Die Eule - Niederrhein-Krimi
tief im Westen und nahe an den Niederlanden damit zu tun? »Was macht so eine politisch oder persönlich relevante Datei auf dem PC eines eher einfach strukturierten Konditorlehrlings?«
Aha verschränkte die Arme über dem Kopf und lehnte sich zurück. »Ich muss das Ding an einen Drucker anschließen, hoffentlich lässt es sich komplett entziffern. Bei eingescanntem Material kann es manchmal recht undeutlich werden.«
»Das geben wir weiter an die Kriminaltechnik. Ich rufe Heierbeck gleich an.«
Bei der KTU ging niemand ans Telefon, Karin kontrollierte auf dem Display, ob sie die richtige Verbindung gewählt hatte, und stolperte dabei über die Uhrzeit. Halb sieben. Da konnte noch niemand erreichbar sein.
»Dann müssen wir versuchen, uns so weit einzulesen, wie es geht.«
Eine halbe Stunde später stand Simon Termath mit entsetztem Gesichtsausdruck vor seinem Schreibtisch. Seine alte Aktentasche an der Hand registrierte er, wie seine Chefin und ein ihm unbekannter Mann dicht nebeneinandersaßen, mit hochroten Wangen konzentriert auf den kleinen Bildschirm eines Laptop starrten und sich lebhaft über einzelne Begriffe austauschten. Sie schienen ihn nicht zu bemerken. So schnell konnte das gehen. Am letzten Tag schon aussortiert. Er knallte seine Tasche auf den Schreibtisch.
»Guten Morgen.«
»Auch einen italienischen Kaffee? Leider in stilloser Tasse. Ich glaube, ich bringe morgen ein Set passender, zeitlos eleganter Gefäße mit«, wurde er vom neuen Kollegen begrüßt.
Der Nachfolger war offensichtlich angetreten, dem Pullunderschick im Büro den Garaus zu machen.
* * *
Gero von Aha wurde an seinem ersten Morgen in Wesel von allen Seiten beäugt. Die Männer blieben wortkarg, man umkreiste den Neuen, checkte ihn ab. Burmeesters Augen wanderten zwischen Aha und der Chefin hin und her, die bereits per Du waren. Viel zu schnell. Und viel zu blasiert war ihm der Kerl, an dem alles sportive, teure Marke zu sein schien.
Die Behördenchefin Frau Doktor van den Berg fand zwischen zwei wichtigen Meetings extra Zeit zur Begrüßung des neuen Mitarbeiters. Die Art, wie sie ihn umgarnte, beobachtete Karin Krafft mit Verwunderung. Herr von Aha hier und Herr von Aha dort, sie schien es zu genießen, ein lautmalerisches »von« anstelle ihres eigenen, in der Region häufiger anzutreffenden »van« auszusprechen, betonte seinen Namen immer wieder mit spielerischer Freude. Zwischendurch tätschelte sie das durchgestylte Gehäuse der Saeco. Das war der Stil, mit dem sie sich anfreunden konnte.
»Herr von Aha verfügt über ausgewählte Fortbildungsabschlüsse und wird Ihre Abteilung in jeder Hinsicht mit seinem Wissen und seinen Fähigkeiten unterstützen. Herr von Aha war unter anderem maßgeblich bei der spektakulären Aufklärung einer Mordserie im ländlichen Eichsfeld zuständig, richtig, Herr von Aha?«
Genug, dachte Karin, jetzt reicht’s. Wieso war er dann in die Provinz abkommandiert worden? Welches Geheimnis verbarg dieser vermeintliche Mann von Welt?
»Das kann er uns ja demnächst in einer Mittagspause erzählen, wir koordinieren gerade die Ermittlungen im Fall der Pilger. Sehen wir Sie am Nachmittag, so gegen siebzehn Uhr, zur Verabschiedung von Herrn Termath?«
»Wie? Ja, ja, wenn nichts dazwischenkommt. Eine nahtlose Übergabe, gut, dass Sie auf Ihren Resturlaub aus der alten Stelle verzichtet haben, Herr von Aha. Ich muss, Ihre Berichte bekomme ich vor dem kleinen Festakt.«
Jerry telefonierte mit Heierbeck, während Karin mit Nachdruck eine kleine Lage organisierte, Simon erreichte den letzten zu überprüfenden Angehörigen, Tom hatte den Pathologen in der Leitung, der die im Krankenhaus vermutete Todesursache nach den letzten Laborergebnissen bestätigte.
»In zehn Minuten im Besprechungsraum, damit Gero gleich einsteigen kann.«
Tom wollte sich dem Laptop zuwenden, bemerkte, dass es nicht auf dem Schrank stand. »Wo ist das Gerät von Holger Winter? Habt ihr es schon zur Spusi gegeben?«
Aha schlenderte zu Simons Schreibtisch. »Ich habe es geknackt und einiges an Material gefunden.«
»Einfach so?«
Sie schauten sich durch den Türrahmen an.
»Einfach so, war nicht gut gesichert.«
»Ich meine, einfach so, ohne vorherige Absprache?«
Oh nee, keine offenen Animositäten im Team. Karin schritt ein. »Wir waren zufällig beide total früh hier und haben schon mal losgelegt. Eine kurze Zusammenfassung gibt es gleich, in, was sagt die Uhr, in vier Minuten.«
Aha folgte der Chefin,
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