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Die Eroberung von Plassans - 4

Die Eroberung von Plassans - 4

Titel: Die Eroberung von Plassans - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Spitzel schicken, Plassans wird legitimistisch bleiben. Sehen Sie sich den kleinen Péqueur an. Wir sind im Nu mit ihm fertig geworden … Die Welt muß schön dumm sein! Man bildet sich jetzt ein, geheimnisvolle Leute zögen Stellen anbietend durch die Provinzen. Ich gestehe Ihnen, daß ich sehr neugierig wäre, einen dieser Herren zu sehen.« Er ärgerte sich.
    Herr Maffre, der unruhig wurde, glaubte sich verteidigen zu müssen.
    »Erlauben Sie«, unterbrach er, »ich habe nicht behauptet, daß Abbé Faujas ein bonapartistischer Agent ist; im Gegenteil, ich habe diese Beschuldigung unsinnig gefunden.«
    »Je nun! Von Abbé Faujas ist nicht mehr die Rede; ich spreche im allgemeinen. Man verkauft sich nicht so, zum Teufel! – Abbé Faujas ist über jeden Verdacht erhaben.«
    Schweigen trat ein. Herr de Bourdeu zeichnete das Profil im Sand mit einem großen Spitzbart zu Ende.
    »Abbé Faujas hat keine politische Meinung«, sagte er mit seiner trockenen Stimme.
    »Offensichtlich nicht«, erwiderte Herr Rastoil. »Wir haben ihm seine Gleichgültigkeit zum Vorwurf gemacht, aber heute heiße ich sie gut. Bei all diesem Geschwätz würde sich die Religion kompromittiert sehen … Sie wissen es ebenso wie ich, Bourdeu, man kann ihn nicht des geringsten verdächtigen Verhaltens beschuldigen. Nie hat man ihn in der Unterpräfektur gesehen, nicht wahr? Er ist sehr würdig an seinem Platz geblieben … Wäre er Bonapartist, würde er seine Gesinnung weiß Gott nicht verbergen!«
    »Allerdings.«
    »Fügen Sie hinzu, daß er ein mustergültiges Leben führt. Meine Frau und mein Sohn haben mir Einzelheiten über ihn berichtet, die mich lebhaft bewegt haben.«
    In diesem Augenblick verdoppelte sich das Gelächter in der Sackgasse. Abbé Faujas˜ Stimme ertönte und beglückwünschte Fräulein Aurélie zu einem wahrhaft bemerkenswerten Schlag.
    Herr Rastoil, der sich unterbrochen hatte, fuhr mit einem Lächeln fort:
    »Hören Sie? Was haben sie nur, daß sie sich so vergnügen? Da bekommt man Lust, noch mal jung zu sein.« Dann sagte er mit seiner ernsten Stimme: »Ja, meine Frau und mein Sohn haben es erreicht, daß ich Abbé Faujas gern habe. Wir bedauern lebhaft, daß seine Zurückhaltung ihn daran hindert, einer der Unseren zu sein.«
    Herr de Bourdeu nickte zustimmend mit dem Kopf, als sich in der Sackgasse Beifallsklatschen erhob. Es gab ein Tohuwabohu, Getrampel, Gelächter, Geschrei, einen richtigen Heiterkeitsanfall wie bei Schülern in der Pause.
    Herr Rastoil stand von seinem Gartenstuhl auf.
    »Meiner Treu«, sagte er gutmütig, »gehen wir zuschauen; am Ende juckt es mir in den Beinen.«
    Die beiden anderen folgten ihm. Alle drei blieben vor der Pforte stehen. Es war das erste Mal, daß sich der Präsident und der ehemalige Präfekt bis dorthin vorwagten. Als sie hinten in der Sackgasse die Gesellschaft der Unterpräfektur erblickten, die dort eine Gruppe bildete, setzten sie ernste Mienen auf. Herr Péqueur des Saulaies warf sich nun auch in die Brust, stellte sich mit amtlicher Haltung in Positur, während Frau de Condamin, die sehr gern lachte, an der Mauer entlangglitt und die Sackgasse mit dem Rauschen ihres rosa Kleides erfüllte. Die beiden Gesellschaften spähten mit kurzen Seitenblicken nacheinander aus, da weder die eine noch die andere das Feld räumen wollte; und zwischen ihnen stand Abbé Faujas mit seinem Brevier unter dem Arm noch immer an Mourets Pforte und erheiterte sich sanft, ohne anscheinend das Heikle der Situation im geringsten zur Kenntnis zu nehmen.
    Indessen hielten alle Anwesenden den Atem an. Abbé Surin, der seinen Zuschauerkreis anwachsen sah, wollte den Beifall durch einen äußersten Kunstgriff an sich reißen. Er wurde erfinderisch, schuf sich Schwierigkeiten, drehte sich, spielte, ohne hinzublicken, woher der Federball kam, erahnte ihn gewissermaßen, schlug ihn über seinem Kopf mit mathematischer Genauigkeit zu Fräulein Aurélie zurück. Er war sehr rot, verschwitzt, sein Haar zerzaust; sein Kragen, der sich völlig verschoben hatte, hing ihm jetzt auf die rechte Schulter hinab. Aber er blieb Sieger mit lachender, noch immer reizender Miene. Die beiden Gesellschaften vergaßen sich und bewunderten ihn. Frau de Condamin dämpfte die zu zeitig losplatzenden Bravorufe und schwenkte ihr spitzenbesetztes Taschentuch. Da begann der junge Abbé noch raffinierter zu spielen, kleine Sprünge auf der Stelle, nach rechts, nach links zu machen, die er so berechnete, daß er den Ball jedesmal

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