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Die Eroberung von Plassans - 4

Die Eroberung von Plassans - 4

Titel: Die Eroberung von Plassans - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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sie mir genommen? – Sie sind eines nach dem anderen davongegangen, und das Haus ist mir gleichsam fremd geworden. Ich hatte darin kein Herz mehr. Ich war froh, wenn ich es für einen Nachmittag verließ; wenn ich dann am Abend heimkehrte, war es mir, als stiege ich bei Unbekannten ab. Sogar die Möbel erschienen mir feindselig und eisig. Ich haßte das Haus … Aber ich werde die lieben Kleinen wieder zurückholen. Sie werden alles hier verändern, sobald sie wieder da sind … Ach! Wenn ich doch wieder in meinen ruhigen Schlaf sinken konnte!« Sie erhitzte sich mehr und mehr.
    Der Priester suchte sie durch ein Mittel zu besänftigen, mit dem er oft Erfolg gehabt hatte.
    »Spaß beiseite, seien Sie vernünftig, liebe gnädige Frau«, sagte er, während er sich ihrer Hände zu bemächtigen suchte, um sie zwischen die seinen gepreßt zu halten.
    »Rühren Sie mich nicht an!« schrie sie zurückweichend. »Ich will nicht … Wenn Sie mich halten, bin ich schwach wie ein Kind. Die Wärme Ihrer Hände erfüllt mich mit Feigheit … Das hieße morgen wieder von vorn anzufangen; denn ich kann nicht mehr leben, sehen Sie, und Sie beruhigen mich nur für eine Stunde.« Sie war düster geworden. Sie murmelte: »Nein, ich bin jetzt verdammt. Nimmermehr werde ich das Haus lieben. Und wenn die Kinder kämen, würden sie nach ihrem Vater fragen … Ah, sehen Sie, deshalb ersticke ich … Ich werde nur Verzeihung finden, wenn ich mein Verbrechen einem Priester gesagt habe.« Und auf die Knie sinkend, rief sie: »Ich bin schuldig. Darum wendet sich Gottes Antlitz von mir ab.«
    Aber Abbé Faujas wollte sie wieder aufheben.
    »Schweigen Sie!« herrschte er sie an. »Ich kann Ihr Geständnis hier nicht entgegennehmen. Kommen Sie morgen nach SaintSaturnin.«
    »Mein Vater«, fuhr sie flehend fort. »Haben Sie Erbarmen! Morgen werde ich nicht mehr die Kraft aufbringen.«
    »Ich verbiete Ihnen zu sprechen!« schrie er heftiger. »Ich will nichts wissen, ich werde den Kopf abwenden, die Ohren verschließen.« Er wich zurück, hatte die Arme ausgestreckt, um gleichsam das Geständnis auf Marthes Lippen zurückzuhalten.
    Beide sahen sich einen Augenblick schweigend an mit dem dumpfen Zorn ihrer Mitschuld.
    »Nicht ein Priester würde Sie anhören«, fügte er mit gedämpfter Stimme hinzu. »Hier steht nur ein Mann, um Sie zu richten und zu verdammen.«
    »Ein Mann!« wiederholte sie wie von Sinnen. »Nun gut! Um so besser. Mir ist ein Mann lieber.« Sie erhob sich wieder, fuhr in ihrem Fieber fort: »Ich beichte nicht, ich sage Ihnen meine Schuld. Nach den Kindern habe ich den Vater fortziehen lassen. Nie hat er mich geschlagen, der Unglückliche! Ich selbst war wahnsinnig. Ich spürte ein Brennen am ganzen Leibe, und ich kratzte mich; ich brauchte die Kälte der Steinfliesen, um mich zu beruhigen. Nach den Anfällen überkam mich dann eine derartige Scham, mich so nackt vor allen zu sehen, daß ich nicht zu sprechen wagte. Wenn Sie wüßten, welch entsetzliche Alpträume mich zu Boden warfen! Die ganze Hölle drehte sich mir im Kopf. Der arme Mann, er tat mir leid, wie er mit den Zähnen klapperte. Er hatte Angst vor mir. Wenn Sie nicht mehr da waren, wagte er nicht, näher zu kommen; er verbrachte die Nacht auf einem Stuhl.«
    Der Abbé versuchte, sie zu unterbrechen.
    »Sie töten sich«, sagte er. »Rühren Sie diese Erinnerungen nicht auf. Gott wird Ihnen Ihre Leiden anrechnen.«
    »Ich habe ihn nach Les Tulettes geschickt«, begann sie wieder und gebot Abbé Faujas mit einer energischen Handbewegung Schweigen. »Sie alle, Sie sagten mir, er sei verrückt … Ach! Welch unerträgliches Leben! Mir hat immer davor gegraut, daß ich einmal wahnsinnig werde. Als ich jung war, war mir, als nehme man mir die Schädeldecke ab und als leere sich mein Kopf. Ich hatte gleichsam einen Eisblock in der Stirn. Nun ja! Dieses Gefühl tödlicher Kälte habe ich wiedergefunden; ich habe Angst gehabt, verrückt zu werden, immer, immer … Ihn hat man fortgeschafft. Ich habe es geschehen lassen. Ich wußte nichts mehr. Aber seit jener Zeit kann ich nicht die Augen schließen, ohne ihn dort zu sehen. Das macht mich wunderlich, das nagelt mich für Stunden mit offenen Augen auf demselben Fleck fest … Und ich kenne das Haus, ich habe es vor Augen. Onkel Macquart hat es mir gezeigt. Es ist ganz grau wie ein Gefängnis, mit schwarzen Fenstern.« Sie bekam keine Luft mehr. Sie führte ein Taschentuch an ihre Lippen, das von einigen Bluttropfen befleckt

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