Die Fackeln der Freiheit: Ein Lord-John-Roman (German Edition)
blickte auf, das Blau seiner Augen verblüffend tief. »Und wenn doch, weiß er es nicht von mir.«
»Woher zum Teufel sollte er es denn sonst wissen?«, wollte Grey wissen, und Fraser funkelte ihn an.
»Von den Dienstboten Eures Bruders, nehme ich an. Daher wusste er ja auch, dass Ihr in Irland zu tun habt und ich Euch begleiten würde.«
Grey kniff die Augen zusammen, doch es war natürlich naheliegend. Er selbst hatte Tom Byrd ja schon oft losgeschickt, um den Dienstboten anderer Leute Informationen zu entlocken.
»Wie kam es, dass er in London war?«
Fraser sah ihn scharf an, doch er antwortete.
»Er ist mir gefolgt, als mich Euer Bruder aus Helwater holen ließ. Und wenn Ihr wissen wollt, wie er nach Helwater gekommen ist, müsst Ihr ihn fragen, denn ich habe keine Ahnung.«
Grey zog die Augenbraue hoch; Fraser mochte es vielleicht nicht wissen, doch er konnte es mit Sicherheit erraten. Aber das brauchte er nicht zu vertiefen. Jetzt zumindest nicht.
Fraser stand plötzlich auf, ergriff seine Tasche und ging zu seinem Pferd, um es zu satteln. Grey folgte ihm.
Sie begaben sich erneut auf die Straße; Quinn war längst außer Sichtweite. Es war ein herrlicher Morgen; die Vögel, deren zögerliches Zwitschern die Dämmerung begrüßt hatte, waren wie verrückt geworden; sie segelten über ihren Köpfen hin und her und stoben in wilden Schwärmen von den Wiesen auf, die durch den Vogelflug geradezu in Wallung gerieten. Die Straße war breit genug, um zu zweit nebeneinanderzureiten, und sie legten etwa eine Viertelmeile zurück, bevor Grey weitersprach.
»Schwört Ihr mir, dass Quinns Vorhaben weder unsere Pläne in Bezug auf Major Siverly noch die Sicherheit Englands gefährden wird?«
Fraser warf ihm einen Seitenblick zu. »Nein«, sagte er unverblümt.
Jeder anderen Antwort hätte Grey keinen Glauben geschenkt, doch die Unverblümtheit – und die Schlussfolgerungen, die sich nach dieser Antwort aufdrängten – schockierten ihn. »Was davon?«, fragte er. »Oder beides?«
Fraser atmete kräftig durch die Nase ein, wie ein Mann, dem aber auch gar nichts erspart bleibt.
»Quinns Angelegenheiten gehen nur ihn etwas an, Oberst. Wenn er Geheimnisse hat, ist es nicht an mir, sie weiterzusagen.«
Grey lachte auf. »Gut formuliert«, sagte er. »Wollt Ihr damit andeuten, dass Ihr nichts von Quinns Plänen wisst? Oder dass Ihr wisst, was er im Schilde führt, dass Euer Ehrgefühl jedoch nicht zulässt, dass Ihr es mir erzählt?«
»Sucht es Euch aus.« Fraser presste die Lippen aufeinander und hielt den Blick starr auf die Straße gerichtet.
Ein Stück weit ritten sie schweigend weiter. Das satte Grün der Landschaft wirkte monoton und beruhigend, doch auf Greys Laune hatte es wenig Einfluss.
»Es erübrigt sich wohl, Euch darauf hinzuweisen, dass es Hochverrat ist, den Feinden des Königs zu helfen – und sei es nur durch Untätigkeit«, merkte er schließlich an.
»Es erübrigt sich wohl nicht, Euch darauf hinzuweisen, dass ich bereits wegen Hochverrats verurteilt wurde«, erwiderte Fraser gleichmütig. »Gibt es vor dem Gesetz verschiedene Abstufungen dieses Verbrechens? Ist es additiv? Denn bei meiner Verurteilung haben sie einfach nur ›Hochverrat‹ gesagt, bevor sie mir die Schlinge um den Hals legten.«
»Die Schlinge … aber Ihr wurdet doch nicht zum Galgen verurteilt, oder?« Möglich war es; es waren durchaus zahlreiche Jakobiten hingerichtet worden, doch in weitaus größerer Zahl waren sie zur Deportation oder zum Kerker verurteilt worden.
»Nein.« Frasers Gesicht war ohnehin rot von der Sonne und vom Wind. Jetzt wurde es sichtlich röter. Im ersten Moment dachte Grey, das sei alles, was er dazu sagen wolle, doch dann platzten die Worte aus ihm heraus, als könnte er sie nicht länger bei sich behalten.
»Sie haben mich – uns – von Inverness nach Ardsmuir laufen lassen. Mit Schlingen um den Hals, um zu zeigen, dass unser Leben verwirkt war und wir es nur der Großzügigkeit …«, das Wort blieb ihm buchstäblich im Hals stecken, und er schüttelte den Kopf und räusperte sich heftig, »der Großzügigkeit des Königs zu verdanken hatten.«
Unvermittelt trat er seinem Pferd in die Seite; es schnaubte und rannte ein kleines Stück vor, fiel dann aber wieder in den Trab, als weitere Impulse seines Reiters ausblieben. Dabei sah es sich neugierig nach Grey und seinem Pferd um, als wunderte es sich, wie es sein konnte, dass sie so weit zurückgefallen waren.
Grey ritt weiter wie
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