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Die Erscheinung

Titel: Die Erscheinung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danielle Steel
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einladen lassen. Aber die Frau musste bemerkt haben, dass kein Grund zum Argwohn bestand. Warum hatte sie so übertrieben reagiert?
    Während er seinen Hamburger aß, dachte er an das kleine Mädchen, mit dem er sich gut unterhalten hatte, an die übermäßig besorgte, wütende Mutter - und plötzlich erinnerte er sich. Nun wusste er, wer sie war - die unfreundliche Frau in der Bibliothek des Historischen Vereins von Shelburne Falls. Bei dieser zweiten Begegnung war sie ihm sogar noch unsympathischer erschienen. So verbittert, so eiskalt … Und dann fiel ihm ein, was Monique erzählt hatte. In Paris habe ihre Mutter dauernd geweint. Wovor rannte die Frau davon, was verbarg sie? Oder war sie einfach nur unausstehlich?
    Nach dem Lunch fuhr er allein mit dem Sessellift zur Bergstation, wo er Monique antraf. Sie war immer noch verlegen und zögerte, mit ihm zu reden. Doch sie hatte gehofft, ihn wiederzusehen. Sie hasste es, wenn ihre Mutter sich so aufführte, was neuerdings sehr oft geschah. Und dann brach es aus ihr heraus: »Tut mir Leid, dass Mom Sie so angefahren hat! In letzter Zeit wird sie sehr oft wütend. Wahrscheinlich, weil sie müde ist. Jede Nacht bleibt sie auf und schreibt.« Damit ließ sich das Verhalten der Frau nicht entschuldigen. Sogar die kleine Monique spürte das und schien zu überlegen, wie sie alles wieder gutmachen konnte. »Wollen Sie noch mal mit mir Ski fahren?«, fragte sie schüchtern. Sie wirkte so einsam, und er las in ihrem Blick, wie schmerzlich sie den Vater vermisste. Kein Wunder bei dieser Mutter. Um des Kindes willen hoffte er, der Vater wäre umgänglicher als diese Person mit der scharfen Zunge und dem glitzernden Eis in den grünen Augen.
    »Wird's deine Mutter nicht stören?« Auf keinen Fall wollte Charlie für einen Pädophilen gehalten werden, der kleinen Mädchen nachstellte. Aber auf einer viel befahrenen Skipiste würde man wohl kaum auf solche Gedanken kommen. Außerdem brachte er es nicht übers Herz, das Kind abzuweisen, das sich offensichtlich nach Gesellschaft sehnte.
    »Meiner Mommy ist's egal, mit wem ich Ski laufe. Ich darf nur nicht in fremde Autos steigen. Und sie war vor allem sauer, weil Sie meinen Lunch bezahlt haben, Charlie. Sie sagt, wir können für uns selber sorgen. War's sehr teuer?«, fragte sie besorgt.
    Über diese unschuldige Frage musste er lachen. »Natürlich nicht. Ich glaube, sie hat sich einfach nur Sorgen um dich gemacht. Deshalb war sie so verärgert. So sind die Moms nun mal. Und die Dads auch. Wenn die Eltern ihre Kinder nicht finden, fürchten sie natürlich, es könnte ihnen was passiert sein. Deshalb regen sie sich auf. Und wenn sie ihre Kinder endlich aufgestöbert haben, bekommen sie einen Wutanfall. Bis heute Abend wird sich deine Mom sicher wieder beruhigen.«
    Da war sich Monique nicht so sicher. Sie kannte ihre Mutter besser als Charlie. Schon so lange war Mom unglücklich und schlecht gelaunt. An andere Zeiten konnte sich Monique gar nicht mehr erinnern, obwohl sie glaubte, vor einigen Jahren wäre die Mutter ganz anders gewesen. Und dann musste irgendetwas geschehen sein, das sie verbittert hatte. »In Paris hat sie dauernd geweint, und hier wird sie wütend. Vielleicht gefällt ihr dieser Job nicht.«
    Zweifellos steckte mehr dahinter. Doch das konnte Charlie einer Achtjährigen nicht erklären. »Oder sie vermisst deinen Daddy.«
    »Nein«, widersprach Monique entschieden. »Sie hat gesagt, sie hasst ihn.«
    In was für einer Atmosphäre muss das arme Kind aufgewachsen sein, dachte Charlie, und sein Groll gegen die gefühllose Mutter wuchs.
    »Manchmal glaube ich, sie hasst ihn nicht wirklich«, fügte Monique hoffnungsvoll hinzu. »Vielleicht leben wir eines Tages wieder in Paris … Aber jetzt ist Daddy mit Marie-Lise zusammen.«
    Eine komplizierte Situation, die das Kind offensichtlich belastete - und die ihn an seine Probleme mit Carole erinnerte … Wenigstens mussten unter ihrer Scheidung keine Kinder leiden. »Will deine Mom zu deinem Dad zurückkehren?«
    »Eigentlich nicht -jedenfalls jetzt noch nicht. Sie sagt, wir müssen hier bleiben.«
    Da konnte sich Charlie ein schlimmeres Schicksal vorstellen. Während sie auf ihren Skiern langsam zur Abfahrt glitten, erkundigte er sich, ob sie in Shelburne Falls lebte, und sie nickte.
    »Wieso wissen Sie das?«, fragte sie interessiert.
    »Weil ich deine Mom gesehen habe. Da wohne ich auch. Kurz vor Weihnachten bin ich von New York nach Shelburne Falls

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