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Die ewige Bibliothek

Die ewige Bibliothek

Titel: Die ewige Bibliothek Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James A. Owen
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waren scharfsinnig genug, das zu erkennen und sich dementsprechend anzupassen. Aber keine einzige Kultur war schlau genug, es richtig zu machen, als die Zeit für einen neuen Kalender auf der Grundlage der Kairos-Zeit gekommen war.«
    »Die Geburt Christi?«, fragte Galen und runzelte die Stirn. »Der Nullpunkt des Ära-Systems ist ein Nullpunkt?«
    »Ja«, sagte Juda. »Es ist nur der falsche.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass die Geburt Christi keinen grundlegenden Wandel in der Welt darstellt?«, fragte Michael.
    »Nein«, sagte Juda fröhlich. »Der Wandel fand mit dem Tod Jesu statt. Das Ära-System hat den Kairos-Nullpunkt um mehr als dreißig Jahre verfehlt.«
     

     
    »Das Ära-System stimmt also nicht genau mit der Kairos-Zeit überein«, sagte Galen. »Na und? Was würde sich ändern, wenn das nicht so wäre?«
    »Vielleicht gar nichts«, antwortete Juda. »Vielleicht alles. Nehmen Sie diesen Ort zum Beispiel – der Erdhügel, auf dem Michael sitzt? Was würden Sie sagen, wenn ich Ihnen erzählen würde, dass er in Wirklichkeit ein siebentausend Jahre altes Lehmhaus ist?«
    »Liebe Güte!«, rief Michael, sprang auf und wischte seinen Hosenboden ab. »Meinen Sie das ernst?«
    »Todernst. Es gibt hier an die dreißig Erdhügel, die zusammen ein Steinzeitdorf mit dem Namen Lepinski Vir bilden, das etwa 5000 v. Chr. gebaut wurde.«
    »Ist das nachgeprüft worden?«, fragte Galen. »Ich habe gedacht, sogar die sumerischen Siedlungen sind nicht älter als dreitausend Jahre. Und Sie wollen uns erzählen, dass es woanders ältere Dörfer gibt?«
    »Ich glaube, er hat Recht, Galen«, sagte Michael. »Ich meine, es wird tatsächlich angenommen, dass Jericho – das erste Jericho – dreimal so alt ist wie Rom. Vielleicht sogar zehntausend Jahre alt. Es ist also nicht abwegig zu glauben, dass es noch andere Siedlungen gibt – wir müssen nur, äh, wissen wo wir hinschauen sollen«, schloss er und war froh, dass die Abenddämmerung sein Erröten verhüllte, als er Judas Worte nachplapperte.
    »Vielleicht. Aber ich wette, dass ich Forscher auftreiben könnte, die Teile dieser Fundstätte genauso exakt auf zehnmal diese Zeitspanne datieren würden, und umgekehrt Forscher, die schwören würden, dass sie letzten Donnerstag erbaut wurde.«
    »Ich stimme Ihnen zu«, sagte Juda.
    »Wirklich?«, rief Galen überrascht.
    »Ja. Und ich glaube, sie hätten allesamt Recht.«
    »Wie ist das möglich?«
    »Ich vertrete die Theorie«, sagte Juda, »dass die Endpunkte der Kalender-Umläufe der Zeit häufiger auftreten als wir ahnen – und ich glaube, relativ gesehen, treten sie die ganze Zeit auf.«
    »Das Ende der Welt?«, fragte Michael.
    »Sozusagen«, meinte Juda. »Aber ich glaube nicht, dass es so endgültig ist. Ich denke, wenn die Welt ›endet‹, wird nicht jeder Aspekt ersetzt oder ausgelöscht – manche Dinge bleiben bestehen.«
    »Und worauf gründet sich ihr Glaube?«, fragte Galen grinsend. »Auf Lehmhütten?«
    »Nein«, sagte Juda, »auf Fische.«
    Michael schnipste mit den Fingern. »Richtig – der Fisch, dieser Coelacanthus. Sie haben uns nie erklärt, wo er herkam.«
    »Die Meruvier haben es mir nie gesagt. Ich wusste nur, dass die Fische in einem der Seen in der Nähe von Kailas lebten – aber bedenken Sie: Wenn meine Darstellung von Meru zutrifft, würde das dann nicht bedeuten, dass die Bibliothek genau so ein fester Punkt wäre, an dem sich während der Umkehrungen nichts verändert?«
    »Umkehrungen?«
    »So nenne ich die Zonen der Annäherung oder des Übergangs zwischen den Endpunkten – Umkehrungen der Weltanschauung.«
    »Wie bitte?«, fragte Galen.
    »Umkehrungen der Weltanschauung – ›eine Auffassung der Welt als Ganzes‹. Ich glaube, genau das haben die Meru-Ankoriten in ihrer Bibliothek gesammelt. Denn sie befanden sich an dem einzigen Ort der Erde, wo das geschehen konnte – der Berg im Mittelpunkt der Schöpfung. Ich glaube, die Bücher waren allesamt Aufzeichnungen von Umkehrungspunkten.«
    »Mmh«, machte Michael nachdenklich. »Das würde eine ganze Menge erklären, besonders was Meru betrifft. Es stimmt außerdem mit vielen der Maya-Daten überein, die mit gewaltigen, weltverändernden Ereignissen zusammenfallen.«
    »Es müssen nicht unbedingt immer weltverändernde Ereignisse sein«, sagte Juda. »Viele dieser Bücher waren ziemlich trivial – manche sogar ausgesprochen langweilig.«
    »Bedeutet das«, warf Galen ein, »dass die Ur-Edda einen dieser… Umkehrungspunkte

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