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Die Erfindung des Jazz im Donbass

Die Erfindung des Jazz im Donbass

Titel: Die Erfindung des Jazz im Donbass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serhij Zhadan
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Der Volkswagen rollte an die Zapfsäulen heran und hielt. Lolik und Bolik krochen, sich misstrauisch umblickend, aus dem Auto und streckten die Beine nach der langen Fahrt. Sie machten keine Anstalten, mich zu umarmen, schauten mich vielmehr aufmerksam an, vielleicht warteten sie darauf, dass ich etwas sagen würde. Bolik wischte sich mit einem grauen Taschentuch den Schweiß ab, Lolik schob sich angespannt die Brille zurecht.
    – Hi, – sagte ich. – Gut, dass ihr kommt.
    – Grüß dich, Hermann, – sagte Bolik angespannt.
    – Hi, – fügte Lolik hinzu und verbarg seine Augen.
    – Hermann, – begann Bolik, – lass uns reden.
    – Schieß los, – stimmte ich zu.
    – Unter uns, – Bolik zeigte mit dem Kopf auf Kotscha.
    – Der versteht sowieso nichts, – beruhigte ich sie. – Er ist Georgier.
    – Ach so, – Bolik wurde noch nervöser. – Sag mal, Harry, wie geht’s dir hier?
    – Beschissen, – antwortete ich.
    – Beschissen? – fragte Bolik zurück.
    – Mhm. Beschissen. Den Tanklaster haben sie mir abgefackelt. Den Hund aufgehängt.
    – Du hast einen Hund? – staunte Lolik.
    – Nicht mehr, – antwortete ich. – Wir haben ihn begraben. Mit Kotscha, – ich nickte in Richtung des Alten. Der nickte zurück.
    – Hermann, – Bolik rang nach Worten, Kotscha irritierte ihn offensichtlich. – Kurz gesagt, wir sind gekommen, um dich abzuholen. Es gibt einen Haufen Arbeit. Und überhaupt.
    – Freunde, – antwortete ich nach kurzem Überlegen. – Ihr seid natürlich Freunde und so. Aber ich komme nicht mit.
    – Wie – du kommst nicht mit? – fragte Bolik.
    – Ich komme nicht mit.
    – Und die Arbeit? – fragte Bolik.
    – Du kannst davon ausgehen, dass ich gekündigt habe.
    – Hermann, – regte sich Bolik noch mehr auf. – Wozu brauchst du das? Lass uns heimfahren. Das Business hier ist nichts für dich.
    – Man hat mir den Tanklaster abgefackelt. Und den Hund aufgehängt. Das ist überhaupt kein Business.
    – Hör doch, Hermann, – sagte Bolik hitzig. – So was tut man nicht. Du lässt uns hängen.
    – Habt ihr das Geld mitgebracht? – unterbrach ich ihn.
    – Was? – fragte Bolik konfus.
    – Ich frage – habt ihr das Geld mitgebracht? Ljoscha, warum sagst du nichts?
    – Hermann, – fing Bolik wieder an, – mit dem Geld, das ist nicht so einfach.
    – Mhm, Hermann, – fügte Lolik hinzu, – wir wollten es dir sagen.
    – Ich versteh nur Bahnhof.
    – Kurz gesagt, – fuhrt Bolik fort, – wir haben uns dein Geld ausgeliehen, wir mussten kurzfristig Rechnungen bezahlen und wir sind blank, Harry. Da haben wir dein Geld genommen. Du musst also so oder so mitkommen. Das Geld kriegst du zurück.
    – Genau, Harry, du kriegst es zurück, – echote Lolik.
    – Wie – ihr habt mein Geld verpulvert?
    – Hermann, du kriegst es zurück, – kreischte Bolik irgendwie beleidigt.
    – Harry, – fiel Lolik ein.
    – Hauptsache, du kommst mit uns zurück! – wiederholte Bolik.
    – Ich habe doch gesagt, dass ich hierbleibe.
    – Ohne dich fahren wir nicht weg, – erklärte Bolik pathetisch.
    – Also gut, ihr Scheißkerle, – erhob plötzlich Kotscha seine Stimme. – Ihr habt gehört, was der Boss gesagt hat: haut ab! – Kotscha holte aus seiner Anzugtasche einen angeschärften Schraubenzieher und begann sich damit beiläufig die schmutzigen Nägel zu säubern. – Ich an eurer Stelle würde das machen.
     
    Das Wort »Boss« wirkte niederschmetternd auf Bolik. Er konnte die Augen nicht vom Schraubenzieher abwenden, schließlich drehte er sich schweigend um und ging zum Auto. Lolik aber blieb. Schwieg eine Weile, dann begann er zu sprechen.
    – Hermann, – sagte er, – du kriegst von mir alles zurück. Mach dir keine Sorgen.
    – Gut, – sagte ich, – abgemacht.
    – Ehrlich, glaub mir.
    – Ist schon okay.
    – Vielleicht kommst du trotzdem mit? – fragte er hoffnungsvoll.
    – Nicht doch, ich fahre nirgendwohin. Ich bin, wo ich hingehöre. Da, nimm, – ich zog den Player aus der Tasche. – Zur Erinnerung.
    – Was soll das? – staunte Lolik. – Und du?
    – Ich hab schon alles gehört, was ich hören wollte, – antwortete ich. Nimm. Hör die Musik, die du magst. Und verleih deine Ohrhörer nicht. Schluss, macht, dass ihr wegkommt.
    Lolik drückte mir fest die Hand und ging zum Auto.
    – Ljoscha, – rief ich.
    – Was? – fragte er zurückblickend.
    – Hast du eine Flatrate?
    – Klar.
    – Lass mich mal telefonieren.
    Lolik kam zurück und reichte mir das

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