Die Erfinder Des Todes
und sich dann verabredet.
Beim ersten Rendezvous wie auch bei jedem weiteren trug Richards ein Mikrofon, das die Unterhaltung über Funk zu einem Überwachungswagen übertrug, von dem aus man das Paar diskret, aber genau im Auge behielt.
Richards hatte ihre Rolle gut gespielt und einen Ton angeschlagen, der die Balance zwischen fahriger Nervosität und bemühter Freundlichkeit hielt. Sie waren Kaffeetrinken gegangen, dann hatte Blake einen kurzen Spaziergang durch den Park vorgeschlagen, bevor sie sich trennten. Unterwegs zeigte er ihr Plätze, die sie ohne Gefahr allein aufsuchen konnte, und solche, die sie meiden sollte. Er schien die Stellen genau zu kennen, die gut einzusehen und beleuchtet waren, und andere, die finster und teilweise hinter Gebüsch verborgen waren und sich jemandem mit zweifelhaften Absichten als Verstecke anboten. Fiona hielt diese Analyse nicht für die eines durchschnittlichen Spaziergängers. Nur wer den Park für andere Zwecke nutzte, als dort frische Luft zu schnappen und sich Bewegung zu verschaffen, betrachtete seine Umgebung wie Francis Blake – ähnlich demjenigen, der einmal fast in einem brennenden Haus umgekommen wäre und für sein restliches Leben ein übertriebenes Interesse an Notausgängen hat. Blake sah seine Welt wie einer, der auf Beutejagd geht, nicht wie ein Opfer.
Allerdings machte ihn das noch nicht zum Mörder. Möglich, dass er andere überfiel oder ein Voyeur, ein Exhibitionist oder ein Vergewaltiger war und dadurch ähnlich reagierte. Aber Horsforth war überzeugt, Blake sei ein Mörder, und hatte dessen Benehmen entsprechend interpretiert. Das ergab sich klar aus den Notizen des Psychologen zu dem Treffen. Die Unterhaltung war harmlos gewesen, aber Horsforth hatte in ihr gesehen, was er sehen wollte.
Diese Erkenntnis deprimierte Fiona tief. Jede objektive Analyse des Materials war schon jetzt gefährdet, weil Horsforths verfrühte Interpretation der Bedeutung von Blakes Handlungen den darauf folgenden Ablauf bestimmt hatte.
Die Verabredungen wurden fortgesetzt, etwa zwei- oder dreimal die Woche. Beim vierten Treffen sprach Richards im Zusammenhang mit den schrecklichen Dingen, die Frauen in der Stadt passieren konnten, auch über den Mord an Susan Blanchard. Blake hatte sofort gesagt: »Ich war an dem Tag dort.
Im Park von Hampstead Heath. Ich muss fast genau zur gleichen Zeit da vorbeigekommen sein, als sie vergewaltigt und ermordet wurde.«
Richards hatte so getan, als sei sie schockiert. »Mein Gott! Das muss ja schrecklich gewesen sein.«
»Ich habe damals gar nichts davon gemerkt. Na ja, natürlich nicht, sonst hätte ich ja Alarm geschlagen. Aber ich denke trotzdem oft, wenn ich an dem Tag eine andere Richtung eingeschlagen hätte, wenn ich über den Hang hinter dem Gebüsch gegangen wäre statt auf dem Weg, wäre ich über den Killer gestolpert«, sagte er angeberisch.
Es war ein bedeutungsvolles Gespräch, das wusste Fiona. Aber wiederum konnte man auch einen anderen Schluss als Horsforth ziehen. Es bedeutete in seinen Augen, dass Blake ein Mörder war, der unbedingt über seine Tat sprechen wollte, ganz egal, wie indirekt. Fiona sah darin etwas ganz anderes. Sie machte eine Notiz auf ihrem Block und las weiter.
Gegen Ende der dritten Woche lenkte Blake das Gespräch auf Sex. Es sei an der Zeit, so deutete er an, dass ihre Beziehung in die nächste Phase eintrete und über Spaziergänge, Kino- und Restaurantbesuche hinausgehe. Richards machte einen leichten Rückzieher, wie ihr befohlen worden war, und sagte, sie wolle erst sicher sein, dass sie zueinander passten, bevor sie den endgültigen Schritt täte, mit ihm zu schlafen. Dies war die geplante Richtung, die zu Gesprächen über sexuelle Phantasien führen sollte. Fiona musste zugeben, dass dies ein taktisch kluger Schritt Horsforths war, obwohl sie die Sache vielleicht weniger direkt angegangen wäre. Aber sie war schließlich keine Praktikerin. In solchen Dingen musste sie eingestehen, dass ihr Instinkt sie wahrscheinlich nicht allzu präzise leiten würde.
Jetzt war Richards an der Reihe, das Gespräch forciert in die ge-wünschte Richtung zu lenken. Und sie verlor keine Zeit. Sie sagte, sie sei zwar nicht unerfahren, was Sex betreffe, aber sie habe sich mit den Männern, mit denen sie bis jetzt geschlafen hatte, ziemlich bald gelangweilt. »Sie sind einfach so berechenbar, so konventionell«, beklagte sie sich. »Ich will sicher sein, dass der nächste Mann, mit dem ich etwas anfange,
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