Die facebook-Falle
demnächst nicht einmal mehr einen Fuß in eine Bank zu setzen. Viele Geschäftsbereiche auch öffentlicher Verwaltungen würden ins Internet verlagert, argumentiert Manske. »Der Kunde soll letztendlich die Arbeit der Datenerfassung und -verarbeitung machen. Er soll sagen, was er haben will. Er soll es sich aussuchen, möglichst ohne Beratung. Er soll bezahlen. Er soll den kompletten Vorgang abwickeln. Und das Produkt wird am Ende über ein automatisiertes Paketzentrum ausgeliefert.« Manske ist sich daher sicher, dass auch Kriminelle ihre Aktivitäten immer mehr ins Internet verlagern werden.
Zahl oder ich lösch dich!
Im Jahr 1995 war es nur Stoff für einen Cyber-Thriller im Kino: Angela Bennett, gespielt von Sandra Bullock, ist eine ziemlich vereinsamte Computerexpertin, die auf Umwegen an eine Software gerät, mit der sie sich in geheime Dokumente hacken kann. Deshalb hetzt man ihr einen Killer auf den Hals. Doch der tötet sie nicht körperlich, sondern ihre Identität. Nachdem sie dem Killer entkommen
ist, stellt sie fest, dass sie keinen Zugriff mehr auf ihr Bankkonto hat. Sogar ihren elektronischen Gesundheitsausweis hat der Identitätskiller manipuliert. Da sie immer von zu Hause aus gearbeitet hatte, kann sie sich nicht einmal bei ihrem Arbeitgeber, einer Softwarefirma, als die ausweisen, die sie ist. Niemand glaubt ihr mehr, dass sie sie ist.
BKA-Ermittler Manske zweifelt nicht daran, dass solche Szenarien die Zukunft der Kriminalität darstellen:
»Der digitalen Identität des Einzelnen wird eine zentrale Bedeutung zukommen. Die Gesellschaft hat heute Mechanismen gefunden, wie die Gesellschaft in der realen Welt einigermaßen sicher sein kann, dass Sie Sie sind. Irgendwann hat es eine Geburtsurkunde gegeben, Sie haben einen Personenausweis mit Geburtsdaten, Nummer und Passbild. Ihr Weg ist nachvollziehbar. Die Frage ist, ob solche Mechanismen in zehn oder fünfzehn Jahren auch für die digitale Identität existieren werden. Die Kriminellen-Sicht wird sein: ›Was muss ich tun, um Ihre digitale Identität vollständig zu übernehmen? Sie zu werden – im Netz‹.«
Schutzgelderpresser, die Jahrzehnte lang gut davon lebten, Pizzerien in Brand zu stecken, wenn die Besitzer nicht zahlten, würden künftig ebenfalls ins Netz ausweichen, sagt der BKA-Ermittler: »Zahl oder ich lösch dich!«
Kinderpornografie: Wo virtuelle Taten reale Seelen zerstören
Soziale Netzwerke wie Facebook bieten nicht nur mehr Möglichkeiten, Menschen um eine Menge Geld zu erleichtern. Sie werden auch von Tätern benutzt, die ihren Opfern die Würde rauben – Sexualstraftäter und Vertreiber von Kinderpornos. Gegen beide Gruppen ermitteln Polizisten heute auch im Internet. Mit der Entstehung sozialer Netzwerke öffnen sich aber auch hier neue Wege, denn mancher Täter bekommt nun plötzlich ein Gesicht. Die Täter kommunizieren in ihren Netzwerken sowohl mit potenziellen Käufern wie auch mit ihren jugendlichen Opfern. In Fällen von organisierter Kinderpornografie können die Ermittler regelmäßig auch verdeckt vorgehen: »Die Polizei nimmt Einblick in seine offene Kommunikation und gelangt durch social-engineering in eine geschlossene Gruppe. « 236 Zudem müssen die Betreiber der Plattform Verbindungs- und Kommunikationsdaten auch rückwirkend herausgeben.
Bei der Bekämpfung organisierter Menschenhändler-Ringe betreten die Ermittler allerdings heikles Gelände – denn sie werden zunächst Teil des Spiels: »Ermittler nehmen im Netzwerk direkt bzw. indirekt (über Vertrauensperson) mit längerfristigem Ziel Kontakt mit Verdächtigen des Menschenhandels auf und steuern dadurch deren Aktivitäten. Gleichzeitig werden sämtliche Aktivitäten der Verdächtigen mit anderen Teilnehmern (auch Kommunikation) durch den Betreiber beauskunftet.« 237
Komplizierter liegen die Dinge bei der Bekämpfung von
Einzeltätern. Den Polizeiexperten zufolge ist es oft nicht einfach zu erkennen, wo die Grenze zur Kriminalität überschritten wird. So gebe es Pädosexuelle, die es beim Chatten belassen, andere wiederum nutzten das Netz, um sich mit ihren späteren Opfern zu treffen: »Die Grenzen zwischen Cyber-Crime und realem Leben verschwimmen häufig.« 238
Eine Journalistin stellt Sextäter im Fernsehen bloß
Wenn die Polizei Kinderporno-Ringe zerschlägt, haben die Opfer schon einen langen Leidensweg hinter sich und die Täter hohe Summen an diesem Leiden verdient. Die Journalistin Beate Krafft-Schöning hat sich vorgenommen, die
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