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Die ewige Straße

Die ewige Straße

Titel: Die ewige Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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sich königlich zu amüsieren. Und wichtiger noch, er lachte genauso laut und herzlich wie alle anderen.
    Die Musiker kehrten auf die Bühne zurück und spielten in wildem Tempo. Tänzer traten auf, attraktive junge Männer und Frauen, die außer Ringen und Fußkettchen und Armreifen kaum etwas auf dem Leib trugen. Sie sprangen auf die Tische, von denen in der Zwischenzeit die Essensreste und das Geschirr abgeräumt worden waren. Sie bewegten sich geschmeidig und graziös im flackernden Feuerschein und schenkten den Gästen ihre ganz besondere Aufmerksamkeit. Chaka fand sich von Angesicht zu Angesicht mit einem männlichen Mitglied der Tanztruppe wieder, doch sie bewahrte nonchalant die Fassung und war selbst überrascht, daß das Exotische und das Absurde sich derart wirkungsvoll verknüpfen ließen. Der Ganji bemerkte ihren Seitenblick, lächelte sie wohlwollend an und hob seinen Becher. Dann, als wäre es das Normalste auf der Welt, wandte er sich zu Silas um und sagte: »Ich wünschte, ich könnte mit euch kommen.«
    Eine üppige Frau mit langen kastanienbraunen Haaren, einem Halsband und zwei Fußkettchen hatte Silas’ Aufmerksamkeit erregt. Er bemühte sich um eine konzentrierte Antwort, ohne den Blick von der Schönen abzuwenden. »Warum denn das, Ganji?«
    Der Ganji schien verwirrt. »Aus dem gleichen Grund wie ihr. Das Land besitzt zahlreiche Geheimnisse. Ich hätte gerne ein paar Antworten.«
    »Ich bin nicht sicher, ob wir welche finden.« Silas lächelte den Ganji freundlich an, ohne die Augen auch nur eine Sekunde von der Tänzerin zu nehmen. »Und falls doch, dann werden wir ganz sicher wieder hierher zurückkommen.«
    »Ich schätze, wir werden auf jeden Fall wieder hierher zurückkommen, Ganji«, grinste Shannon. »Die Oriki bieten dem müden Reisenden sehr viele außerordentliche Annehmlichkeiten.«
    »Ich danke dir«, sagte der Ganji. »Du bist stets bei uns willkommen, Jon. Genau wie deine Freunde.« Sein Gesicht wurde ernst. »Seid vorsichtig. Das Land nördlich des Wabash ist sehr eigenartig.«
    Er schien im Begriff, deutlicher werden zu wollen, doch dann überlegte er es sich offensichtlich anders. Statt dessen richtete er den Blick auf Chaka, lächelte, und sprach dann leise zu Shannon. Shannon lauschte, sah in ihre Richtung, und sagte dann Nein. Er sagte noch eine Menge mehr, doch das Nein war alles, was Chaka hören konnte.
    Als das Essen vorbei war, wandte sie sich an Shannon und erkundigte sich, was der Ganji gewollt hatte.
    »Ihm ist aufgefallen, daß du Interesse an den Tänzern gezeigt hast«, sagte er. »Und er hat sich gefragt, ob du vielleicht ebenfalls tanzen wolltest.«
    Anscheinend war sie rot geworden, denn Shannon lachte laut. »Chaka, der Tanz hat nicht nur Unterhaltungswert, sondern auch spirituelle Bedeutung. Ich bin sicher, ihm ging es nur um deine Seele. Es ist zwar schon vorgekommen, daß Besucher an den Tänzen teilgenommen haben, doch sie werden nur selten dazu eingeladen. Betrachte es als eine Ehre.«

Kapitel 12
     
     
    Ruinen und Trümmer zogen sich meilenweit durch den Wald. Sie kamen an einer Reihe Häuser vorüber, die aneinander gebaut waren, alle zwei Stockwerke hoch, und völlig gleich aussahen. Rote Zedern und Sweetgumbäume waren bis dicht an die Häuser gewachsen. Gelegentlich fanden sie Pfosten aus Pseudometall und rostige Maschinen. Mitten auf einer Lichtung entdeckten sie eine alte Steinbank, auf der zu lesen stand: GESTIFTET VON PETERS KLEIDERLADEN. Sie rasteten bei einem Wegweiser: ST. MARY OF THE WOODS 2 MEILEN.
    Ein Pfeil zeigte in die entsprechende Richtung. Auf den Wabash. »Die heilige Maria gehörte zu ihren Gottheiten«, erklärte Silas. »Wahrscheinlich stand dort ein Tempel oder ein Schrein.« Er blickte sich wehmütig um. »Hier gibt es so viel zu sehen. Eine Schande, daß uns nur so wenig Zeit bleibt.«
    »Was wissen wir über diese heilige Maria?« erkundigte sich Chaka.
    Silas zuckte die Schultern. »Nicht viel.«
    »Genaugenommen wissen wir über die Religion der Straßenbauerkultur nicht mehr als das, was wir den Br ü dern Karamasow entnehmen konnten«, erklärte Avila.
    »Und ein paar Schildern, die vor ihren Tempeln gestanden haben. Mit Sprüchen zur Erbauung der Gläubigen«, fügte Silas hinzu. Er sah aus wie ein Kind auf einem Jahrmarkt. »In der Bibliothek gibt es eine Sammlung. Bestimmt können wir ein paar hinzufügen, wenn wir wieder zu Hause sind.« Er blickte zum Fluß. »Die Heilige Maria war das weibliche Erscheinungsbild

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