Die Erfuellung
ihren Griff um Lindas Arm zu lockern, wandte sich Mrs Batley an ihren Sohn, der nun mit einem Karton voller Lebensmittel auf die Tür zusteuerte.
»Was ist los? Was ist passiert?«
»Das hat Miss Metcalfe dir doch schon gesagt«, erwiderte er, ohne seinen Schritt zu verlangsamen. »Sie will weg. Versuch nicht, sie aufzuhalten. Ich will, dass sie geht, und sie will es auch.«
Mrs Batley sah Linda an und löste langsam ihren Griff.
Linda durchquerte im Laufschritt die Halle, lief die Treppe hinauf in ihr Zimmer und ließ sich auf das Bett sinken. Sie rieb sich den schmerzenden Arm. Was für ein primitiver Rohling! Wenn sie gewusst hätte, wie sie ihr Gepäck nach Surfpoint Bay befördern sollte, wäre sie nicht einen Augenblick länger geblieben. Für einen Augenblick vergrub sie ihr Gesicht in den Kissen, sprang aber gleich wieder auf und ging ans Fenster. Auf keinen Fall würde sie weinen. Wegen dieses Grobians würde sie nicht eine Träne vergießen.
Rechts von ihr lag der Wirtschaftshof. Von dort näherte sich Shane dem Haus, mit Michael dicht auf den Fersen. Eilig wandte sie den Blick ab, denn sie wollte sich nicht erweichen lassen. Wenn sie nach links sah, konnte sie hinter dem offenen Gelände die Steilküste und den letzten Zipfel der Bucht mit den gefährlichen Felsen erkennen, die aus dem Wasser ragten. Nicht, dass es sie noch interessiert hätte. Im Sommer würde sie nicht mehr da sein, und dafür war sie dankbar.
In der Halle wurden Stimmen laut, aus denen sie die von Shane heraushörte. Würde der alte Mann glauben, dass sie mit Rouse Cadwell gegessen hatte? Nun, es spielte keine Rolle, ihr war es egal. Die Stimmen verstummten, und Linda stand immer noch am Fenster. Dann fragte sie sich verärgert, warum sie herumstand, anstatt zu packen, wandte sich ab und ging zum Schrank, um ihre Kleidung herauszunehmen.
Etwa eine Stunde später – ihre Koffer waren bereits gepackt – klopfte es an der Tür. Sie fuhr herum. »Herein.«
Unsicher wie eine Fremde in ihrem eigenen Haus trat Mrs Batley ein und schloss leise hinter sich die Tür. Sie sah nicht Linda an, sondern das Gepäck am Fußende des Bettes. Dann ging sie langsam auf Linda zu. »Es tut mir sehr Leid«, sagte sie, und ihre Stimme war ebenso traurig wie ihr Gesicht.
Linda, die ihren Blick nicht ertragen konnte, wandte den Kopf ab, bis Mrs Batley das Wort an sie richtete.
»Ich möchte Sie etwas fragen. Ihre Antwort wird nichts ändern, aber ich weiß, dass Sie mich nicht anlügen werden. Waren Sie wirklich mit Rouse Cadwell essen?«
Nun sah Linda ihr direkt ins Gesicht. »Ist doch egal, was ich sage«, erwiderte sie bitter. »Sie werden ohnehin Ihrem Sohn glauben, das ist nur natürlich.«
»Das werde ich nicht.«
Ein lastendes Schweigen senkte sich über sie. Dann setzte sich Linda mit einem tiefen Seufzer erneut auf das Bett und schloss für einen Augenblick müde die Augen. »Es war so, Mrs Batley«, begann sie und schilderte in allen Einzelheiten, wie es zu der Begegnung mit Rouse Cadwell gekommen. Sie fing damit an, wie er ihr am Abend ihrer Ankunft die Taschenlampe geliehen hatte, berichtete dann von den Worten, die er ihr von seinem Pferd aus zugeflüstert hatte, und endete schließlich mit den Ereignissen in der Stadt.
Als sie fertig war, sah Mrs Batley einen Augenblick lang auf sie herab, streckte dann die Hand aus und tätschelte ihr den Arm. »Ich bin froh, dass ich mich nicht in Ihnen getäuscht habe«, sagte sie leise. »Aber die Dinge lassen sich nicht ungeschehen machen. Sie wollen fort, und das tut mir wirklich sehr Leid.« Ihre Hand glitt über Lindas Arm und ihre rauen, geschundenen Finger drückten Lindas Hand. »Ich hatte Sie ins Herz geschlossen, Mädchen«, endete sie. Fast wäre Linda weich geworden.
Aber Mrs Batley ging schon zur Tür. »Er ist draußen unterwegs«, sagte sie leise, bevor sie das Zimmer verließ, und ohne sich umzuwenden. »Es wird eine Weile dauern, bis er zurückkommt. Bitte essen Sie einen Happen mit uns.«
»Nein, danke.«
»Bitte.« Mrs Batley wandte Linda immer noch den Rücken zu, aber beim Anblick ihrer hängenden Schultern war es um Linda geschehen.
»Also gut«, gab sie nach.
Als sie einige Minuten später die Treppe herunterkam und unter sich den großen Raum sah, auf dem der Tisch wie üblich für den Nachmittagstee gedeckt war und das Feuer im Kamin prasselte, fühlte sie eine Welle des Bedauerns in sich aufsteigen, weil dies ihr letzter Tag in diesem Haus sein sollte. Ihr ganzes
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