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Die Ernte

Die Ernte

Titel: Die Ernte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
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Blevins geworden war. Bills große Faust verschwand gerade in Amandas gierigem Schlund. Der Mund des Predigers war nur Zentimeter von Bills Mund entfernt, aber Bill riss seinen Unterarm in die Höhe und konnte den Angriff gerade noch abwehren.
    Der Prediger wendete sich seiner eigenen Tochter zu und sein unmögliches Grinsen wurde breiter und fauliger. Aus seinen melonenfarbigen Kiefern tropfte modriger Schlick. Dann wurde Netties Aufmerksamkeit durch einen orangen Schmerz entzweigerissen, der durch ihr Bein schoss. Eine der Kreaturen hatte ihre schrecklichen Kiefer um ihren Knöchel geklammert und saugte an ihrem Schweiß, Salz und ihren Hautzellen.
    Dann bedeckte Ann Painters Gesicht das ihre und sie spürte die teuflische Kohlenhitze und die scharfe Artischockenluft aus ihrem Mund und das tiefe geheime Zellulosegestrüpp und die Säure aus Zitterpappel und Esche, als die gerbstoffhaltigen Gewölbe und Krypten sich öffneten und sie wurde und sie wurde und sie wurde befreit und fand sich in Bills Armen wieder und er schob sie in das Pfarrhaus und zog gleichzeitig die vor Schreck erstarrte Sarah an ihrem Pyjamaärmel aus der Reichweite ihres krätzigen Vaters.
    Bill schlug die Tür mit einem Fußtritt zu und der Arm eines der Dämonen wurde zwischen der Tür und dem Türpfosten mit einem fetten, klebrigen Geräusch eingeklemmt. Bill ließ Nettie auf den Teppich fallen und sie sah aus einer unendlich weiten Distanz, wie er seine Schulter gegen die Tür stemmte und der Arm wie ein verrotteter Unkrautstrunk zu Boden fiel. Er fiel auf die Türmatte und rollte weiter, bis er neben Nettie liegen blieb. Sie schaute zu, wie seine lila, dunklen Venen Flüssigkeit pumpten und der Zeigefinger winkte, sich krümmte und sie aufforderte, ihm zu folgen.
    Sie war Pollen. Sie schwebte auf einem Windhauch. Der Ewigkeit entgegen.
     
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    Armfield ging völlig in seiner Ekstase auf, trunken von dem heiligsten aller Wasser. Sein ganzes Leben war ein nutzloses Suchen gewesen, kleine Rituale und Sakramente und Segen, die er verteilte. Sein ganzes Leben hatte er in  Dunkelheit verbracht, zu einem unsichtbaren und nicht spürbaren Gott betend. 
    Sein ganzes Leben lang war seine Seele das Schlachtfeld für einen strengen Jesus und einen verständnisvollen und verführerischen Satan gewesen. Und jetzt war die menschliche Seele untergetaucht, hatte sich vom Staub und den Stigmata und den Psalmen freigetanzt.
    Jetzt, jenseits des Lebens, hatte er seine wahre Bestimmung gefunden. Die wahre Erlösung und Gnade und das Licht. Den einen richtigen Herren, der ewige Knechtschaft verlangte und gleichzeitig auch verdiente. Das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit von Shu-shaaa, in Ewigkeit, Amen.
    Aber da war noch ein Schmerz, ein leerer, menschlicher Schmerz, von dem er wusste, dass er Teil seines alten und erbärmlich fleischlichen Lebens war. Ein unerfüllter Knoten in seiner Brust, ein Hunger in seinem übervollen Mund und seinen Händen, ein nahrhaftes Pulsieren in seinen Organen aus Gelatine. Die Familie musste vereint sein, der Zirkel durfte nicht gebrochen werden.
    »Sha-raaa«, sprühte er in die dunkle Nacht.
    Seine Ehefrau war an seiner Seite, ihre Mascara glitt von ihrem Gesicht zusammen mit den erstarrten Fetzen ihrer Haut. Sie hob ihren linken Armstumpf in den Himmel und schüttete dabei ihren überschüssigen, milchigen Ausfluss auf die roten Fliesen der Veranda.
    Alles zur Lobpreisung des Shu-shaaa. Armfield hatte sich noch nie so nahe, so verbunden mit seiner Gemeinde gefühlt wie jetzt. Sie hatten die gleiche Vision und den gleichen Verstand und die gleiche Mission. Sie waren in den Augen ihres neugefundenen Gottes wirklich eins geworden.
    Und, wie jeder andere Gott, verlangte auch dieser nach Bekehrten.
    Sie warfen mit aller Kraft ihr matschiges Fleisch gegen die Tür.
     
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    »Nettie, geht es dir gut?«
    Bill setzte sie vorsichtig auf und lehnte sie gegen das Sofa. Sie sah außer ihrem Knöchel nicht verletzt aus und sie lächelte ein kleines, rosa, verträumtes Lächeln.
    Ihre Augen waren nur mehr ein winziger Halbmond und ihre Wimpern zuckten wie Schmetterlinge auf weißen Kleeblüten. Er hatte gesehen, wie ihr dieses Monster seinen fauligen Atem in den Mund geblasen hatte. Bill schluckte und betete inbrünstiger als jemals zuvor in seinem Leben.
    Bitte, oh Herr, lass sie gesund sein. Denn ich brauche sie mehr als alles andere auf Deiner Welt. Und ich weiß nicht, welche Plage Du auf diese Welt losgelassen hast,

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