Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Eroberung von Plassans - 4

Die Eroberung von Plassans - 4

Titel: Die Eroberung von Plassans - 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
Vom Netzwerk:
in einer neuen Stellung abbekam. Es war die große Abschlußübung. Er beschleunigte das Tempo; da glitt bei einem Sprung sein Fuß aus. Beinahe wäre er Frau de Condamin, die, einen Schrei ausstoßend, die Arme ausgebreitet hatte, an die Brust gefallen. Die Anwesenden stürzten vor, weil sie glaubten, er habe sich verletzt. Aber er, der sich mit Händen und Knien auf der Erde wieder fing, erhob sich schwankend zu einem letzten Sprung, erhaschte den Federball, der den Boden noch nicht berührt hatte, und schlug ihn zu Fräulein Aurélie zurück. Und mit hocherhobenem Schläger triumphierte er.
    »Bravo! Bravo!« rief Herr Péqueur des Saulaies näher tretend.
    »Bravo! Der Schlag war prächtig!« sagte Herr Rastoil mehrmals, der ebenfalls vortrat.
    Das Spiel wurde unterbrochen. Die beiden Gesellschaften waren in die Sackgasse eingefallen; sie vermischten sich, umringten Abbé Surin, der sich neben Abbé Faujas an die Mauer stützte und ganz außer Atem war. Alle sprachen auf einmal.
    »Ich habe geglaubt, er hätte sich den Kopf eingeschlagen«, sagte Doktor Porquier mit bewegter Stimme zu Herrn Maffre.
    »Wahrhaftig, alle diese Spiele nehmen ein schlimmes Ende«, murmelte Herr de Bourdeu, sich an Herrn Delangre und die Paloques wendend, und nahm gleichzeitig einen Händedruck von Herrn de Condamin entgegen, dem er auf der Straße aus dem Wege ging, um ihn nicht grüßen zu müssen.
    Frau de Condamin ging vom Unterpräfekten zum Präsidenten, stellte sie einander gegenüber und sagte immer wieder:
    »Mein Gott! Ich bin kränker als er, ich habe geglaubt, wir würden alle beide hinfallen. Haben Sie gesehen, da liegt ein großer Stein?«
    »Da liegt er, sehen Sie«, sagte Herr Rastoil. »Er muß mit seinem Hacken dagegen gestoßen sein.«
    »Meinen Sie, daß es dieser runde Stein ist?« fragte Herr Péqueur des Saulaies und hob den Stein auf.
    Nie hatten sie außerhalb offizieller Festlichkeiten miteinander gesprochen. Beide schickten sich an, den Stein zu untersuchen; sie reichten sich ihn zu, machten einander darauf aufmerksam, daß er scharfkantig war und den Schuh des Abbé hätte zerschneiden können. Frau de Condamin, die zwischen ihnen stand, lächelte ihnen zu, versicherte ihnen, daß sie begänne, sich zu erholen.
    »Der Herr Abbé fühlt sich schlecht«, riefen die Fräulein Rastoil.
    Abbé Surin war tatsächlich sehr blaß geworden, als er von der Gefahr hörte, in der er geschwebt hatte. Er knickte zusammen; da nahm ihn Abbé Faujas, der sich abseits gehalten hatte, in seine kräftigen Arme und trug ihn in Mourets Garten, wo er ihn auf einen Stuhl setzte. Die beiden Gesellschaften fielen in den Laubengang ein. Dort wurde der junge Abbé ohnmächtig.
    »Rose! Wasser, Essig!« rief Abbé Faujas und stürzte zur Freitreppe.
    Mouret, der im Wohnzimmer war, erschien am Fenster; aber als er all diese Leute hinten in seinem Garten sah, wich er, wie von Angst erfaßt, zurück; er versteckte sich und ließ sich nicht mehr blicken.
    Unterdessen erschien Rose mit einer ganzen Apotheke. Sie beeilte sich, sie schalt:
    »Wenn Madame wenigstens da wäre; sie ist im Seminar, wegen des Kleinen … Ich bin ganz allein, ich kann nichts Unmögliches tun, nicht war? – Ich sage Ihnen, Herr Mourett würde sich nicht rühren. Bei dem könnte man sterben. Er ist im Wohnzimmer, um sich wie ein Duckmäuser zu verstecken. Nein, er würde Ihnen nicht ein Glas Wasser geben; er ließe Sie krepieren.« Während sie noch diese Worte brummelte, war sie vor dem in Ohnmacht liegenden Abbé Surin angelangt. »Oh, dieses Jesuskind!« sagte sie mit der mitleidigen Zärtlichkeit einer Klatschbase.
    Mit seinen geschlossenen Augen, seinem bleichen Antlitz zwischen den langen blonden Haaren glich Abbé Surin einem jener liebenswürdigen Märtyrer, die auf den Heiligenbildern vor Wonne vergehen. Die Ältere der Fräulein Rastoil stützte ihm den Kopf, der kraftlos hintüber gesunken war und den weißen und zarten Hals sehen ließ. Man ereiferte sich. Frau de Condamin betupfte ihm mit einem in Essigwasser getauchten Linnen leicht die Schläfen. Die beiden Gesellschaften warteten ängstlich. Endlich schlug er die Augen auf, aber er schloß sie wieder. Er wurde noch zweimal ohnmächtig.
    »Sie haben mir einen schönen Schrecken eingejagt!« sagte Doktor Porquier, der seine Hand in der seinen behalten hatte, höflich zu ihm.
    Der Abbé blieb verwirrt sitzen, dankte, versicherte, daß nichts weiter sei. Dann sah er, daß man seine Soutane aufgeknöpft

Weitere Kostenlose Bücher