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Die Erfindung des Jazz im Donbass

Die Erfindung des Jazz im Donbass

Titel: Die Erfindung des Jazz im Donbass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serhij Zhadan
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ihm wirklich souverän und gescheit wirkte, der musste niemandem etwas beweisen, der kam nur, um sich das zu holen, was ihm sowieso schon gehörte. Lässig stellte der Graue den Aktenkoffer auf die Motorhaube neben den Versehrten, nahm den Koffer jedoch, nachdem ihn Schuras kalter hasserfüllter Blick getroffen hatte, wortlos wieder weg und drückte ihn Nikolaitsch in die Hände. Der versteckte sich hinter dem Rücken des Grauen und folgte dem Verlauf der Geschäftsverhandlungen.
    Der Graue sprach als Erster. Nachdem er schnell entschieden hatte, das Gespräch nicht mit dem Clown im gestutzten Soldatenmantel, sondern mit dem seriös und finster wirkenden Versehrten zu führen, ließ der Graue mich und Ernst links liegen und kam nüchtern zur Sache, wobei er mit seinem ganzen Habitus zeigte, dass alles schon entschieden war und er hier mit uns nur noch der Form halber verhandelte, wobei dieses Gespräch im Prinzip überflüssig war wie ein Kropf, was wir eigentlich selber wissen sollten.
    – Also, was haben wir hier, – sagte er, als nehme er ein früheres Gespräch wieder auf. – Hier ist die Verordnung, hier ist der Beschluss der Staatsanwaltschaft. Und hier ist der Auszug aus dem Dekret des Stadtrats, – das alles nahm ihm der Versehrte aus der Hand, warf aber keinen Blick in die Unterlagen. – Der Transporter kommt morgen, wir können Ihnen beim Einladen helfen, sagen Sie einfach, wann es am besten passt.
    – Es passt uns überhaupt nicht, – antwortete ihm der Versehrte. – Es wird keinen Transporter geben.
    – Wieso denn? – für einen Augenblick wirkte der Graue verdutzt, dann fuhr er mit unverhohlener Schadenfreude fort. – Der Transporter kommt. Ich hab es schon ausgemacht.
    – Mit wem? – fragte Schura kalt zurück.
    – Mit dem Fahrer, – antwortete genauso kalt der Graue.
    – Und mit uns? – wollte Schura wissen.
    – Was ist mit euch? – Der Graue tat so, als ob er ihn nicht verstanden hätte.
    – Habt ihr das auch mit uns abgemacht? – Schura verbarg seine Skepsis nicht.
    – Etwa nicht? – fragte der Graue nun ebenfalls in skeptischem Ton.
    – Nein, – versicherte ihn der Versehrte. – Mit uns hat keiner was abgemacht. Der Transporter kann also zu Hause bleiben.
    – Und was ist mit dem Auszug aus dem Dekret des Stadtrats?
    – Wir scheißen auf den Stadtrat, – erklärte Schura. – Und auf seine Dekrete, – betonte er.
    – Wirklich? – Der Graue geriet ins Schwimmen.
    – Wirklich, – versicherte ihm Schura noch einmal.
    – Sascha, – schaltete sich, mit dem Aktenkoffer zwischen den Zähnen, Nikolaitsch ein, – was redest du für einen Stuss?
    – Halt die Klappe, – sagte ihm der Graue knapp und wandte sich wieder dem Versehrten zu. – Hören Sie, Sie sind doch ein erfahrener Mann und sollten verstehen – wenn Sie morgen unseren Transporter nicht hereinlassen, dann kommen wir mit Bulldozern wieder, und Sie müssen selbst packen. Verstehen Sie das? Wir haben alle notwendigen Dokumente in der Hand.
    – Hören Sie mal, – Schura sprach leise und vertrauensvoll. – Sie sind auch ein erfahrener Mann. Sie wissen doch alles über diese Dokumente. Das ist Banditentum.
    – Was soll denn das heißen, Sascha! – kreischte Nikolaitsch hinter dem Rücken des Grauen und hätte dabei beinahe den Aktenkoffer aus den Zähnen gelassen. – Was heißt denn, verdammt noch mal, Banditentum!
    Der Graue überhörte Nikolaitschs Einwurf, wartete einen Moment und fragte dann mit metallischer Stimme:
    – Also, Sie weigern sich, das Gelände zu räumen?
    – Klaro, – bestätigte Schura und setzte sich auf der Motorhaube bequem zurecht.
    – Also gut, – sagte der Graue irgendwie bösartig und wandte sich zu Nikolaitsch. – Nikolaitsch, ruf Marlen Wladlenowitsch an. Das hier muss gelöst werden.
    Plötzlich wurde Nikolaitsch ganz schlaff, ließ den Aktenkoffer los, stellte ihn vor sich auf den Asphalt und senkte den Blick.
    – Hey, – wiederholte der Graue. – Hörst du mich?
    – Jawohl, – brachte Nikolaitsch endlich heraus, der Todesangst auszustehen hatte, aber wohl durch einen fürchterlichen Eid der Jungpioniere gebunden war.
    – Dann ruf an, – befahl ihm mit Druck in der Stimme der Graue.
    – Nein, – antwortete leise Nikolaitsch, schweißgebadet.
    – Was soll das? – Angespannt ließ der Graue Feuer und Eisen in seine Stimme fließen.
    – Ich darf nicht, – flüsterte Nikolaitsch. – Ich kann nur Anfrufe von ihm empfangen.
    – Was? – explodierte der

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