Die Ewigen
von Joseph schmückte. Um ihn ging es hier, nicht um mich - selbst die Tragweite meiner Schuld verblasste vor der Bedeutung von Josephs Tod: Das Gold war seiner würdig, es war die einzig mögliche Wahl gewesen. Meine Augen begegneten denen von Andreas, als ich den Blick vom Sarg hob, ich nickte leicht als Antwort auf die darin liegende Frage, auf die darin liegende Bitte um Verzeihung für den vermeidlichen Fauxpas: Es war gut, wie es war, Joseph hatte das goldene Kreuz verdient, im Gegensatz zu mir.
Andreas antwortete mir mit einem kaum sichtbaren Senken seines Kopfes, dann räusperte er sich und kurz darauf klang seine kräftige, dunkle Stimme über den abendlichen Rasen.
"Wie soll ich von einem Menschen Abschied nehmen, von dem ich dachte, er würde ewig leben? Wie soll ich einen Freund betrauern, von dem ich dachte, er würde in alle Ewigkeit an meiner Seite stehen? Wie soll ich erfassen, was es bedeutet, dass Joseph nicht mehr ist, dass sein Licht erloschen und seine Seele in eine unbekannte Welt hinüber gegangen ist? Ich weiß, dass ich nichts davon kann: Nicht angemessen Abschied nehmen, nicht angemessen trauern und vor allem nicht verstehen. Meine Trauer lähmt mir Seele und Kopf gleichermaßen: Ich bin stumm angesichts meines Schmerzes, meine Trauer findet keine Worte. Sie füllt mich aus, mit einer schwarzen, kalten und bitter schmeckenden Leere, und ich zerreiße mich selbst an einem Widerspruch: Wir sterben nicht, trotzdem ist Joseph tot. Wie leben ewig, trotzdem ist nun eine Lücke in unserem Kreis." Er schwieg, eine einsame Träne glitzerte sich aus seinem Auge die Wange hinab. "Wir wollen die Lücke, die Josephs Tod schlägt, als Erinnerung an sein Leben ehren und nicht danach trachten, unsere Reihen zu schließen - denn wo etwas fehlt, war etwas, wo jemand vermisst wird, da war ein Freund. Wir wollen unser Leben zum Andenken an Joseph nutzen: Leben wir, lebt auch der Gedanke an ihn, erst wenn wir ihn vergessen, ist er wahrlich tot. Wir alle wissen, dass es das ewige Leben nicht wirklich gibt - zu groß und zu zahlreich sind die Gefahren, die in der Welt dort draußen auf uns und die unseren lauern. Und verspricht man ihm ein ewiges Leben, realisiert der Mensch auch nicht, dass damit auch ewiger Schmerz, ewige Trauer und ewige Einsamkeit verbunden ist - ebenso wie ewiges Erinnern: Je länger wir leben, desto länger können wir trauern, je länger wir leben, desto länger können wir aber auch bewahren, was sonst vergessen wäre." Andreas machte eine kleine Pause, der tröstende Druck von Jacksons Arm um meine Taille verstärkte sich, Davide neben mir gab ein schnüffelndes Geräusch von sich. "Ich weiß nicht, was nach dem Tode auf uns wartet", fuhr Andreas fort, mit leiserer, plötzlich brüchiger Stimme. "Auch achthundert Jahre Existenz haben mir keine Antwort über die Frage des Lebens nach dem Tode gebracht. Erlischt unser Bewusstsein einfach? Oder lebt unser Geist auf die eine oder andere Art fort? Was von beidem es auch immer sein mag, ich bin mir gewiss, dass Joseph glücklich dort ist, wo auch immer er ist. Er starb in dem Wissen, dass er Freunde hat, deren Treue unendlich ist - und lebt sein Bewusstsein fort, dann mit dem Wissen, dass wir ihn niemals vergessen werden, dass er immer ein Teil unserer Gemeinschaft sein wird. Es mag kommen, was will: Joseph hat auf ewig seinen Platz in unserem Kreis."
Magnus Shara hat sich den Text von Andreas' Rede merken können - Respekt der Prinzessin, mein Gedächtnis reicht für so was nicht. Ich kann also leider nicht ergänzen, was genau Ciaran gesagt hat oder was Jackson, Peter, Ffion und Sven gesagt haben, auch wenn mich ihre leisen Worte am Grab sehr berührten.
Jackson sprach über Josephs Wesen, über seine Fröhlichkeit und seine Offenheit, Peter erinnerte uns daran, wie Joseph in den Orden gekommen war, Ffion erzählte zwei lustige Geschichten, die wir zusammen erlebt hatten, Sven und Ciaran hatten beide von ihren Gefühlen angesichts von Josephs Tod gesprochen.
Ich hatte die hemmungslos schluchzende Maggie im Arm und behielt Shara im Blick, die sich jedoch nach dem anfänglichen Straucheln recht gut hielt. Natürlich versuchte ich schließlich selber verzweifelt, meine Tränen zurückzuhalten - als wir nacheinander ein wenig Erde auf den Sarg warfen und wir Männer dann das Grab zuschaufelten, war ich nicht der Einzige, der sich verstohlen über die Augen wischte.
Ffion hatte Blumensträuße besorgt, die die Frauen auf den kleinen
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