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Die ewige Bibliothek

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Titel: Die ewige Bibliothek Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Owen
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möglicherweise war der Kerl einmal Hilfsarbeiter bei einer Ausgrabung gewesen oder etwas Ähnliches.
    Der Illusionist maß den Mann noch einen weiteren Moment mit seinen Blicken, dann griff er in den Zylinder und zog eine Eisenstange hervor, die er dem untersetzten Mann kurzerhand in die Stirn rammte.
    »Mein Gott!«, schrie Michael, eine halbe Sekunde nachdem er gesehen hatte, wie Galen aufsprang und Obskuros Arme packte. »Was zum Teufel haben Sie getan?« Die Gäste schrien laut und kletterten über Tische und Stühle, um zum Ausgang zu gelangen. Wenige Augenblicke lang befand sich der Illusionist im Zentrum eines menschlichen Wirbelsturms.
    Als Antwort auf Michaels verzweifelte Frage breitete Obskuro einfach seine Hände aus und nickte dem aufgespießten Mann zu, der noch immer neben seinem Tisch stand. Merkwürdigerweise gab es fast kein Blut, nur ein zähes Rinnsal rann über seinen Nasenrücken. Die Stange hatte den Schädel des Mannes glatt durchstoßen und ragte ganze zwanzig Zentimeter aus seinem Hinterkopf und mehr als dreißig Zentimeter aus seiner Stirn heraus. Einmal abgesehen von seiner Besorgnis über den Aufruhr um ihn herum, schien er vollkommen unbeeindruckt von dem, was gerade geschehen war. Im hinteren Teil des Raumes, bei der Küche, fingen Rutland und Burlington mit großen, flachen Besen an sauber zu machen.
    Galen lockerte seinen Griff um den Arm des schlanken, jungen Mannes – in Anbetracht der Ereignisse dieses Abends würde es ihn nicht wundern, wenn auch das nur eine Illusion war. Michael stand mit wildem Blick über einen Stuhl gebeugt da und atmete schwer.
    Obskuro griff in seinen Hut und zog ein Taschentuch heraus, das er dem untersetzten Mann reichte. »Hier«, sagte er sanft. »Tut mir Leid, falls es Flecken gibt. Wenn Sie nach hinten gehen wollen – ich bin sicher, dass Mr. Burlington Ihnen helfen kann.«
    Der Mann nahm das angebotene Taschentuch, wandte sich mit einem dankbaren Blick um und verschwand hinter der Bar.
    »Ich muss doch müder sein, als ich dachte«, sagte Obskuro. »Die Stange sollte eigentlich ganz hindurchgehen. Wenn ich sie vielleicht in einem anderen Winkel…«
    »In einem anderen Winkel?«, rief Michael. »Haben Sie verdammt noch mal den Verstand verloren?«
    »Sie haben Recht«, sagte Obskuro resigniert. »Es ist nur eine Frage unzureichender Kraft, so einfach ist das. Beim nächsten Mal mit etwas mehr Glück, was?«
    Galen griff nach seinem Mantel, sein Gesicht eine steinerne Maske. »Das reicht. Ich habe genug von diesem Wahnsinn.«
    »Aber Professor«, sagte der Illusionist. »Ich habe Ihnen noch nicht die Lösung Ihres Dilemmas mitgeteilt.«
    »Mein Dilemma?«, rief Galen erstaunt. »Sie und Ihr Dilemma und Ihre Angelegenheit von historischer und akademischer Wichtigkeit, ganz zu schweigen von Ihrem widerlichen Wodka Cola! Dieser ganze Club mitsamt seinen Schokoriegeln kann von mir aus zur Hölle fahren.«
    »Ich denke, ich schließe mich ihm an«, sagte Michael. »Danke für einen interessanten… äh… also, einfach danke.«
    »Aber meine Herren«, sagte Obskuro, »mein Hut ist noch nicht ganz leer.«
    Galen machte bereits Anstalten hinaus zu stolzieren, und auch Michael hatte sich der Tür zugewandt, als sie den weichen Aufschlag des Pakets hörten, das der Illusionist aus seinem Hut gezogen und auf den Tisch hatte fallen lassen.
    »Der Hut«, sagte Obskuro theatralisch, »ist jetzt leer und die Show wirklich zu Ende. Bleibt nur noch dieses Rätsel, das vielleicht Antworten in sich birgt, mit denen Sie Ihre eigenen Rätsel lösen können.«
    Michael wandte sich wieder dem Tisch zu und betrachtete neugierig den länglichen Gegenstand, der aussah wie ein in Leinen gewickeltes Bündel Pergament, das zwischen zwei dünnen Holzplatten befestigt war. Auf Obskuros einladendes Nicken hin öffnete er die Verpackung und betrachtete eingehend die kaffeebraunen Bögen.
    Galen war bereits an der Tür, als er Michaels heiser gemurmelten Fluch hörte. »Mein Gott, ist das wirklich, wofür ich es halte? Das kann unmöglich echt sein.«
    Obskuro zuckte mit den Schultern. »Sie halten es in Händen – die Echtheit ist also nicht zu bezweifeln. Über seine Authentizität zu urteilen erfordert allerdings größere Kenntnisse als die meinen. Und wenn ich von Ihrer raschen Einschätzung ausgehe, Professor Langbein, dann könnten Sie genau der Fachmann sein, den ich brauche. Wenn das hier aber tatsächlich das ist, was ich vermute – «, sagte er, während er sich

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