprüngen gesucht. So lange nicht mehr in fremden Autos gesessen. In fremden Wohnungen. Fast unwirklich scheint es, dieses tägliche Nachhausekommen, anders, als das Nachhausekommen in meines Vaters Haus, aber auch tröstlich.
    Der Bus nähert sich der Endstation, ich kann die Staatsoper erkennen, auf der gegenüberliegenden Seite, und dazwischen menschengefüllte Straßen, die ins Innerste der Innenstadt führen, an den Prunkgeschäften vorbei, den glänzenden riesigen Glasflächen, die Exklusivität vorgaukeln nur durch ihre exklusive Lage, denn die Ware ist Massenproduktion und wird den Massen nicht passen. An Millionen Frauenschultern kantig wegstehen, an Milliarden Schenkeln spannen und Falten werfen, deren Besitzerinnen sich trotz allem exklusiv fühlen werden, und im Leben geht es doch ums Gefühl, sagt man hier.
    Bei uns

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