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Die Fäden des Schicksals

Die Fäden des Schicksals

Titel: Die Fäden des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Bostwick
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Brighton; dann sagte er, er hätte Hunger, und fragte mich, ob ich was dagegen hätte, wenn wir an einem Imbiss hielten. Natürlich war ich einverstanden. Er wollte mein Essen bezahlen, aber das lehnte ich ab. Ich hatte noch sechs Dollar in der Tasche.«
    »Das war klug von dir, ihn nicht auf dumme Gedanken zu bringen. Meine Mutter pflegte immer zu sagen: ›Lass dich nie zum Essen einladen‹, wenn du weißt, was ich meine.« Ich blickte Liza von der Seite an.
    »Komisch«, erwiderte Liza mit hochgezogenen Augenbrauen. »Meine Mom hat das auch immer gesagt.«
    »Siehst du, zwei Seelen, ein Gedanke.«
    »Ja. Aber dieser Blödmann hatte von der Regel wohl noch nichts gehört. Als wir wieder im Auto saßen, wollte er mir komisch kommen.«
    »Oh nein, Liza! Ist dir auch nichts passiert?« Mit einem leisen Lächeln schüttelte sie den Kopf.
    »Was hast du gemacht?«, fragte ich weiter.
    »Nicht viel. Ich habe bloß ganz langsam seine Hand von meinem Oberschenkel genommen, sie an meinen Mund gehoben und dann, so fest ich nur konnte, hineingebissen. Natürlich hat er mich mitten auf der Landstraße rausgeschmissen, sodass ich die letzten zehn Kilometer laufen musste. Aber das war mir der Spaß wert. Du hättest sein Gesicht sehen sollen.« Sie grinste jetzt von einem Ohr zum anderen. »Geschah ihm recht, dem miesen Typ.«
    Ich presste die Hand auf den Mund, um nicht laut herauszulachen. Mir war klar, dass ich ihr eigentlich eine Standpauke halten sollte, weil sie sich derart in Gefahr gebracht hatte. Doch stattdessen stellte ich mir die Szene bildlich vor: Liza im Führerhaus des Pick-ups, wie sie mit zärtlichem Griff die Hand dieses Weiberhelden hochhebt und sie mit einem verführerischen Augenaufschlag an ihre Lippen führt. Die Blicke des Widerlings huschen zwischen der Straße und Lizas vollen Lippen hin und her, er kann sein Glück kaum fassen, und dann – zack! Liza hatte recht. Für diesen Anblick wäre auch ich bereitwillig zehn Kilometer gelaufen. Ich konnte nicht an mich halten und platzte heraus, und Liza stimmte in mein Gelächter ein.
    Sie wird darüber hinwegkommen, dachte ich. Es wird nicht leicht werden, aber sie schafft es.
    Sie war genauso robust wie ihre Tante, und dafür liebte ich sie.

28
    Abigail Burgess Wynne
    Liza schaute mich kaum an, als Evelyn sie nach Hause brachte. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass ihre Augen bei meinem Anblick aufleuchten würden, doch ihre einsilbigen gemurmelten Antworten, als ich sie fragte, wie es ihr ginge und wo sie gewesen sei, und ihr sagte, wie leid mir das alles täte, waren nicht gerade ermutigend. Ich war froh, dass sie wohlbehalten zurück war, aber was hatte das alles für einen Sinn, wenn wir doch wieder in die alten Anfeindungen und Vorwürfe zurückfielen?
    Ohne mich weiter zu beachten, erklärte sie Evelyn, sie sei müde und wolle sich ein bisschen hinlegen. Dann drückte sie Evelyn kurz und stapfte die Treppe hinauf.
    Für uns alle war es eine lange Nacht gewesen. Ich brachte Margot und Evelyn zur Tür und dankte ihnen aufrichtig für alles, was sie für mich getan hatten.
    Wenn sie nicht gewesen wären … Ich mochte gar nicht daran denken, wie böse es ohne ihre Hilfe hätte ausgehen können. Natürlich war es noch nicht vorbei. Liza war zwar wieder zu Hause, doch die Probleme zwischen uns bestanden weiter.
    »Auf Wiedersehen!« Ich stand an der Tür und winkte Margot nach, als sie in ihr kleines Auto stieg und davonfuhr. »Und nochmals vielen Dank!«
    Evelyn stand noch in der Eingangshalle und zog ihre Mütze und die Handschuhe an. »Tschüss, Abigail. Und schau nicht so bekümmert drein. Es wird schon alles wieder gut.«
    »Woher willst du das wissen?«, fragte ich. »Hast du ihren Blick gesehen, als sie hereinkam? Sie hasst mich.«
    »Lass ihr ein wenig Zeit, Abigail. Sie ist müde und durchgefroren.«
    Das stimmte, doch mir war aufgefallen, dass Evelyn mir nicht widersprochen hatte. »Es hat keinen Zweck«, fuhr ich fort. »Das Mädchen hasst mich eben. Ich brauche gar nicht zu versuchen, mich mit ihr zu versöhnen. Sie wird mir niemals verzeihen, das weiß ich. Sie ist eine Burgess, und die sind Spezialisten darin, nachtragend zu sein.«
    »Ja, das habe ich auch schon bemerkt.« Evelyn gähnte. »Beruhige dich, Abigail. Liza ist erschöpft. Sie braucht ein bisschen Ruhe, und du auch. Leg dich eine Weile hin, und später, nach einem Schläfchen, habt ihr beide wieder einen klaren Kopf. Dann kannst du mit ihr reden.«
    Ich bekam einen Schreck.

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